Das Interview mit Herrn Pütz finden Sie hier.
Bergneustadt – Im Vorfeld der Kommunalwahlen am 13. September 2020 wurden zwei der Bürgermeisterkandidaten für Bergneustadt zu verschiedenen Themen interviewt. Insgesamt vier Kandidaten stehen zur Wahl: Matthias Thul (CDU), JenJens-Holger Pütz> (UWG), Thomas Stamm (SPD) und Wolfgang Lenz (FDP). Da mit Herr Lenz gesundheitsbedingt leider kein Termin zustande kam und Herr Stamm auch auf mehrfache Nachfragen nicht reagierte, finden Sie bei uns Interviews mit Herrn Pütz und Herrn Thul. Die Interviews sind umfangreich, jedoch thematisch sortiert: Die Bereiche Steckbrief, Persönliche Motivation, Persönliche Hauptthemen, Lokaler Klimaschutz, Wiedeneststraße, Verschuldung der Stadt, Moscheeneubau, “Kinder, Jugend und Bildung”, Internet-Ausbau, Freibad, Ärztemangel, Die ersten 100 Tage und Holberg sind in jedem der Interviews zu finden.
Steckbrief
Alter: 39
Zwei Kinder (3 und 13 Jahre alt)
Beruf:
- Seit 01.09.2018 Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters in Bergneustadt
- Vorher: 14 Jahre lang bei der Ausländerbehörde des OBK (Stellvertretender Abteilungsleiter, Sachgebietsleiter im allgemeinen Ausländerrecht)
- 2006-2012 Nebenberuflich Dozent am Südwestfälischen Studieninstitut in Hagen für Buchführung und Kostenrechnung
- Studium der Betriebswirtschaftslehre
- Studierter Diplomverwaltungswirt
Politische Erfahrungen:
- Seit 01.09.2018 Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters in Bergneustadt
- Seit 1997 in der CDU Bergneustadt, auch in der Jungen Union Bergneustadt gewesen
- Bis 2012 Mitglied in Stadtverband
- Stellvertretendes Mitglied im Sozialausschuss, Feuerwehrausschuss, weiteres Engagement ohne Mitglied zu sein
- 2014 Stadtverordneter in Gummersbach
- Geschäftsführer der CDU Gummersbach für vier Jahre (2x 2 Jahre gewählt)
- Für Bergneustadt im Kreisvorstand der CDU
- 2x Schülersprecher am WWG
Matthias Thul ist der einzige Kandidat, der aktuell nicht in Bergneustadt wohnt. Auf die Frage, warum er ausgerechnet in Bergneustadt als Bürgermeister kandidiert, antwortet er: “Ich habe lange Zeit in Bergneustadt gewohnt und wohne quasi an der Grenze, das nächste Dorf bei mir zuhause ist Bergneustadt. Ich bin hier in den Kindergarten und zur Schule gegangen und habe meinen Freundeskreis in Bergneustadt, bin hier in Vereinen, ich war im THW. Das ist für die Menschen, die in und um Lieberhausen wohnen so, die sind offiziell Gummersbacher, orientieren sich aber stark nach Wiedenest und Bergneustadt. Und so ist das bei mir auch.”
Besonders betont Herr Thul die Vielfalt der Stadt. “Bergneustadt ist ein bisschen besonders, also wenn ich es vergleiche mit anderen Kommunen. Es hat eine sehr kleine Fläche und ist dennoch recht vielfältig. Wir haben doch noch recht viel Natur hier, wir haben auch noch kleine Dörfer, traditionelle Dörfer. Und gleichzeitig haben wir ein Stadtzentrum, den Hackenberg mit einer dichten Bebauung und Wiedenest, das ist also erstmal vom städtebaulichen Bild sehr vielfältig.”
