Das Kreisjugendamt des Oberbergischen Kreises informiert über seinen Umgang mit Kindeswohlgefährdungen und gibt Einblick in seine Arbeitsweise
Oberbergischer Kreis. Von Nachbarn, vom Kinderarzt, von Lehrern, von der Polizei und von Spielgefährten – Hinweise darauf, dass in einer Familie etwas nicht stimmt, gibt es von vielen Seiten. Die „SOS-Antennen“ des Kreisjugendamtes sind dabei immer auf Empfang. Insgesamt 442 Mal ist das Jugendamt des Oberbergischen Kreises im vergangenen Jahr solchen Hinweisen nachgegangen. „Hinsehen, handeln und helfen“ ist das Motto.
61 Mal haben die Experten des Kreisjugendamtes im vergangenen Jahr akute Fälle von Kindeswohlgefährdungen aufgedeckt. Hierbei handelt es sich um psychische und körperliche Misshandlungen bis hin zu sexueller Gewalt. Immer wieder sind auch besonders junge Kinder betroffen: In rund 7 Prozent aller gemeldeten Fälle, bei denen der Verdacht einer Gefährdung vorlag, waren die Kinder jünger als drei Jahre.
„Im Ernstfall bilden Experten ein Team, sammeln alle wichtigen Fakten und überlegen: Wie brenzlig ist die Situation? Was ist zu tun, damit Kinder und Eltern nicht überfordert werden? Wichtig dabei ist, dass viele Augen auf die Situation in einer Familie schauen und diese möglichst gut verstehen“, sagt Annemarie Jacob-Ogbukadike vom Kreisjugendamt. Sie leitet dort die Abteilung für sozialpädagogische Aufgaben.
Es komme darauf an, sich ein umfassendes und differenziertes Bild von der Situation zu machen. Was dann genau unternommen werde, hänge vom Urteil der Fachleute ab. In jedem Fall gehe das Jugendamt allen Hinweisen nach und baue einen direkten Draht zur Familie auf. „Wir müssen uns die Lage ganz konkret vor Ort ansehen“, sagt Annemarie Jacob-Ogbukadike.
Bei akuter Gefahr greife das Jugendamt schnellstmöglich ein, denn alle Räder müssten dann schnell ineinander greifen. Für jede Familie werde eine individuelle Lösung gesucht. „Manchmal reicht den Eltern schon eine Familien-Hilfe, die ihnen zeigt, wie sie sich besser um ihr Kind kümmern können: Frühstück machen, aufräumen, in die Schule bringen, emotionale Zuwendung, Kinder im Alltag unterstützen“, sagt Annemarie Jacob-Ogbukadike.
Bei schweren Fällen – die selten vorkommen – zieht das Kreisjugendamt auch die Notbremse, holt das Kind wenigstens vorübergehend aus der Familie heraus und vermittelt in eine Jugendeinrichtung oder in eine ausgewählte Pflegefamilie. „So etwas ist nie leicht und das absolut letzte Mittel“, sagt Annemarie Jacob-Ogbukadike und spricht von einem „Balance-Akt“, denn es erfordere immer eine Abwägung zwischen dem Wohl des Kindes und dem Recht der Eltern auf Erziehung.
Das Kreisjugendamt prüft alle Fälle sehr sorgfältig, um bestmöglich zu helfen, sagt Heinz Thelen, der Leiter des Kreisjugendamtes. Wenn sich Eltern gegen jede Hilfe sperren, greift das Familiengericht ein. Es wird „als letzte Instanz“ vom Kreisjugendamt eingeschaltet. Damit es erst gar nicht so weit kommt, setzt das Jugendamt des Oberbergischen Kreises aber von vornherein auf Prävention: „Persönliche Beratungsgespräche und Trainings-Einheiten sollen Eltern dabei unterstützen, gut für ihre Kinder zu sorgen – damit solche Situationen erst gar nicht entstehen“, sagt Heinz Thelen.