Oberberg – Für die kommende Bundestagswahl haben die Oberberg-Nachrichten.de wieder einige Interviews mit den in Oberberg zur Verfügung stehenden Kandidaten geführt. Allen neun Kandidaten wurde zur gleichen Zeit die gleichen Konditionen gesendet und innerhalb des Interviews Fragen nach dem gleichen Fragebogen gestellt (hier nachzulesen).
Die am 26. September zur Wahl stehenden Direktkandidaten sind:
- Dr. Carsten Brodesser, CDU (hier geht es zum Interview)
- Michaela Engelmeier, SPD (stand leider nicht für ein Interview zur Verfügung)
- Jörg von Polheim, FDP (hier geht es zum Interview)
- Bernd Rummler, AfD (hier geht es zum Interview)
- Sabine Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (stand leider nicht für ein Interview zur Verfügung)
- Diyar Agu, DIE LINKE (stand leider nicht für ein Interview zur Verfügung)
- Philipp Ernst Wüster, DIE PARTEI (stand leider nicht für ein Interview zur Verfügung)
- Christian Abstoß, Freie Wähler (hier geht es zum Interview)
- Markos Pavlidis, DieBasis
Das zweite Interview führten wir am 11. August mit Markos Pavlidis. Da die Interviews zum Teil etwas länger geraten sind, orientieren Sie sich gerne an unserem Inhaltsverzeichnis:
Inhaltsverzeichnis
- Kurzvorstellung
- Persönliche politische Schwerpunkte
- Kanzler-Kandidaten/-Kandidatinnen
- Bundeswehreinsätze
- Nebeneinkünfte
- Spaltung der Gesellschaft
- Wirtschafts-/Finanzpolitik
- Umweltpolitik
- Umwelt-/Verkehrspolitik
- Coronapolitik
- Corona und Wirtschaft
- Flüchtlingspolitik
- Ergänzung
(1) Kurzvorstellung
Würden Sie sich zunächst einmal kurz vorstellen? (Name, Alter, Beruf und polit. Zugehörigkeit und Erfahrungen)
“Mein Name ist Markos Pavlidis. Ich bin 55 Jahre alt, verheiratet, mit zwei erwachsenen Söhnen. Ich bin Lehrer am Berufskolleg in Dieringhausen für Englisch, Wirtschaftslehre und Politik. Da kommt schon die politische Vorerfahrung ins Spiel. Tatsächlich bin ich politisch außer in leichter Gewerkschaftsarbeit und in meiner Arbeit als Lehrerrat und als Mitglied der Schwerbehindertenvertretung in der Bezirksregierung Köln, wenn man das politisch nennen kann – ist schon Mitbestimmung, bin ich nie in einer Partei tätig gewesen, weil ich nie so richtig wusste, wo ich mich einordnen kann.
Ich muss zugeben, dass ich sehr oft mit den Grünen sympathisiert habe, auch in meiner Jugend. In meiner Jugend bin ich politisiert worden durch die NATO-Doppelbeschlüsse. Ich weiß nicht, ob Ihnen das was sagt, aber das war damals ein sehr kontroverses Thema und da habe ich auch demonstriert und dann kam das ganze mit dem Umweltschutz auf und so weiter. Das waren so meine ersten Erfahrungen. Und während des Studiums mit Streiks gegen die Studiengebühren. Die wurden dann ja eingeführt und wieder abgeschafft. Das war mein politischer Werdegang.
Ich finde es total interessant in die Partei reingekommen zu sein und zufällig auch Kandidat zu sein, weil ich so viele Sachen lerne, die ich als Politiklehrer eigentlich schon mal vor 40 Jahren hätte lernen können oder vor 30 Jahren hätte lernen können, die man aus einem Buch überhaupt nicht erfahren kann. Von daher finde ich es gerade eine sehr interessante Zeit.”
(2) Persönliche politische Schwerpunkte
Wo sehen Sie Ihre persönlichen politischen Schwerpunkte? (Kurz und knapp)
“Jetzt in diesem Wahlkampf ist tatsächlich mein persönlicher Schwerpunkt, genau wie der Schwerpunkt der Partei DieBasis, dass wir diese Corona-Maßnahmen so schnell wie möglich beenden, dass wir eine Impfpflicht verhindern – Wenn ich die Nachricht von gestern [bezieht sich auf: 10.08.2021] habe, sind wir da schon fast zu spät, beziehungsweise wird das jetzt noch interessant in den nächsten Wochen. Das sind die ganz kurzfristigen Ziele.
Die langfristigen Ziele sind auf jeden Fall mehr Basisdemokratie, mehr direkte Demokratie in unser System reinzubringen. Das ist der Hauptgrund, warum ich auch in die Partei reingegangen bin: Nicht, um nach hinten zu gucken: Was ist schief gelaufen bei den Corona-Maßnahmen? Sondern aus den Sachen, die eben in den letzten anderthalb Jahren schief gelaufen sind, zu gucken: Was kann man in Zukunft besser machen? Und da glaube ich, dass direkte Demokratie ein ganz, ganz wichtiger Schlüssel ist.”
(3) Kanzler-Kandidaten/-Kandidatinnen
Welchen Kanzler-Kandidaten/-Kandidatin würden Sie bevorzugen und warum?
“Das ist eine schwierige Frage. Eigentlich am liebsten Markos Pavlidis. Also, die Kanzler-Kandidaten, die im Moment da vorgestellt werden, mit denen kann ich mich allen nicht identifizieren oder anfreunden, ehrlich gesagt. Und da gibt es keinen, der mir lieber ist. Ich würde mich über alle drei nicht ärgern, aber ich würde alle drei akzeptieren.
Ich muss sagen: Obwohl ich der CDU eigentlich am weitesten entfernt bin, fand ich manche Sachen, wie Herr Laschet am Anfang der Corona-Krise mit den Maßnahmen besonnen umgegangen ist auch im Gegensatz zum Söder, fand ich nicht schlecht. Ich weiß aber nicht, inwieweit er dem Druck der Partei und Hardlinern standhalten wird. Von daher muss ich sagen über alle drei: Es gibt da keinen Lieblingskandidaten, ehrlich gesagt.”
Wie sähe der ideale Kanzlerkandidat/die ideale Kanzlerkandidatin für Sie aus? (Ggf. warum steht der / die Betreffende Ihrer Ansicht nach nicht zur Wahl?)
“Natürlich sind meine Chancen irgendwie in den Bundestag zu kommen relativ gering, das sehe ich schon ein. Aber wir haben zum Beispiel auf der Landesliste NRW auf Platz vier den Professor Martin Schwab aus Bielefeld. Das ist ein Jura-Professor, der unglaublich belesen ist, unglaublich charismatisch ist und persönlich unglaublich nett ist. Er kommt mit dem Fahrrad vorgefahren, er ist sportlich und persönlich ganz, ganz nah greifbar.
Ich bin ganz begeistert von der Person. Also das wäre mein Lieblings-Bundeskanzler. Landesliste Platz vier von der Basis. Wenn wir irgendwie über die fünf Prozent kommen, was wir natürlich auf jeden Fall hoffen, ist der Mensch im Bundestag und dann ist er auch wählbar. Martin Schwab.”
(4) Bundeswehreinsätze
“Bundeswehreinsätze bin ich so pazifistisch, wie die Grünen mal waren und sehe fast alle Bundeswehreinsätze sehr kritisch – und würde sie am liebsten beenden, muss ich ganz klar sagen.”
Bundeswehreinsätze werden sowohl im Inneren als auch Außen von vielen scharf kritisiert. In welchen Situationen halten Sie zunächst einmal Außeneinsätze für gerechtfertigt?
“Da fällt mir keiner ein. Ganz vielleicht, wenn irgendwo eine humanitäre Katastrophe passiert – ein Flüchtlingslager in der Türkei ist von Feuer eingeschlossen oder so, da würde ich sofort sagen: Die Bundeswehr soll Hubschrauber und Flugzeuge hinschicken und Leute evakuieren oder ähnliche Sachen.