Mit Bergneustadt verbindet er außerdem die vielfältige Vereinslandschaft und ein gutes Kulturangebot, gerade für so wenige Einwohner. Er sieht Bergneustadt auch als Einkaufsstadt, überall aus der Umgebung kommen Menschen, um Lebensmittel einzukaufen. Eine Stadt, in der auch sein Freundeskreis zu finden ist.
“Jetzt meint manch einer ja, Bergneustadt besteht nur aus zwei Bevölkerungsgruppen: Ganz viele mit türkischem Migrationshintergrund und ganz viele ‘Ur-Bergneustädter’. Wenn man genau hinschaut, ist das überhaupt nicht so. Wir sind sehr, sehr vielfältig. Wir haben viele Menschen aus Polen, Rumänien, Italien, Griechenland hier. Wir haben aktive niederländische Bewohner, Spanier sind stark vertreten, und das funktioniert ganz reibungslos. Eine große Community haben wir noch von Menschen, die in der ehemaligen Sowjetunion geboren sind, also in Russland, Kasachstan, usw. und das funktioniert ganz gut. Und ich mag das auch gerne. Wenn ich jetzt an Griechen denke wie früher den Jorgo oder das Bowlingcenter, das gehört einfach dazu.”
Persönliche Motivation
Was ist Ihre persönliche Motivation Bürgermeister zu werden?
“Wir haben im Moment einen sehr großen Gestaltungsspielraum wie die Stadt umgebaut wird”, antwortet Herr Thul. Von den Änderungen in der Stadtmitte bis zu Planungen für die Altstadt ist er gut im Bild. Als stellvertretender Bürgermeister hat er an diesen Veränderungen bereits mitgewirkt. “Am Hackenberg haben wir ja gerade bewiesen, dass das gut ist. Da ist viel passiert und da passiert noch viel.”
“Das sind alles Dinge, bei denen man richtig was gestalten kann. Also nicht nur Akten abarbeiten, Anträge bearbeiten, sondern da tut sich was. Und das ist eine super Geschichte und diese Chance habe ich für mich nur in Bergneustadt.” Zu Herrn Thuls Plänen zählt es außerdem, Gewerbegebiete entwickeln, damit sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch weitere positive Entwicklungen einstellen. Auf diese Weise sollen Arbeitsplätze entstehen und das Durchschnittseinkommen gesteigert werden, worauf er später noch weiter eingeht.
Persönliche Hauptthemen
Der Stadtumbau ist insgesamt ein großes Thema für Herrn Thul, aber auch das Miteinander möchte er fördern. Großes Potential sieht er zum Beispiel mit der türkischen Community, besonders in der Zusammenarbeit mit dem Moscheeverband: “Das Thema Moschee-Bau, auch wenn es vielen nicht passt, ist ein wichtiges Thema. Da müssen wir eine Lösung finden”, betont er. “Wir müssen miteinander klar kommen. Ich will nicht von Integration sprechen. Ich glaube nicht, dass wir uns so ganz, ganz hohe Ziele stecken sollten, wenn wir das nicht erreichen können. Aber miteinander besser zurecht kommen.”
Die vorteilhafte Lage Bergneustadts für Unternehmen möchte er außerdem nutzen. “Einen neuen Job schaffe ich nicht als Bürgermeister. Ich schaffe aber vielleicht mit 15 Hektar Gewerbefläche die Möglichkeit, dass sich Firmen ansiedeln und genau das machen.” Die geplante Gewerbefläche wäre die größte neugeschaffene Gewerbefläche im gesamten Oberbergischen Kreis, gut gelegen zwischen A4 und A45 und mit Anbindung Richtung Frankfurt und Köln.
