Bergneustadt – Durch eine Immobilienanzeige im Internet wurde die Redaktion darauf aufmerksam, dass das Gelände der Brückenstraße 1A, auf dem sich derzeit der Hagebaumarkt befindet, zu vermieten sei. Aus Interviews im Kommunalwahlkampf ist bereits bekannt, dass der Moscheeverein in Bergneustadt Interesse an dem Grundstück geäußert hatte. Um den aktuellen Stand rund um den Standort Brückenstraße 1A zu erschließen, wurden daher Gespräche mit Bürgermeister Matthias Thul, Fetin Karaca, Vorsitzender des Moscheevereins, und Christoph Dahmen-Herburger, Geschäftsführender Gesellschafter bei hagebaumärkte quintus GmbH & Co. KG, geführt.
Herr Dahmen-Herburger erklärte die Immobilienanzeige damit, dass ein Umzug des Betriebs in die Othestraße erwogen wird. Das ehemalige Extra-Markt-Gelände, das bereits seit Jahren brach liegt, befindet sich näher am Stadtzentrum. Hagebau-Vertreter haben das Gebäude bereits besichtigt und geprüft. Ein Standortwechsel kommt für den Hagebaumarkt allerdings nur dann infrage, wenn das Altgelände in der Brückenstraße 1A verkauft oder vermietet werden kann. Dieses Gelände ist mit seinen insgesamt ca. 14.000 Quadratmetern Fläche dann die größte freie Gewerbefläche in Bergneustadt.
Der Moscheeverein hat nach Angaben von Fetin Karaca tatsächlich Interesse an der Brückenstraße 1A. Der bisherige Standort der Moschee in der Wiesenstraße 24 soll bereits seit vielen Jahren verlegt werden, da er inmitten eines Industriegebiets liegt.
Problematik: Moschee in der Wiesenstraße
Seit Entstehung des Industriegebiets rund um die Moschee in der Wiesenstraße besitzt diese dort eine Art “Sonderduldung”. Das bedeutet jedoch, dass für eine mögliche Erweiterung der Moschee eine Zustimmung des Stadtrates benötigt wird. Die Schwierigkeiten liegen laut Bürgermeister Matthias Thul darin, dass im Fall eines offiziellen Umbaus die Industriebetriebe rund um die Moschee dazu verpflichtet werden müssten einen Schallschutz anzubringen, damit die muslimische Gemeinde nicht gestört werden würde. Ein zusätzliches Problem stellt die Verkehrssituation dar: Für größere Veranstaltungen ist beispielsweise die Parkplatzsituation in der Wiesenstraße problematisch.
Fetin Karaca sieht den Umzug der Moschee als dringend notwendig. Er beobachtet eine Polarisierung und Radikalisierung der Gesellschaft und vertritt die Ansicht, dass vielen Ängsten entgegengewirkt werden könnte, indem man Türen und Tore füreinander öffnet. Durch einen anderen Standort möchte er die Möglichkeit für mehr sozialen Austausch schaffen, da auch mehr Veranstaltungen stattfinden könnten. “Wir sind eine multikulturelle Gesellschaft”, betonte Herr Karaca. Durch Gespräche und allgemein zugängliche Veranstaltungen könne die Gesellschaft zusammenwachsen, statt eine Parallelgesellschaft zu bilden.
Die Brückenstraße 1A bezeichneten Herr Karaca und Herr Dahmen-Herburger unabhängig voneinander als idealen Standort für die muslimische Gemeinde, im Stadtzentrum und doch nicht im Stadtzentrum. Außerdem lobten beide das außergewöhnliche Engagement in der Stadtverwaltung, wobei Herr Dahmen-Herburger besonders die Arbeit des ehemaligen Bürgermeisters Wilfried Holberg und Herr Karaca die des aktuellen Bürgermeisters Matthias Thul hervorhob.
Was plant Hagebau Quintus mit der Brückenstraße 1A?
Im Gespräch mit Herrn Dahmen-Herburger ergab sich, dass das Unternehmen offen für viele Kauf- oder Mietoptionen ist. Für ihn kommt der Moscheeverein ebenso infrage wie andere Käufer oder Mieter. Über die bisherige Dauer der Verhandlungen zwischen Geschäftsführung, Stadtverwaltung und Verein wurde von keinem Beteiligten eine genauere Aussage getroffen, es liegt jedoch nahe, dass sie bereits seit mehreren Monaten bestehen. Inzwischen gibt es wohl auch weitere Interessenten für das Gelände, über die jedoch noch keine Angaben gemacht werden konnten.
Erst wenn eine Sicherheit besteht, was aus der Brückenstraße 1A wird, sollen Verhandlungen über das Gelände in der Othestraße beginnen. Grundsätzlich soll am Standort Bergneustadt nach Angaben der Geschäftsführung ein Hagebaumarkt erhalten bleiben.
Die Bedeutung des Sachverhalts für die Stadt Bergneustadt
Die Stadt Bergneustadt, genauer gesagt der Stadtrat, hat die Möglichkeit Einfluss auf die aktuelle Situation zu nehmen, weil der Bebauungsplan für die Brückenstraße 1A mit großer Wahrscheinlichkeit geändert werden muss – unabhängig davon, ob das Gelände an den Moscheeverein oder an ein Unternehmen verkauft werden soll. Daher werden auch im Rat verschiedene Punkte abgewogen:
Die Stadt hat sowohl Interesse an weiteren Gewerbesteuern und Arbeitsplätzen durch ein weiteres Unternehmen in der Stadt, als auch daran das seit Jahren bestehende Streitthema rund um den Neubau einer Moschee zu beenden. Die Nutzung des Geländes in der Othestraße wäre daher gern gesehen, der aktuelle “Schandfleck” in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum genießt wenig Beliebtheit. Bei der neuen Nutzung der Brückenstraße 1A gehen die Meinungen jedoch auseinander: Gewerbeflächen in dieser Größe sind in Bergneustadt nicht häufig und könnten größere Gewerbetreibende in die Stadt ziehen. Die höheren Einnahmen würden dann zu einem Abbau der Schulden beitragen und es so – beispielsweise – ermöglichen die hohe Grundsteuer B zu senken. Doch durch den Umzug der Moschee würde auch in der Wiesenstraße eine Gewerbefläche frei werden, die jedoch kleiner ausfallen würde als in der Brückenstraße 1A. Die Meinungen darüber, wie attraktiv dieser Standort für Gewerbetreibende wäre, gehen bisher auseinander.
Fazit des aktuellen Standes ist, dass alle Möglichkeiten für den Standort Brückenstraße 1A noch offen stehen. Ein Faktor weist jedoch darauf hin, dass schon bald Entscheidungen getroffen werden müssen: Nach Angaben des Bürgermeisters müsste der Hagebaumarkt am aktuellen Standort einige Investitionen tätigen, um die Brandschutzanlagen zu erneuern. Diese Angabe stimmt mit der des Geschäftsführers überein, dass Renovierungen derzeit zurückgestellt werden, bis die Lage geklärt wird.
Nach aktuellem Kenntnisstand der Redaktion wird die Thematik “Brückenstraße 1A” derzeit im Stadtrat diskutiert, Bürgermeister Matthias Thul befindet sich jedoch auch im Gespräch mit dem Moscheeverein, um den Ratsmitgliedern nähere Informationen über das mögliche Bauvorhaben zur Verfügung stellen zu können, sodass diese eine fundierte Entscheidung treffen können.
Autorin: Amei Schüttler