Bergneustadt – Am Mittwoch (24.11.2021) beschloss der Rat der Stadt Bergneustadt nach vielen Debatten die Senkung der Grundsteuer B von 959 Prozent auf 895 Prozent. Debattiert wurde unter anderem deshalb, weil es zwei verschiedene Anträge auf Senkung gab und auch, weil auf die eher geringe Senkung vermutlich im Folgejahr 2023 eine erneute Steigerung zu erwarten ist. Anlass zur Diskussion gab es außerdem aufgrund der “Corona-Isolierung” im Haushalt.
Stimmen für eine sofortige Senkung
Während des zunächst vorgetragenen Antrags der UWG-Fraktion auf eine Senkung auf 865 Prozent wurde auch der darauf folgende Tagesordnungspunkt, der Antrag der CDU-Fraktion auf eine Senkung auf 895 Prozent, debattiert. Beide Parteien begründeten ihren Antrag mit den Versprechen aus dem Wahlkampf, die Grundsteuer B so bald wie möglich zu senken. “Es ist eine Frage der Ehrlichkeit”, so Reinhard Schulte (Fraktionsvorsitzender der CDU), selbst wenn es nur auf Zeit sei. Nach seiner Perspektive sei eine Senkung aufgrund einer Senkung der Kreisumlage möglich, die die CDU-Fraktion im Kreistag ermöglicht habe. Im weiteren Verlauf betonte er auch, dass Unternehmen und Bürger die Gewinne der letzten Jahre erwirtschaftet hätten. Herr Schulte stellte dazu auch die Frage in den Raum: “Wann wollt ihr denn die Grundsteuer senken, wenn nicht jetzt?”
Für die UWG-Fraktion stellte Jens-Holger Pütz (FraktiJens-Holger Pützder UWG) den Antrag vor. Er hob hervor, dass sich die Bürger die Senkung verdient hätten. Man könne nicht in die Zukunft sehen, aber die Bürger nun entlasten. Sven Oliver Rüsche erinnerte an die Demonstration vor dem Landtag 2016, da sich aus seiner Perspektive trotz Versprechungen nichts getan habe. Über die letzten Jahre sei der Haushaltsabschluss immer positiver ausgefallen als in der ursprünglichen Planung. “Es gibt Menschen, für die sind 2,50 Euro im Monat viel” verteidigte er die Senkung trotz eher geringem Betrag.
Stimmen gegen eine sofortige Senkung
Für die SPD-Fraktion äußerte sich Daniel Grütz (Fraktionsvorsitzender der SPD) gegen eine Senkung zu diesem Zeitpunkt. Er hob hervor, dass es sich um eine “Entlastung” von zwei bis drei Euro pro Bürgerin oder Bürger handelt. Eine Senkung solle zwei Bedingungen erfüllen: Sie solle deutlich und dauerhaft sein. Eine Gegenfinanzierung sei außerdem nicht gegeben. Herr Grütz stellte klar, dass die “Senkung der Kreisumlage” lediglich eine geringere Erhöhung der Kreisumlage darstelle als ursprünglich veranschlagt – um knapp 500.000 Euro statt der ursprünglichen 1,3 Millionen. Die ausdrückliche Empfehlung der Verwaltung laute, die Grundsteuer zu diesem Zeitpunkt nicht zu senken. Daher stellte er auch die Frage in den Raum, wie sich Bürgermeister Matthias Thul positioniere – auf Seiten der Verwaltung oder der CDU. Der CDU warf er vor, sie würde bereits in den bevorstehenden Wahlkampf um den Landtag einsteigen.
Roland Wernicke (DIE GRÜNEN) hob hervor, dass die Senkung der geplanten Kreisumlage noch nicht beschlossen wurde, sondern lediglich angekündigt wurde.
Detlef Kämmerer (SPD) brachte in die Debatte ein, dass der Haushalt nur durch die “Corona-Isolierung” ausgeglichen sei, da aufgrund dessen ein außerordentlicher Ertrag in den Haushalt geschrieben wurde, der über die nächsten 50 Jahre abbezahlt werde. Das Geld gebe es jedoch faktisch nicht. Des weiteren wies er darauf hin, dass die Stadt noch immer hohe Kredite zurückzahlen müsse. Im Falle einer Erhöhung der Zinsen, die er für sehr wahrscheinlich hielt, würde man eine Rücklage benötigen. Auf die “Corona-Isolierung” ging im Anschluss auch Daniel Grütz ein, da aus seiner Perspektive die Probleme auf eine zukünftige Generation geschoben würden.