Wenn ich mir den Afghanistan-Einsatz angucke, der unglaubliche Mengen an Geld verschlungen hat – und ich habe meinen Schülern zum Beispiel erklärt, in den letzten Jahren hat die Bundeswehr ein Gebiet, so groß wie der Berg, auf dem das Berufskolleg Dieringhausen ist, verteidigt, größer war das nicht mehr, über Jahre für Millionensummen. Und das ist nicht zu rechtfertigen. Es bringt nichts, es schafft auch keinen Frieden langfristig und von daher bin ich wirklich eindeutig dagegen. Wenn es keine humanitären Einsätze sind.”
In welchen Situationen ist ein Außeneinsatz der Bundeswehr für Sie nicht gerechtfertigt? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Ich bin damit aufgewachsen in meiner ganzen Jugend, in meiner ganzen Zeit, wo ich mit Politik die ersten Kontakte hatte, dass die Bundeswehr dafür zuständig war Deutschland zu verteidigen. Bis 1990 gab es da keine andere Option. Und ich weiß nicht, warum man da etwas ändern sollte. Und nur weil die NATO einen dazu zwingt, da muss man sagen: Wir machen da nicht mit. Bundeskanzler Schröder hat 2004 sogar eine Wahl mit der Aussage gewonnen >Wir machen da nicht mit<, die Möglichkeit gibt es immer zu sagen: Wir haben zwar eine Armee, aber wir wollen nicht in den Auslandseinsätzen mitmachen.
Und wo die Grünen jetzt gelandet sind mit Fotos vom Vorsitzenden mit Kampfhelm in der Ukraine, da habe ich das Gefühl, dass wenn das Gründungsmitglieder der Grünen sehen, dann fangen die im Grab an zu rotieren, sag ich mal. Also das geht überhaupt nicht meiner Meinung nach.”
In welchen Situationen halten Sie Inneneinsätze für gerechtfertigt?
“Überhaupt nicht. Außer wie gesagt – Katastrophe, humanitäre Hilfe, Ahrweiler, wunderbar. Dafür ist die Bundeswehr da. Gegen die eigenen Menschen – kann ich überhaupt nicht entdecken. Kann ich mir keine Situation vorstellen. Wenn ich jetzt darüber nachdenke – wenn die Bundesregierung die Teilung der Gesellschaft weiter so vorantreibt wie sie das in den letzten Monaten gemacht hat – und das ist eine ganz, ganz bedenkliche Sache, die von sehr vielen Menschen kritisiert wird – dann kann es natürlich irgendwann dazu kommen, dass Menschen auf eine Art und Weise protestieren, wo die Polizei damit nicht mehr klar kommt.
Erste Anzeichen vom 01.08. in Berlin war ja eine Demonstration, wo die Polizei komplett überfordert war, wo ich überhaupt nicht die Polizei in der Kritik sehe, sondern wo die Politiker und die Polizei-Verantwortlichen die Polizei da rein geschickt haben, absolut nicht richtig gehandelt haben. Und was daraus entstanden ist, diskutiert man seitdem. Und man muss einfach sehen, wenn zehntausende Leute auf die Straße gehen und ihr Recht wahrnehmen zu demonstrieren, dann muss der Staat irgendwann sagen: Wir begleiten das, wir gucken, dass der Verkehr nicht beeinflusst wird und sonst lassen wir sie laufen.
Diese Demonstration nur, weil sie vom Versammlungsrecht her verboten werden, zu zerstören mit Polizeigewalt, dass das Gewalt aufruft ist klar. Und das ist ne Sache, wenn man das immer weiter treibt, wird irgendwann die Bundeswehr notwendig sein, aber das ist nicht eine Sache, die ich für wünschenswert halte.”
Wie würden Sie einem Machtmissbrauch (auch von künftigen politischen Regierungen) vorbeugen, daher welche Einschränkungen würden Sie einem Einsatz im Inneren auferlegen?
“Das ist eine super Frage. Das ist ja die Frage, die die Basis die ganze Zeit bewegt. Die Basis möchte jedem Bundestagsabgeordneten mit auf den Weg geben, dass bei wichtigen Entscheidungen die Basis gefragt wird. Das heißt praktisch: Wenn ich nach Berlin geschickt werde und ich habe eine wichtige Entscheidung zu treffen, dann müsste ich mein Wahlvolk, die Leute, die mich gewählt haben, also nicht nur die Parteimitglieder, sondern alle, die mich gewählt haben, auffordern über elektronische Art und Weise – da gibt es ganz viele verschiedene, tolle Mittel, deshalb hätte es diese Partei so auch vor zehn Jahren noch nicht geben können – Was meint ihr, wie soll ich abstimmen? Und aufgrund dieser Empfehlung stimme ich dann ab.
Was ist der Vorteil davon? Wenn mich ein Lobbyist in Berlin ansprechen würde, müsste ich sagen: Sie können mir viel erzählen, Sie können mir viel bieten, aber was ich letzten endes entscheide, entscheidet die Basis. Und ich glaube, dass nur durch so einen basisdemokratischen Ansatz der Lobbyismus eingeschränkt werden kann und auch diese Ansagen von oben eingeschränkt werden können. Ich glaube, dass ganz viele Bundestagsabgeordnete diesem Fraktionszwang extrem stark unterliegen. Und das ist letzten endes Machtmissbrauch.
Was gestern gelaufen ist, ist meiner Meinung nach schon Machtmissbrauch, dass die Ministerpräsidentenkonferenz, dass die Kanzlerin Sachen durchentscheidet und voraussetzt, dass der Bundestag das alles abnickt. Das ist keine Demokratie mehr. Und das kann man nur kontrollieren, indem man die Anbindung der Abgeordneten an die Wähler stärker macht. Weil dass sie ihrem Gewissen verpflichtet sind, das scheint im Moment nicht zu reichen.”
(5) Nebeneinkünfte
Sehen Sie eine Notwendigkeit stärker gegen Nebeneinkünfte von Abgeordneten vorzugehen?
“Ja, auf jeden Fall. Ich verstehe die Diskussion gar nicht. Warum müssen Abgeordnete überhaupt Nebeneinkünfte haben? Wenn ich einem normalen Menschen erzähle auf der Straße: Da kriegt jemand 10.000 Euro, kriegt ein Büro gestellt mit vier Mitarbeitern, die Fahrten in den Wahlkreis und die Fahrten mit der Fahrbereitschaft in Berlin, dann fragen die sich: Ich will das Leben haben. Und warum muss da jemand noch Nebeneinkünfte haben?
Mir ist schon klar, dass es verschiedenste Leute gibt, die bevor sie Bundestagsabgeordnete werden tatsächlich mehr als diese 10.000 Euro verdienen und sagen: >Oh, wie soll ich jetzt die nächsten vier Jahre überstehen mit nur 10.000 Euro?<, aber wenn es Nebeneinkünfte gibt, dann würde ich sagen müssen die ab dem ersten Euro veröffentlicht werden und transparent sein.
Wenn es manche Sachen gibt, die man gerne macht und die man aus Tradition macht – meinetwegen, man ist Aufsichtsrat bei irgendeiner Bank, wo man vorher schon beschäftigt war und kriegt da 4.000 Euro Aufwandsentschädigung im Jahr und veröffentlicht das – kein Problem. Aber wenn es Nebeneinkünfte gibt, dann auf jeden Fall veröffentlichen.”
Wie sollte man stärker gegen Nebeneinkünfte von Abgeordneten vorgehen?
“Wenn ich an den Herrn Amthor denke: Das ist keine richtige Vorgehensweise. Wenn Nebeneinkünfte entdeckt werden und dann sagt man einmal: Du, du, du! Und dann geht alles weiter – Das ist nicht die richtige Vorgehensweise. Also die Strafe muss schon sein, unter Umständen bei kleinsten Vergehen, dass das Bundestagsmandat entzogen wird – Ende. Eine andere Strafe kann es nicht geben.
Es kann nicht sein, dass gesagt wird: >Ich entschuldige mich< oder >Ich habe vergessen das irgendwo einzutragen<. Was sagt das Finanzamt zu mir, wenn ich 25.000 Euro nicht angebe und ich sag anschließend >Entschuldigung, das habe ich vergessen einzutragen<? Die drehen mich durch den Wolf! Ich bin unter Umständen vorbestraft! Und ein Bundestagsabgeordneter macht das und stellt sich dann vor die Kamera und sagt >Oh, ich habe etwas vergessen einzutragen, tut mir leid< – Das reicht nicht.
