Oberberg – „Besorg dir ein Fahrrad. Wenn du lebst, wirst du es nicht bereuen.“ (Mark Twain)
„Nichts ist vergleichbar mit der einfachen Freude, Rad zu fahren.“ (John F. Kennedy)
Fahrrad fahren boomt. Immer mehr Menschen entdecken für sich das Fahrrad als Fortbewegungsmittel. 2019 war es vor allem die Klimadebatte, die diesen Trend beflügelte, in diesem Jahr ist es Corona. Die Fitnessstudios waren wochenlang geschlossen und viele hatten Angst vor einer Ansteckung in Bussen oder Bahnen. Vieles war verboten, aber das Radfahren nicht. Daher fuhren viele mit dem Rad zur Arbeit oder strampelten in ihrer Freizeit.
In der Tat spricht vieles fürs Radeln. Als Alternative zum Auto ist es umweltfreundlich, kostet weniger Geld und erspart die Parkplatzsuche. Und es macht Spaß, am Stau vorbeizuradeln. „Bei keiner anderen Erfindung ist das Nützliche mit dem Angenehmen so innig verbunden, wie beim Fahrrad.“ (Adam Opel)
Radfahren ist gut für die Gesundheit, nicht nur in Corona-Zeiten. Es stärkt den Kreislauf, die Lungenfunktion und das Immunsystem. Nebenbei verbrennt man auch noch einige Kalorien. Studien haben nachgewiesen, dass regelmäßiger Ausdauersport (also auch Radfahren) die Gehirnleistung steigert. Außerdem bekommt man auch den Kopf frei von Alltagssorgen und Stress und hat plötzlich gute Ideen. „Mir ist es eingefallen, während ich Fahrrad fuhr“ soll schon Albert Einstein über die Relativitätstheorie gesagt haben. Radfahren macht also schön, schlank und schlau.
Während des Lockdown waren wesentlich weniger Autos auf den Straßen unterwegs als sonst, dafür aber mehr Fußgänger und Radfahrer. In zahlreichen Städten, zum Beispiel Berlin, New York und Barcelona , entstanden „Pop-up-bikelines“: Fahrspuren wurden für Autos gesperrt und für Fahrräder frei gegeben. Fahrrad-Lobbyisten und Umweltschützer fordern schon lange, den Verkehrsraum neu aufzuteilen. Es soll nicht nur Platz für Autos geben, sondern auch für Radfahrer und Fußgänger. In der Verkehrswende sollte nicht nur über Alternativen zum Verbrennungsmotor nachgedacht werden, sondern auch über Alternativen zum Auto. Manche Politiker fordern jetzt nach Corona statt einer Autoprämie eine Mobilitätsprämie, die auch für Bahn-Abo oder die Anschaffung eines Fahrrads genutzt werden kann. In Arnheim (NL) sah ich vor Jahren schon sehr teure Schotterparkplätze für Autos – und kostenlose, bewachte Fahrradparkplätze. Dazu ein gut ausgebautes und ausgeschildertes Netz an Fahrradwegen mit eigenen Ampeln. So schafft man Anreize, mit dem Rad anstatt mit dem Auto zu fahren ohne gleich etwas zu verbieten.
Im hügeligen Oberberg hat das Radeln noch ganz andere Herausforderungen. „Keine Gnade für die Wade“ heißt es bei den vielen Steigungen. Oder, positiver formuliert:„Beim Radfahren lernt man ein Land am besten kennen, weil man dessen Hügel empor schwitzt und sie dann wieder hinunter saust.“ (Ernest Hemingway) Doch ein E-Bike nimmt auch vielen Steigungen den Schrecken.
Auch im Tourismus spielt das Fahrrad eine immer größere Rolle. Es gibt zahlreiche Radwanderwege, oft entlang von Flüssen oder auf ehemaligen Bahntrassen. Dort entstehen „bed&bike“- Unterkünfte, es werden geführte Touren oder ein Gepäcktransfer zwischen den einzelnen Etappen angeboten.
Und dann ist da noch der wichtige Aspekt Sport und Wettkampf. Da denkt man sofort an Rennräder und die Tour de France. Aber es gibt auch Mountainbike Wettkämpfe oder Triathlon. Oder Leute, die sich zu gemeinsamen Ausfahrten verabreden und einfach so um die Wette radeln.
Wer mit dem alten Drahtesel nicht mehr zufrieden ist und sich ein neues Rad kaufen möchte, steht vor der Qual der Wahl: Schier unendlich viele Fahrräder gibt es. Rennrad, Mountainbike, Lastenrad, Trekkingbike, Cityrad, Liegerad usw. – und fast alle auch als E-Bike. Noch unendlicher ist das Angebot drumherum, von Kleidung, Helmen, Schlössern, Zeitschriften, Apps über Anhänger, Körbe, Koffer, Taschen und Täschchen zu Schnickschnack und Deko. Es gibt noch kleine Fahrradgeschäfte, aber auch immer mehr Fahrrad-Supermärkte und natürlich online Händler. In Fahrradstädten wie Münster gibt es Geschäfte, die z.B. nur Fahrradklingeln und Deko verkaufen.
Je mehr man sich umsieht, umso mehr stellt man fest: Es gibt kein schlechtes Wetter zum Radeln, sondern nur schlechte Kleidung. Und es gibt eigentlich nichts, was man nicht mit dem Fahrrad transportieren könnte, von Kindern und Hunden über Wocheneinkäufen bis zum Urlaubsgepäck.
Und wann steigst du aufs Rad?
Autorin: Gunild Schüttler