Mehmet Pektas (Fraktionsvorsitzender der FWGB) stimmte der SPD in ihrer Kritik zu. Er bestätigte, dass die “Corona-Isolierung” rein buchhalterisch sei und dies auch durch den Kämmerer bestätigt worden sei. Man solle kein Geld verteilen, das nicht da ist. Statt jedes Jahr aus politischem Kalkül mit der Grundsteuer zu spielen, solle man Verantwortung zeigen und strategisch sinnvoller agieren. Außerdem wies er darauf hin, dass bereits Straßensanierungen verschoben worden seien.
Heiner Grütz (SPD) lobte die Darstellungen der FWGB-Fraktion auf ihrer Facebook-Seite. Er äußerte zunächst Kritik an Bürgermeister und FDP-Fraktion, die zustimmen würden, obwohl der Antrag auch ihrer Ansicht nach Quatsch sei. Des weiteren kritisierte er den Auftritt der UWG-Fraktion auf Facebook, insbesondere die von Sven Oliver Rüsche. Herr Heiner Grütz warf Herrn Rüsche mit Aussagen wie “Der SPD sind die Bürger egal” vor zu spalten, und dazu aufrufen, den Kämmerer zu denunzieren. Dies bezeichnete er als “unverantwortlich”. Herr Rüsche wisse genau, was er damit anrichten könne, da seine Beiträge zur Gewalt aufrufen würden. Nachdem er von Zwischenrufen unterbrochen wurde, bezeichnete er nicht weiter benannte Anträge als “populistisch”.
Ambivalente Meinungen zur Grundsteuer
Ambivalent äußerten sich FDP-Fraktion und Bürgermeister Matthias Thul. Wolfgang Lenz (FDP) äußerte sich, dass er eher dem Antrag der CDU-Fraktion zustimme. Er bezeichnete das Vorgehen allerdings auch als “Politik, um Schönwetter zu machen” und aufgrund der geringen Ersparnis “wirtschaftlich uninteressant für die Bürger”. Im Folgejahr würde die Grundsteuer B wieder steigen. Falls die Zahlen der UWG stimmen würden, ging er auf die Aussage von Sven Oliver Rüsche bezüglich der Haushaltsplanung ein, müsse dies jedoch geklärt werden. Von der Haushaltsplanung hingen auch die unterjährigen politischen Entscheidungen ab. In dem Fall solle der Bürgermeister eher von Schätzungen als von Planungen sprechen.
Wolfgang Hoene (Fraktionsvorsitzender der FDP) betonte, dass Bergneustadt lange bundesweit führend in der Höhe des Grundsteuer B Satzes war. Er vermisste bei der SPD den Willen, etwas daran zu ändern. Außerdem äußerte er den Wunsch, fraktionsübergreifend an Ausgaben und Erträgen zu arbeiten.
Bürgermeister Matthias Thul betonte, dass die Stadt das zusätzliche Geld 2022 gut gebrauchen könne, um die Rücklage auszubauen und bestätigte, dass aller Voraussicht nach der Hebesatz 2023 wieder steigen müsse. Auch sei durch eine Senkung der Grundsteuer B keine dauerhafte, spürbare Entlastung der Bürger zu erwarten. Da jedoch die Steuerzahler daran mitgewirkt hätten, die Verschuldung über die Jahre hinweg abzubauen, müsse man auch etwas zurückgeben und die Versprechen aus dem Wahlkampf einlösen. Ob dies klug sei, stellte er jedoch in Frage. Er nahm die Senkung als “Wille der Bürgerschaft” war.
Ende der Debatte und Abstimmungen zur Grundsteuer B
Heike Schmid (CDU) beantragte das Ende der Debatte, was einstimmig angenommen wurde. Der Antrag der UWG-Fraktion wurde mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Bürgermeister Matthias Thul wies im Anschluss an die Abstimmung auf seine Ansprache vor der letzten Ratssitzung hin und bat die Ratsmitglieder um Mäßigung. Der Antrag der CDU-Fraktion auf die geringere Senkung wurde mit 18 zu 16 Stimmen angenommen.
Autorin: Amei Schüttler