Ich glaube, das muss ganz stark bestraft werden und das muss ein Bundestagsabgeordneter eben auch wissen. Also ich werde keine Nebeneinkünfte haben, wenn ich Bundestagsabgeordneter werden sollte. Ich kann das leicht sagen, weil das tatsächlich nicht so wahrscheinlich ist, aber man kann mich daran messen.”
(6) Spaltung der Gesellschaft
In den letzten Jahren wurde häufig von einer “Spaltung der Gesellschaft” gesprochen.
Sehen Sie eine zunehmende Spaltung in der Gesellschaft?
“Ich sehe verschiedene Spaltungen in der Gesellschaft. Ganz aktuell ist die Spaltung in Geimpfte und Nicht-Geimpfte. Ich habe einen fantastischen Artikel gelesen in der Berliner Zeitung vor ein paar Tagen von einem Internisten aus dem Sauerland, der seit 20 Jahren in Schweden arbeitet und der sagt, dass auch die schwedische Umgangsweise mit dem Virus, mit dem Corona-Problem – diese lockeren, nachdenklichen, auf Selbstständigkeit aufbauenden Maßnahmen, die sie in Schweden hatten – dazu geführt hat, dass es dort auch keine Spaltung gibt. Die Leute reden miteinander, die treffen sich, die unterhalten sich, die haben auch verschiedene Meinungen, aber es sind nicht diese Spaltungen.
Im Moment sehe ich eine Spaltung, und die erlebe ich auch, zwischen Freunden, zwischen Familien. Ich weiß von einer Familie, wo die Eltern mit ihren geimpften erwachsenen Kindern nicht mehr kommunizieren können, weil die Kinder die Kommunikation abgebrochen haben, weil die Eltern sich nicht impfen lassen wollen. Diese Spaltung wird im Moment von der Regierung ganz massiv vorangetrieben und das finde ich extrem bedenklich. Und das muss enden, das muss aufhören.
Beim gleichen Thema – ich sage: Das Wort >alternativlos< kommt von der Kanzlerin, ist ein Wort, das spaltet. Wenn ich sage >Das, was ich mache, ist alternativlos<, dann sind alle anderen Sachen falsch. Und man muss sagen: >Ich habe einen Vorschlag und den Vorschlag finde ich meiner Meinung nach im jetzigen Moment ziemlich gut. Und deswegen würde ich das machen. Aber wenn mir jemand anderes irgendwann etwas besseres beweist, dann machen wir etwas anderes<. So muss eine Diskussion untereinander sein. Und ich finde es sehr, sehr schade, was im Moment passiert, wie ich mitkriege, dass Leute, Freunde, Familienmitglieder, den Kontakt abbrechen untereinander durch dieses Thema.
Vorher gab es das Thema mit den Zugewanderten, mit den Flüchtlingen, wo so drüber diskutiert wurde. Ein anderes Thema ist das Thema Rente, Armut, Hartz 4, das führt auch oft zu einer Spaltung. Und jetzt fragen Sie bestimmt, was würde ich gegen so eine Spaltung machen?”
Erstmal: Wo sehen Sie die Gründe für eine solche Spaltung?
“Die Gründe, ich bin ja Politiklehrer, das ist ein ganz altes politisches Motto: Teile und herrsche. Beherrscht Frau Merkel perfekt, deswegen ist sie 16, 17 Jahre Kanzlerin geblieben. Ich teile meine Gegner in verschiedene Gruppen, die sich gegenseitig bekriegen, dann habe ich Ruhe. Und das ist der Hintergrund dagegen.
Wenn sich alle Menschen einig wären darüber, wie verrückt das ist, in Deutschland die Schulen zu schließen über so lange Zeit, egal, ob ich Lust habe mich impfen zu lassen oder nicht, dann hätte die Regierung keine Chance nochmal auf den Gedanken zu kommen die Schulen zu zu machen. Aber wenn ich die Leute aufteile in verschiedene Gruppen, da habe ich es einfacher. Mehr kann ich dazu nicht sagen.”
Wie kann einer weiteren Spaltung vorgebeugt werden?
“Es ist ein bisschen so, als wenn ich mich wiederhole, aber wenn ich in einer breiten Aktion zu vielen Themen immer wieder alle Menschen frage, wie die Partei DieBasis das ja vorschlägt, dass eben nicht die Abgeordneten in Berlin für die Menschen entscheiden, sondern dass immer mit den Menschen entschieden wird, dann können sich alle Menschen, die Lust haben, daran beteiligen.
Dann kann keiner hinterher sagen: >Ich hätte da gerne auch was zu gesagt< und dann kommt man auch in einen Diskussionsprozess. Die Leute reden wieder miteinander, untereinander und da wird einiges vielleicht klar werden und so kommt man immer mehr zusammen. Ich glaube die Diskussionskultur, dass man miteinander redet und dass man gemeinsam Lösungen findet, die ist ein bisschen verloren gegangen durch dieses alternativlos-Gerede und wenn man mehr Basisdemokratie, mehr direkte Demokratie wieder einführt, könnte das besser werden.
(7) Wirtschafts-/Finanzpolitik
Eine Schlagzeile in bundesweiten Medien machte die Steigung der Inflationsrate auf 3,8% – den höchsten Stand seit 13 Jahren. Halten Sie die steigende Inflationsrate für bedenklich / gefährlich?
“Auf jeden Fall halte ich sie für gefährlich. Und ich beobachte sie auch sehr genau. Warum ist die steigende Inflationsrate so gefährlich? Das ist ein riesen Feld. Wir haben im Moment in ganz Deutschland absurde Hauspreise. Menschen nehmen Kredite auf von locker über einer halben Million Euro. Ganz normale Angestellte, Familien und so weiter. Diese Kredite sind nur rückzahlbar mit dem geringen Prozentsatz an Zinsen, den wir im Moment haben.
Wenn wir diese Inflationsrate nicht in den Griff kriegen, dann werden mit einer Verschiebung von ein, zwei Jahren die Zinsen steigen. Ein halber Prozentsatz, ein Prozentsatz höherer Zins in der Baufinanzierung wird zehntausenden jungen Familien in ganz Deutschland den Kopf kosten. Die werden ihr Haus zwangsversteigern müssen. Das ist das erste, was mir einfällt, zu den vielen anderen Problemen, die die Inflation nach sich führt.
Aber das ist das Problem, was in Deutschland den Politikern absolut Angst machen muss und wo wir unbedingt gucken müssen: Wie kriegen wir die Schulden, die wir im Moment ziemlich hemmungslos machen, wieder in den Griff? Denn nur, wenn die Einnahmen zu den Ausgaben passen, dann wird langfristig auch die Inflations wieder sinken.”
Welche Maßnahmen könnte die Politik in Deutschland in diesem Zusammenhang sinnvoll ergreifen?
“Es ist ja immer gefährlich als Politiker Steuern anzubauen. Ich persönlich glaube, dass das gerade im Vermögenssteuerbereich und gerade bei den großen Firmen, nicht beim Mittelstand, der Staat sich, was die Steuern angeht, sehr stark zurückhält. Und dass er sich auch stärker zurückhält als in den 90er Jahren unter Kohl, das kann man übrigens nachweisen. Dass es unter Kohl eine höhere Besteuerung der Vermögen gab als heute, finde ich amüsant, weil das ist ja eigentlich schon ein extrem konservativer Kanzler gewesen. Und wenn man nur einfach dahin zurückgeht, das würde schon etwas verbessern.
Wir brauchen mehr Einnahmen und – natürlich bin ich dann wieder bei meinem Corona-Thema – wir müssen die Ausgaben für Tests und Masken radikal beenden, nicht indem wir die Leute die Tests bezahlen lassen, sondern indem wir die Tests beenden. Und indem wir die Maskenpflicht beenden, zumindest in Bereichen, wo die Wissenschaft seit Monaten sagt: >Im Außenbereich ist es mehr oder weniger unnötig<. Man muss die Ausgaben des Staates sehr genau bedenken und man muss die Einnahmen nach oben schrauben.”
Im Streit um Nordstream 2 oder Frackinggas aus den USA wird inzwischen sogar vom “kalten Gaskrieg” gesprochen (SPIEGEL). Auch umweltpolitische Aspekte spielen in der Diskussion eine Rolle. Noch ist Deutschland auf Gas-Importe angewiesen. Wie beurteilen Sie die Fertigstellung der neuen Pipeline?
“Es sind zwei Aspekte. Der eine Aspekt: Immer, wenn Leute sich beschweren, wenn eine Sache schon fast fertig ist, finde ich das schwierig. Man wusste seit Ewigkeiten über diese Pipeline. Sie wurde seit Ewigkeiten gebaut und diskutiert und jetzt fehlt nur ein Stückchen und jetzt macht man so ein Fass auf. Da frage ich mich: Was sind die politischen Interessen, die tatsächlich dahinter stehen? Welche parteipolitischen, welche machtpolitischen Interessen stehen tatsächlich dahinter? Bin ich nicht genug informiert, um das so beurteilen zu müssen, kommt mir aber komisch vor.
Das ist der erste Punkt, der zweite Punkt ist: Wir haben uns aus der Atomenergie verabschiedet, was ich persönlich sehr richtig finde, auch aus meiner politischen Jugend her. Und wir wollen uns aus der Kohle verabschieden, wir haben uns teilweise verabschiedet und wir wollen in den nächsten Jahren endlos Elektroautos ans Netz hängen. Womit wollen wir diese Energie betreiben? Also ich sehe schon die Notwendigkeit, dass wir irgendwo Gas herkriegen, weil sonst, ich sag mal, die Lichter ausgehen.
Von daher muss man genau prüfen: Was sind die Machtinteressen bei diesem Kampf der Gaspipelines? Grundsätzlich halte ich sie kurzfristig für notwendig und wenn man geklärt hat, was die Machtinteressen sind, dann glaube ich, dass man diese Pipelines schon annehmen muss und soll.”
(8) Umweltpolitik
Welche Umweltpolitischen Maßnahmen halten Sie für sinnvoll und effektiv?
“Als erstes halte ich für sehr sinnvoll und effektiv, dass man die Wind- und Sonnenenergie wieder so fördert, wie man sie in den Nuller-Jahren gefördert hat. Das ist zwischendurch eingeschlafen. Die Photovoltaikanlagen auf den Dächern in Nordrhein-Westfalen haben sich in den letzten Jahren unwesentlich verändert. Da gibt es sehr viele Möglichkeiten. Windanlagen ist ein Problem: Keiner will das neben seinem Haus, aber da gibt es immer noch genug Möglichkeiten, wo man das haben kann. Gleichzeitig muss man entsprechend die Stromtrassen sehen, dass das ausgeglichen wird und so weiter. Das ist für mich ein ganz großes Thema.
Ich habe seit 20 Jahren nur grünen Strom, das ist mir ganz, ganz wichtig. Und das ist eine hervorragende Möglichkeit, um die Umwelt zu unterstützen. Was ich für problematisch halte, ist, dass im Moment, auch von den Grünen, so stark auf Elektromobilität gesetzt wird, weil ich das Gefühl habe, dass das eine Art Mode ist, die von der Autoindustrie gepusht wird als Übergang vom Benziner zu anderen Antriebsmöglichkeiten. Also da bin ich nicht sehr begeistert, da bin ich sehr skeptisch.
Einerseits wie die Rohstoffe für die Batterien gefördert werden, das sehe ich als problematisch an, und zweitens ist es auch keine Mobilität, mit der man ganz Deutschland ausrüsten kann. Das weiß eigentlich jeder. Bei zehn Prozent Elektromobilität haben wir schon ein massives Versorgungsproblem und deshalb verstehe ich nicht, warum die Politik das im Moment so pusht. Und viele Menschen verstehen das nicht und wenn man da mal die Menschen fragen würde, dann würden die meisten sagen: Wir halten das für schwierig.”
Für wie effektiv halten Sie die CO2-Steuer insgesamt? An welchen Stellen würden Sie nachbessern wollen?
“Die CO2-Steuer finde ich grundsätzlich keine schlechte Idee. Wir müssen in der Beziehung etwas machen. Es gibt ganz viele Details, wo man etwas nachbessern kann. Ich möchte mal ein Detail rausnehmen: Ich kenne mittelständische Firmen, die durch diese CO2-Steuer stark belastet werden. Und da muss man ganz im Einzelnen gucken, wo die CO2-Steuer mittelständische Firmen so stark belastet, dass sie zum Beispiel wegen chinesischen Firmen nicht mehr konkurrenzfähig bleiben.
Wenn soetwas passiert, das ist zum Beispiel so eine vordergründige Umweltschutzmaßnahme, wenn ich im Sauerland einen Metallhersteller oder Metallverarbeiter zu mache mit 40 Mitarbeitern, weil er die CO2-Steuer nicht mehr bezahlen kann und wettbewerbsfähig bleiben kann, und das ganze wird dann in China unter viel dreckigeren Bedingungen produziert, dann habe ich der Umwelt nicht geholfen. Und das muss ich die ganze Zeit bei der CO2-Steuer im Auge behalten und ich muss auch im Auge behalten, dass Leute mit geringem Einkommen dadurch nicht noch stärker belastet werden, weil wir eh schon für die Gesellschaft meiner Meinung nach einen zu großen Batzen tragen müssen.”
Ein wichtiges Thema im Oberbergischen ist der Wald. In vielen Fällen wird Forst auch als Investition zur Aufbesserung der Rente gekauft. In den letzten Jahren hat der Wald (unter anderem durch den Anbau von Monokulturen) jedoch stark gelitten, z.B. unter dem Borkenkäfer.
Sehen Sie in diesem Sinne einen Unterstützungsbedarf in der Forstwirtschaft?
“Ich glaube auf jeden Fall, dass es als umweltpolitische Maßnahme des Staates sehr, sehr sinnvoll wäre die Forstwirtschaft zu unterstützen mit genauen Vorgaben, wie man von diesen Monokulturen wegkommen kann. Weil das so langfristige Investitionen sind – Ich kenne selber Leute, die auch im Wald arbeiten und die auch in der Forstwirtschaft zu tun haben und das sind extrem langfristige Investitionen.
Als junger Mensch guckt man dann, was man in der Rente da kriegen kann. Da gibt es natürlich eine große Hebelwirkung – mit jedem Euro, den ich jetzt einsetze, was kriege ich später damit raus? Bei jedem Euro, den ich jetzt nicht einsetze, weil es halt ein teurer Baum ist, den ich pflanze, was kann ich mir da leisten? Und da finde ich schon, sollte der Staat unbedingt unterstützen. Das aber mit genauen Vorgaben, was dann mit dem Geld passieren soll.”
Sehen Sie einen Regulierungsbedarf für die Aufforstung in Hinsicht auf Monokulturen oder Baumarten? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Bei uns in der Partei ist eine Säule Freiheit. Freiheit ist für die Partei DieBasis sehr wichtig. Fast genauso wichtig wie für die Freien Wähler. Ich würde nicht den Leuten vorschreiben, was sie auf ihrem Land machen. Aber wenn sie Geld vom Staat wollen, dann würde ich das vorschreiben. Wenn jemand auf seinem Land ohne Hilfe des Staates gerne wieder Fichten anbauen will, ein Meter Abstand, soll er das machen. Wenn aber Hilfe vom Staat kommt, dann mit Bedingungen.”
Verschiedene Tierhaltungsformen stehen stark in der Kritik, doch Änderungen stellen sich bisher eher schleichend ein. Wen sehen Sie in der Verantwortung etwas daran zu ändern?
“Die Landwirtschaftsministerin als allererste. Ich meine, wir erleben gestern [bezieht sich auf: 10.08.2021], wie von oben herab dramatische Eingriffe in das Leben jeden einzelnen Bürgers getroffen werden im Hauruck-Verfahren und es ist nicht möglich als Bundesgesetz mal zu verabschieden, dass Ferkel mit Betäubung kastriert werden. Da fange ich an mich aufzuregen. Da zu sagen: >Das können wir nicht entscheiden, das ist Landessache, das ist dies, das ist das und so weiter<, wir exportieren Schweine nach China! Weil unsere Schweine billiger sind! Da habe ich überhaupt keine Toleranz und der Tierschutz ist ganz oben auf meiner Wichtigkeit, auch in meinem Leben.
Die Gesetze müssen vom Bund verabschiedet werden, müssen durchgesetzt werden und müssen mit Strafen verhängt werden, wenn das nicht passiert. Und ich sehe da auch keine Gefahr für die deutsche Wirtschaft, wenn da keine Schweine mehr nach China exportiert werden, dann ist das halt so. Aber das wäre für mich ganz wichtig, dass da die Bundesregierung ganz klare Maßstäbe setzt.”
(9) Umwelt-/Verkehrspolitik
Ein beliebtes Thema in fast jeder Wahl der letzten Jahre ist das Tempolimit. Welches Tempolimit halten Sie für sinnvoll und umsetzbar und warum?
“Ich halte in Deutschland wenn, dann ein Tempolimit von 130 für umsetzbar. 100 wäre absurd, weil es zu stark von den derzeitigen Fahrgewohnheiten abweicht. Viele junge Leute im Oberbergischen Kreis halten nicht sehr viel von einem Tempolimit. Viele Menschen in Deutschland insgesamt halten nicht viel von einem Tempolimit. Auch da würde ich letzten endes das Wahlvolk in einer direkten Abstimmung befragen.
Das Tempolimit ist letzten endes eine Scheindebatte. Wenn ich sage: >Ich will die Umwelt retten<, ist die Einführung eines Tempolimits – Natürlich würde die einen gewissen Anteil CO2 sparen, aber der ist übersichtlich, wenn man das mit dem Gesamt-CO2-Ausstoß vergleicht. Grundsätzlich hätte ich persönlich nichts gegen ein Tempolimit von 130. Ich weiß aber, dass der Widerstand in der Bevölkerung sehr stark dagegen ist und wenn die Bevölkerung etwas möchte, dann soll man sie fragen. Und wenn das eine direkte Volksabstimmung wäre zum Thema Tempolimit und die Leute sagen: >Wir wollen keins<, dann muss die Regierung das akzeptieren.”
Auch Dieselfahrverbote sind immer wieder im Gespräch. Was ist Ihre Meinung dazu?
“Dieselfahrverbote ist ja jetzt ein sehr allgemeines Thema. Dieselfahrverbote in bestimmten Teilen von Städten, die durch Stickoxide extrem stark belastet waren, die haben sich teilweise als sinnvoll erwiesen und das finde ich auch gut. Vor allen Dingen, weil die Städte dadurch unter Druck gesetzt worden sind, endlich mal etwas zu machen: Fahrradwege, Öffentlicher Nahverkehr, Busspuren und so weiter. Das waren ja nicht nur die Dieselfahrverbote, sondern das war ja so ein Komplettpaket. Von daher sage ich: In bestimmten Teilen von Städten, die stark belastet sind, ist das sinnvoll.
Als allgemeine Idee halte ich es für nicht sinnvoll. Dieselfahrzeuge sind extrem effiziente Fahrzeuge. Und als Berufsschullehrer habe ich mit Auszubildenden zu tun mit sehr wenig Einkommen, die teilweise 30, 40 Kilometer zur Arbeit und zur Berufsschule fahren müssen und für die sind Diesel die erste Wahl. Und ein 20 Jahre alter Golf Diesel, der sechs Liter verbraucht – ich sehe nicht, was daran umweltschädlich sein soll. Und die Autos zu verbieten halte ich für nicht umweltschonend.”
Der Verbrennerausstieg ist stark umstritten. Ist ein Verbot Ihrer Ansicht nach zielführend?
“Nein. Ganz klar nein. Was mich ärgert, ist, dass im Moment – auch in den letzten Jahren hat das nochmal zugenommen – SUVs auf der Autobahn unterwegs sind und als Verbrenner, als Hybrid, als Elektro, wie umgerechnet wenn die mit 180 an mir vorbei donnern 30, 40, 50 Liter auf 100 Kilometer verbrauchen, das kratzt keinen. Nicht nur kratzt es keinen, sondern die Mehrheit dieser SUVs werden von unserem Steuerzahler als Dienstwagen subventioniert. Also ich subventioniere, wenn jemand mit seinem Porsche Cayenne mit 200 über die Autobahn donnert.
Das Auto ist als Hybrid mit drei Litern Normverbrauch in irgendeinem Prospekt angegeben. Ich weiß, wenn der mich mit 200 überholt, verbraucht der gerade Unsummen an Sprit, egal, ob es elektrisch oder benzinmäßig erzeugt ist. Da sehe ich ganz, ganz starkes Eingreifpotential. Man könnte als Gesetzgeber sagen: >Erstmal wollen wir reelle Tests und wenn ein Neuwagen über eine bestimmte Menge an Sprit verbraucht, dann wird das nochmal extra besteuert<.
Tatsächlich ist es ja so, wenn ich heute einen Hybrid nutze als Firmenwagen, dann muss ich ja noch weniger Steuern bezahlen und werde noch mehr vom Staat unterstützt, völlig unabhängig davon, was das Hybridauto in der Realität verbraucht. Und da sehe ich viele Möglichkeiten Sprit einzusparen. Und letzten endes muss man auch immer gucken: Auch beim Benzinpreis sehe ich noch Möglichkeiten. Ich weiß, dass das unbequem ist für viele, aber da sehe ich noch Möglichkeiten nach oben, weil der Benzinpreis letzten endes jeden Menschen einzeln besteuert – so viel, wie er denn auch fährt.
Es gibt auch Möglichkeiten über Autobahngebühren Menschen zu besteuern, damit zum Beispiel eine Krankenschwester, die einmal im Monat nach Köln fährt, aber sonst im Oberbergischen unterwegs ist, von dieser allgemeinen Belastung, die man den Autofahrern auferlegt, nicht so viel bezahlen muss wie beispielsweise ein Geschäftsmann, der 40.000 Kilometer im Jahr fährt. Diese beiden Menschen werden im Moment sehr ähnlich behandelt vom Staat und da kann man Unterschiede machen.”
(10) Coronapolitik
Wie zufrieden sind Sie mit den derzeitigen Corona-politischen Maßnahmen und was würden Sie verbessern (ausgenommen der Impfstrategie)?
“Ich bin sehr unzufrieden. Ich bin sehr unzufrieden mit den Corona-Maßnahmen, das muss ich ja als Kandidat der Basis sagen, weil wir haben uns als Reaktion auf die Corona-Maßnahmen am vierten Juli 20 gegründet. Warum bin ich so unzufrieden: Das ist ein weites Feld. Ich weiß nicht, wie viel ich da sagen kann. Ich sage mal, was ich am wichtigsten finde, ist: Man hat von Anfang an gesagt >Die Wissenschaft ist wichtig. Man richtet sich nach der Wissenschaft<. Und man hat von Anfang an immer Teile der Wissenschaft, wenn sie nicht in das politische Programm gepasst haben, ausgeblendet.
Dieser Widerspruch, der ist bis heute nicht aufgehoben, und der hat ganz viele Menschen bis heute in Deutschland verärgert. Es gibt bis heute keine repräsentative Studie wie Corona in einem Ort verläuft. Und ich frage die Bundesregierung: Warum nicht? Warum hätte man nicht zehn Orte in Deutschland beobachten können? Alle zwei Wochen komplett durchtesten, damit man wirklich etwas über das Virus lernt? Das fehlt, das ist nie gemacht worden.
Was gemacht worden ist, ist: Angst verbreiten, Gesellschaft spalten, Maßnahmen verhängen, die unlogisch sind, die nicht wissenschaftlich belegt sind, die die Wirtschaft massiv schädigen, die uns in den letzten Jahren 200 bis 400 Milliarden Euro gekostet haben, die massivste Kollateralschäden erzeugt haben, psychische Schäden bei Kindern, bei Erwachsenen, Arbeitslosigkeit, Existenzängste, Dramen, die sich in Familien abgespielt haben, Kinder, die keine Versorgung durch die Jugendhilfe bekommen konnten wegen Lockdown und so weiter – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.
Da ist unglaublich viel schief gelaufen und als Erfolg der Maßnahmen muss man sagen: Egal, welche Maßnahmen man sich in Europa anguckt, von ganz wenig Maßnahmen bis ganz starken Maßnahmen, auch wenn du es beispielsweise mit den USA vergleichst, mit verschiedenen Staaten in den USA – wenig Maßnahmen, viele Maßnahmen – muss man nach anderthalb Jahren sagen: Egal, welche Maßnahmen getroffen wurden, die Toten und Kranken durch das Coronavirus sind in fast allen Ländern irgendwo ähnlich. Und das einzugestehen fällt der Politik sehr, sehr schwer – Das kann ich verstehen. Ich möchte auch nicht so viel über die Vergangenheit reden, aber ich möchte, dass endlich Schluss ist damit.
Wir haben im März letzten Jahres gesagt bekommen: >Wenn Oma und Opa geimpft sind, solange müssen wir durchhalten, dann ist alles wieder gut<. Diese Situation haben wir seit dem Juni. Oma und Opa sind geimpft, es ist alles wieder gut. Wir können einen Haken dahinter machen. Wenn wir jetzt noch Menschen haben, die sich infizieren, dann sind die jung und in der Regel sind die Auswirkungen extrem gering. Wir sehen es gerade in England, Dänemark hat gestern, glaube ich, beschlossen die Corona-Maßnahmen komplett zu beenden bis zum ersten Oktober, England hat die beendet, Schottland hat die beendet, Florida hat die seit April beendet, verschiedene andere Staaten in den USA auch und so weiter. Während die ganzen Staaten ihre Corona-Maßnahmen beenden, werden sie in Deutschland verschärft.
35 Millionen Menschen werden seit gestern Abend vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Was will die Regierung noch? Ich habe gerade das Gefühl, dass die Regierung Amok läuft. Das ist ein Thema, das mich wirklich sehr, sehr beschäftigt und aufregt und das müssen wir ganz schnell beenden und da stehen wir als DieBasis-Partei als einzige Partei, die, sage ich mal, nicht AfD heißt, bundesweit stehen wir bereit die Corona-Maßnahmen zu beenden und einzudämmen, weil wir mit den Corona-Maßnahmen nichts zu tun haben. Alle anderen Parteien, selbst die Linken, die Grünen sowieso, die FDP hat manchmal gute Kommentare gemacht, ich weiß nicht, ob sie das aufrechterhalten würden in einer Koalition, CDU, CSU sowieso, alle haben bei dem Spiel mitgemacht – Die freien Wähler nicht.
Wir sind die einzige Partei, die wirklich bundesweit auch mit Direktkandidaten und auch massiv antritt, mit einer sehr hohen Mitgliederzahl, die wir in einem Jahr gewonnen haben, die mit den ganzen Corona-Maßnahmen nichts zu tun hat. Und wir können das Angebot machen, dass wir es anders machen und dass wir es besser machen.”
Sollte eine generelle Impfpflicht eingeführt werden?
“Die Frage ist ja schon fast falsch gestellt, weil sie ja gestern fast eingeführt worden ist. Haben wir lange drauf gewartet, haben viele Leute als Verschwörungstheorie abgetan. Hat sich bewahrheitet. Impfpflicht ist eine absolut Unverschämtheit – gerade Impfpflicht in Bezug auf das Coronavirus. Immer wieder wird die Corona-Impfung mit anderen zum Teil sinnvollen Impfungen in einen Topf geschmissen. Da werden Leute als Impfgegner bezeichnet – Ich habe eine Tetanus-Impfung. Da habe ich kein Problem mit.
Aber ich bin ein Gegner gegen die Corona-Impfung, weil die unter einer Notfallzulassung läuft und verantwortungsvolle Ärzte, die alle Risiken miteinander abwägen, sagen: >Es gibt möglicherweise Langzeitfolgen, die wir nicht abschätzen können<. Und wenn Menschen sich entscheiden, dass sie aufgrund dieser möglichen Langzeitfolgen im Moment lieber das Risiko in Kauf nehmen angesteckt zu werden von einem Virus, was ja immer harmloser wird mit jeder Mutation – es steckt immer schneller an, aber die Folgen sind harmloser – Dann muss man diese Entscheidung respektieren.
Die Art und Weise, wie Menschen derzeit unter Druck gesetzt werden sich impfen zu lassen, ist eine absolute Katastrophe. Vor dem Hintergrund, dass der Staat sagt: >Ich weiß, was gut ist für dich als Bürger< – warum redet der Staat mir dann nicht rein, wenn ich was ungesundes esse? Oder rauche oder trinke? Oder Motorrad fahre? Oder Downhillbike? Oder was weiß ich, es gibt viel größere Risiken als das Coronavirus, denen Menschen sich den ganzen Tag aussetzen. Und die Art, wie der Staat sich da einmischt, ist eine Unverschämtheit.
Und als kleinen Seitenhieb, wenn mir ein extrem übergewichtiger Mensch etwas erzählt, wie ich mich verhalten soll, so als Solidarität für meine Gesellschaft, dann muss ich da schon schmunzeln, weil als erstes kann die Bundesregierung dann endlich die Ampel auf die Nahrungsmittel setzen, was Leute seit 20 Jahren verlangen, damit das mit dem Übergewicht besser wird. Das wäre eine Sache, die würde mehr Menschenleben retten jedes Jahr als Corona gefordert hat.”
Welche Maßnahmen würden Sie zur weiteren Eindämmung der Pandemie für sinnvoller erachten?
“Ganz einfach: Abstand halten, wo ich nicht weiß, wie diese Menschen unterwegs sind, wo die mir unbekannt sind. Gleichzeitig aber wieder Bekannte und Freunde in den Arm nehmen und die Hand schütteln. Diese traditionellen Sachen müssen wieder Standard und normal werden. Hygiene, Händewaschen und so weiter, ist eine Sache, die in der Gesellschaft eingeführt wurde, die ich gute finde. Nicht übertrieben, aber so, wie die Ärzte das auch schon vor der Pandemie geraten haben. Und ganz, ganz wichtig, wo Deutschland schon vorher gut war und wo das noch ausgebaut wurde, Menschen, die krank sind, bleiben zuhause. Und Kinder, die krank sind, bleiben auch zuhause. Und keinem entsteht dadurch ein Nachteil, nicht in der Schule, nicht im Beruf.
Mit den drei Sachen kommen wir schon richtig weit. Und das sind auch Sachen, die in der Pandemie – oder Epidemie, nenne ich das lieber – Sachen waren, die Deutschland nach vorne gebracht haben. Warum ist der Ausbruch in den USA so schwer gewesen zu Anfang? In der USA feier ich nicht krank. In der USA gehe ich mit 40 Fieber und laufender Nase an meine Supermarktkasse. Und schmiere meine Viren an jedes einzelne Lebensmittel.
Da waren wir ganz weit vorne, dass wir sogar gesagt haben, wir dürfen uns telefonisch krank melden. Und das sind Sachen, die Mediziner seit Ewigkeiten empfehlen, die ich auch gut finde. Mit einer Einschränkung: Grundschulkinder sollten auch mit laufender Nase in die Grundschule kommen dürfen, weil – ich habe selber Kinder gehabt in dem Alter – die haben alle drei Wochen eine Erkältung in der ersten Klasse, wenn nicht jeden dafür dauernd aus der Schule nehme, können die gar nicht mehr hin. Und die sollen sich auch gegenseitig die Viren weitergeben, weil dann sind sie dagegen immun. Von daher würde ich das mit dem >Wer krank ist, bleibt zuhause< bei Grundschulkindern etwas lockerer sehen. Ich glaube nicht, dass viel mehr nötig ist. Man muss es nur ausprobieren.”
Was würden Sie einer Person antworten, die die Sicherheit von Corona-Impfstoffen anzweifelt?
“Da würde ich sagen: Dem stimme ich zu. Ich zweifle die Sicherheit der Corona-Impfstoffe auch sehr stark an. Und ich zweifle auch die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe sehr stark an. Es wird da in der öffentlichen Diskussion ein zu geringer Unterschied gemacht zwischen der relativen Wirksamkeit und der absoluten Wirksamkeit. Tatsächlich ist ja die relative Wirksamkeit relativ hoch, da spricht man immer von 90 Prozent. Man vergisst aber, dass man da eine ganz kleine Gruppe von ganz vielen tausend Menschen anguckt und dass dabei der Zufallsfaktor immer größer wird.
Tatsächlich ist aber die Wirksamkeit so: Man muss, glaube ich, 117 Menschen impfen, um überhaupt bei einem zu verhindern, dass er positiv getestet wird. Und das heißt ja noch nicht, dass derjenige dann krank wird. Dann muss man ja bei diesen positiv Getesteten noch sehen, wie viele von den positiv Getesteten werden krank und wie viele sterben davon. Das heißt: Ich muss unglaublich viel impfen, um einen gewissen Effekt zu haben und im Moment zum Beispiel fehlt für mich komplett der Nachweis, ob das Ende der dritten Welle, ob das durch die Impfung gekommen ist oder durch das schöne Wetter. Und das kann mir auch kein Wissenschaftler belegen.
Als die dritte Welle zusammengebrochen ist, waren in Deutschland meiner Meinung nach zwischen 30 und 35 Prozent doppelt geimpft und von diesen Menschen, die doppelt geimpft waren, waren 90 Prozent Senioren, die jetzt nicht unbedingt das Infektionsgeschehen bestimmen, indem sie auf Open-Air-Parties rumspringen. Von daher spricht für mich vieles dafür, dass der Sommer, als er dann gekommen ist, das Infektionsgeschehen weitaus stärker beeinflusst hat als die Impfung. Und deswegen: Es gibt Gefahren, die wir noch nicht abschätzen können und es gibt eine relativ geringe Wirksamkeit.
Und ich finde es fantastisch wie die Ständige Impfkommission hart bleibt und gegen die Politik immer weiter sagt: >Wir haben bei 12 bis 18-Jährigen eben den Fall, dass wir heute sagen können schon: Es ist wahrscheinlich gefährlicher für einen jungen Menschen in diesem Alter sich impfen zu lassen als krank zu werden<. Vor diesem Hintergrund, wenn da die Politik – auch die lokale Politik hier im Oberbergischen Kreis – Jugendliche dazu verleitet sich impfen zu lassen, ist das für mich fast schon vorsätzliche Körperverletzung.
Weil die Ständige Impfkommission sind ganz, ganz hervorragende Wissenschaftler. Auch nicht Wissenschaftler der Gegenseite, der Querdenker, der Basis, was weiß ich, sondern es sind ja Wissenschaftler, auf die man bis zum Juni gehört hat. Die Bundesregierung hat alles gemacht, was die STIKO gesagt hat, bis die STIKO mal eine eigene Meinung hatte. Und jetzt arbeiten sie gegen diese Menschen, die wirklich sehr viel Ahnung vom Impfen haben.
Und ich finde das ist eine Katastrophe, dass im Moment Jugendlichen hier in der Gegend Impfungen angeboten werden, ohne zu sagen: >Wir bieten hier eine Impfung an, aber unsere besten Experten zu dem Thema sagen eigentlich, das ist gefährlicher als wenn du krank wirst<. Wenn man den Jugendlichen das so sagen würde, und die Jugendlichen würden sagen: >Ja, ist mir scheiß egal, was mit meinem Körper passiert, ich mache das trotzdem<, dann sollen die das machen. Aber denen wird ja die Impfung angeboten und es wird denen so verkauft als würden sie eine höhere Sicherheit im Leben erreichen. Das ist einfach nicht so.”
(11) Corona und Wirtschaft
Im Verlauf der Pandemie gab es wirtschaftlich Gewinner und Verlierer. An vielen Stellen musste auch der Staat finanzielle Hilfe leisten (Soforthilfe).
Wie würden Sie die finanziellen Hilfen in Zukunft organisieren?
“Ich muss deswegen einen Augenblick nachdenken, weil ich würde gar nicht so viel finanzielle Hilfe geben, weil ich eigentlich vermeiden würde, dass ich irgendwelche Maßnahmen durchführe, weil ich viele der Maßnahmen für übertrieben halte.
Ein Beispiel: Mein ältester Sohn arbeitet in einem mittelständischem Industriebetrieb in Rheinland-Pfalz und der hat nicht einen Tag Kurzarbeit, nicht einen Tag Online-Office, er hat durchgearbeitet. Mit 40, 50 Leuten in einer Fabrikhalle mit Körperkontakt, mit Schwitzen, mit allem drum und dran. Die haben Corona in der Arbeit nicht gemerkt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt sollten die Masken aufsetzen. Jeder weiß, dass das im Arbeitsbetrieb auch nicht so viel bringt. Und in ganz vielen Bereichen der Industrie ist Corona überhaupt nicht wahrgenommen worden und die Menschen haben interessanterweise auch weitergelebt und weitergearbeitet.
Von daher, ich persönlich unterrichte in der Gastronomie Auszubildende an der Berufsschule und allein das war schon eine Achterbahnfahrt von sinnlosen Maßnahmen, wo man sich gefragt hat: Was machen die als nächstes? Im ersten Lockdown war die Gastronomie komplett auf, während die Schulen geschlossen waren. Das ist vielen gar nicht mehr präsent. Im April konnte man essen gehen im Innenbereich, während die Schulen geschlossen waren. Und im November konnte man nicht mehr essen gehen im Innenbereich, während die Schulen offen waren. Im November konnte man nicht mehr essen gehen im Innenbereich, obwohl die Gastronomie fünf Monate vorher jeden Gast dokumentiert hat und keine Infektionen festgestellt worden sind. Trotzdem wurde die Gastronomie zugemacht.
Diese Maßnahmen mache ich nicht. Wenn ich in der Politik etwas zu sagen hätte, würde ich diese Maßnahmen nicht machen und deswegen bräuchte ich auch keine Hilfen. Die Hilfen für kleine Selbstständige, die sind viel zu spät gekommen, die haben sich viel zu stark bezogen auf den geschäftlichen Anteil des Lebens. Private Ausgaben durfte man nicht geltend machen – völlig irre, die Menschen haben ja auch ein Privatleben, die müssen ihre Wohnung bezahlen und so weiter. Kleine Heilpraktiker, kleine Ein-Mann-Betriebe in handwerklichen Bereichen und so weiter, da ist ganz viel schief gelaufen, die ganze Veranstaltungsbranche, ganz schlimme Dramen haben sich da abgespielt und da wurde viel zu spät und viel zu bürokratisch bezahlt.
Da würde ich natürlich, wenn sowas nochmal vorkäme, versuchen die Menschen schneller und unbürokratischer zu unterstützen. Ansonsten würde ich vermeiden, dass es Unterstützung gibt, weil die Leute einfach weitermachen können.”
Wie sollen diese Maßnahmen langfristig finanziert werden?
“Durch die Maßnahmen-Gewinner. Das kann auch jetzt direkt in die Politik einfließen, wir haben ganz klare Maßnahmen-Gewinner. Die heißen Amazon, die heißen Bring-Dienste, die heißen Deutsche Post und so weiter. Die haben ihre Umsätze dramatisch erhöht. Alles, was mit Internet zutun hat, da sind extreme Gewinne gemacht worden. Und das ist sowieso ganz vielen Menschen ein Dorn im Auge, dass gerade diese Firmen viel zu wenig Steuern in Deutschland zahlen und das kann man ändern und da kann man dann auch die Maßnahmen von finanzieren.”
Haben Sie eine Position zu den Änderungen des Insolvenzrechts im Zuge des Infektionsschutzgesetzes?
“Man muss schon sehr positiv gegenüber der Bundesregierung eingestellt sein, um nicht zu vermuten, dass mit der Änderung des Insolvenzrechts verschleiert werden sollte, wie viele Firmen während der Krise in die Insolvenz getrieben werden. Wenn man etwas kritischer gegenüber der Bundesregierung eingestellt ist, dann muss man einfach erkennen, dass es keinen anderen Hintergrund geben kann.
Die Idee >Wir sind jetzt so nett und lassen euch eine Weile Zeit, bis ihr in die Insolvenz geht<, das halte ich nicht für realistisch, das ist einfach eine Verschleierung. Von Januar bis Mai 21 wurde verschleiert, wie viele Firmen diese Maßnahmen in die Insolvenz getrieben haben. Und bis heute ist das in der Gesellschaft noch kein Thema gewesen. Es ist ein viel zu gering beachtetes Thema. Das ist meine Einstellung dazu.”
(12) Flüchtlingspolitik
Die Flüchtlingspolitik ist seit mehreren Jahren ein umstrittenes Thema in Deutschland. Wo würden Sie sich in dieser Hinsicht positionieren und wie zufrieden sind Sie mit den derzeitigen politischen Maßnahmen der Bundesregierung im In- und Ausland?
“Mein Opa ist von dem heutigen Istanbul geflüchtet, als Grieche 1923. Mein Vater ist aus Griechenland gekommen, hierher, als Gastarbeiter. Also Flüchtlingsthematik ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich weiß, dass es einige in meiner Partei gibt, die das ein bisschen enger sehen. Wir sind aber ein bunter Haufen, von daher glaube ich schon, dass ich das so sagen kann. Für mich ist es ganz, ganz wichtig, dass wir in Deutschland ein Einwanderungsgesetz kriegen, wo wir bestimmten Menschen grundsätzlich die Möglichkeit eröffnen nach Deutschland zu kommen unter bestimmten Kriterien.
Erstens, weil wir diese Menschen brauchen, weil wir eine schrumpfende Nation sind. Und zweitens, um auch Leuten eine Perspektive zu geben hierher zu kommen jenseits des Asylrechts. Das Asylrecht darf nicht aufgeweicht werden, muss weiterhin großzügig behandelt werden und wir müssen einfach genug Geld in die Hand nehmen, um die Leute, die hierher kommen, vernünftig zu integrieren. Da ist ganz viel in der letzten Zeit falsch gemacht worden. Das ist, was wir in Deutschland machen können.
Für Europa muss Deutschland seine Rolle wahrnehmen und eine humanitäre Flüchtlingspolitik organisieren. Auf dem Mittelmeer sterben täglich Menschen. Während der ganzen Corona-Politik. Wir geben Milliarden für Tests und Masken aus, während im Mittelmeer Menschen absaufen. Wo wir sagen: >Wir haben keinen Platz für die<. Das sind für mich untragbare Zustände.
Wir müssen eine Mischung finden aus einer Unterstützung der Menschen vor Ort, dass sie da bleiben können – viele wollen da bleiben, die wollen alle gar nicht hierher. Aber zum Beispiel müssen wir abschaffen, dass holländische Tomaten auf afrikanischen Märkten billiger sind als die Tomaten vor Ort und dass Tomatenbauern, die dann kein Auskommen mehr haben, sich auf den Weg machen hierhin zu flüchten. Das muss abgeschafft werden, weil das der Gipfel der Scheinheiligkeit ist.
Wir müssen die Flüchtlingslager unterstützen. Die EU hätte vor dem großen Flüchtlingsstrom 2015 die Möglichkeit gehabt mit zwei, drei Milliarden Euro – in der heutigen Zeit Peanuts – einen Großteil der syrischen Flüchtlinge da unten zu halten. Aber die Zustände in den Lagern wurden so katastrophal, dass die Menschen irgendwann gesagt haben: >Wir müssen hier weg<. Ich habe selber Menschen im Unterricht kennengelernt, die eine Koch-Ausbildung oder eine Service-Ausbildung hier in Deutschland gemacht haben, das sind ganz fantastische Menschen, die auch große Fans von Deutschland geworden sind, dass Deutschland denen auch eine Chance bietet und die eine Bereicherung sind für unsere Kultur und für unser Leben hier.
Also zusammengefasst: Die Leute, die hier hinkommen, denen müssen wir eine Chance geben. Wir müssen ganz klar sagen: Erstens, wer Asyl braucht, kriegt das auch, aber es wird genau überprüft. Zweitens müssen wir sagen: Wir machen ein Fenster auf für 10.000, 20, 30, 40 Tausend Leute im Jahr mit bestimmten Kriterien wie Berufen, Bildung, Geschlecht und so weiter, die offiziell hierhin kommen können, die sich bewerben können und drittens: Wir kümmern uns an den Ursprungsorten darum, dass die Leute vernünftig versorgt werden.
Das sind ja alles Themen, wo man bis 2019, bis März 2020 gesagt hat: >Wir haben dafür kein Geld<. Seit letztem Jahr weiß man: Wir haben für alles Geld. Wenn wir Geld brauchen, machen wir das halt. Wir haben letztes Jahr die schwarze Null ruckzuck verabschiedet und sind 200 Milliarden mindestens in die Miesen gegangen.
Eine Zahl muss ich hier noch loswerden: Im Juli hat das Finden eines positiven Berliners den deutschen Steuerzahler 11.000 Euro gekostet an Tests, die durchgeführt wurden. Dafür hatte man Geld, um Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten nicht. Das sind die Maßstäbe, die man im Moment ansetzt. Wer sagt: >Wir müssen alle Flüchtlinge stoppen, wir haben keinen Platz für die<, der verkennt den Reichtum von Deutschland.”
(13) Ergänzung
Selbstverständlich können wir in einem Dreiseitigen Fragebogen nicht alle Themenbereiche abdecken. Gibt es ein noch nicht genanntes Thema, das Sie genauer ausführen möchten?
“Für den WDR-Kandidatencheck wurde ich gefragt, was mir für die Region besonders liegt und das würde ich gerne hier auch nochmal sagen: Für die Region sind mir zwei Dinge ganz wichtig. Einmal was Umweltschutz angeht, aber auch was Attraktivität der Region angeht. Da würde ich unbedingt dafür kämpfen, dass der öffentliche Nahverkehr sich verbessert. Dass der ein Angebot ist, das Jugendliche nutzen können, was wirklich attraktiv ist, was eine Konkurrenz zum Auto teilweise ist.
Als Beispiel: Wenn von da, wo ich wohne, Brüchermühle, ein Jugendlicher nach Köln fahren muss, dann müsste der entweder eine Stunde mit dem Bus nach Dieringhausen fahren und dann eine Stunde nach Köln, wenn der Anschluss stimmt und zahlt dafür – keine Ahnung – neun Euro? Das ist einfach albern. Und dann setzen die sich ins Auto und fahren nach Köln. Da muss es bessere, attraktivere Möglichkeiten geben bis hin zu einem kostenlosen ÖPNV. Das ist eine Sache, weil es die Region attraktiv macht, dass die Leute wieder noch mehr hierher ziehen – und gleichzeitig Umweltschutz ist.
Und die andere Sache ist vielleicht ein kleinerer Bereich, aber er betrifft mein Leben. Ganz im Verborgenen, auch in der Corona-Krise, sterben Berufe im Oberbergischen. Das muss man wissen: Wenn nicht genug Auszubildende angemeldet werden, hat die Berufsschule ein paar Jahre Zeit, praktisch drei Jahre kann man das ausprobieren, aber nach drei Jahren wird der Beruf als Bezirksfachklasse nach Köln geschickt und der Beruf wird nicht mehr hier ausgebildet.
Ganz viele Leute wissen gar nicht, dass in den letzten 20 Jahren die Berufe wie Fleischer, Fleischerfachverkäufer, Hauswirtschafterin, Nahrungsmittelfachverkäufer – bei denen ist es gerade der Fall – also verschiedenste Berufe sind aus der Region abgewandert. Das bedeutet: Wenn die hier nicht mehr ausgebildet werden, wird man hier auch keine Menschen mit den Berufen mehr finden. Und irgendwann entsteht dadurch ein Moment, wenn ein Altenheim eine Hauswirtschafterin finden will, dann werden die das Ewigkeiten ausschreiben, die werden keine finden.
Das stellt für die Region ein sehr großes Problem dar und der Staat kümmert sich meiner Meinung nach zu wenig darum. Und egal, ob ich in den Bundestag komme oder wer auch immer in den Bundestag kommt, ich würde mir von einem zukünftigen Direktkandidaten, auch im Oberbergischen Kreis wünschen, dass er da dieses Problem im Auge behält, weil im Moment durch die Corona-Krise sind die Berufe, die ich unterrichte, Köche, Hotelfachleute, Restaurantfachleute, ganz stark gefährdet. Wenn da die Ausbildungszahlen gering bleiben, dann kann es sein, dass die irgendwann auch nicht mehr hier ausgebildet werden und dann bedeutet das auch für die Gastronomie ein großes Problem und dann wieder auch für die Menschen. Die Menschen brauchen Gastronomie.
Und das ist eine Sache, die im Verborgenen passiert und wo ich mir wünschen würde, dass sich Leute mehr darum kümmern. Das hört sich nach einem kleinen Problem an, aber wenn man irgendwann nicht mehr vernünftig essen gehen kann, ist das kulturell ein dramatischer Einschnitt und da muss der Staat sich darum kümmern. Und der zukünftige Bundestagsabgeordnete welcher Partei auch immer sollte das im Blick haben, das würde ich mir wünschen.”