Entgegen vieler anderer Politiker und auch Parteimitgliedern spricht sich Matthias Thul zwar für günstigen Wohnraum, aber nicht für sozialen Wohnungsbau aus. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung sieht er in Bergneustadt viele Sozialwohnungen, weshalb die Kommune einen Bevölkerungsdurchschnitt mit eher niedrigem Einkommen aufweise (Jahreseinkommen von 18.800 Euro). Dieses geringe Einkommen führe dazu, dass eher niedrigpreisige Artikel gekauft werden, was sich negativ auf die Geschäfte im Ort auswirkt. Durch mehr Wohnraum und die neuen Gewerbegebiete ist sein Ziel, das durchschnittliche Einkommen zu erhöhen und somit die Wirtschaft Bergneustadts zu fördern.
Ein weiteres wichtiges Thema stellt für Matthias Thul auch die Ökologie dar. Er bezeichnet sich selbst als Fahrradfan. Beleuchtung, E-Bike-sharing und weitere Nutzungsmöglichkeiten für den Fahrradweg stehen ebenso auf seiner Agenda wie Photovoltaik auf allen städtischen Gebäuden.
Als letzten Punkt betont er noch: “Mir ist es ein Anliegen, weil ich nunmal ein gelernter Verwaltungsfachmann bin, auch die Verwaltung zu modernisieren. Wir sind auf dem Weg dahin, aber es ist noch ein langer Weg. Da ist Digitalisierung ein Stichwort.”
Lokaler Klimaschutz
Zusätzlich zu dem Thema Fahrradwege wurde Herr Thul auch in Hinsicht E-Mobilität befragt. “Ich glaube grundsätzlich, dass E-Mobilität so eine Art Brückentechnologie ist, dass das also für eine gewisse Zeit lang das Maß der Dinge ist, wir irgendwann aber zu einer Wasserstoff-Technik hingehen oder etwas anderem. Aber es ist jetzt noch nicht so. Jetzt ist E-Mobilität an der Reihe, wenn wir über umweltschonende Antriebe sprechen. Alle Dienstwagen, die wir im Rathaus jetzt haben, rüsten wir um auf E-Motoren.”
Außerdem spricht Herr Thul von einem Ladeinfrastrukturkonzept, das gemeinsam mit der Aggerenergie entwickelt wurde, um E-Mobilität für die Bürger attraktiver zu gestalten. Es wurden Standorte für Ladesäulen, insbesondere in Wohngebieten, herausgesucht, die in den nächsten Monaten und Jahren umgesetzt werden sollen. E-Bike-Sharing soll an der Ladesäule in der Stadtmitte entstehen, sowie eine Schnelllade-Struktur.
In Planung ist außerdem ein Klimaschutzmanager, der gemeinsam mit einer anderen Kommune eingestellt werden soll. Die Personalkosten werden zu 90% vom Land gefördert, sodass geringe Personalkosten entstehen. Dieser beschäftigt sich dann mit der Planung und Umsetzung von E-Mobilität, Fahrradmobilität, Artenschutz, Freilegung von Bachläufen und vielem mehr.
Wiedeneststraße
Wie würden Sie derartige Pannen in Zukunft vermeiden?
“Es ist schwierig eine perfekte Verwaltung zu haben, wo keine Fehler passieren. Uns passieren natürlich Fehler, das ist auch normal. Die haben unterschiedlich hohe Auswirkungen und das hatte ein Maximalmaß an Schaden. Das beruht aber auf einem individuellen Fehler eines Mitarbeiters und das kann ich, und das ist überhaupt nicht populär, nie ausschließen, dass es einen Einzelnen gibt, der pennt. Die Systeme das zu kontrollieren führen wir ein: Einen Fristenkataster, wo mehrere einen Blick drauf haben, regelmäßige Rücksprachen natürlich, andere Kontrollmechanismen. Aber es wäre gelogen, wenn ich verspreche, dass nie wieder Fehler passieren. Nicht in der Größenordnung, aber wir müssen da sensibler werden.”
Straßenbauplan und -abrechnungsmaßnahmen gehen in Zukunft zusätzlich an externe Planungsbüros und Rechtsanwälte, um ähnliche Fälle zu vermeiden. “Fehler einzelner Menschen passieren überall. Und ich kann nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass jemandem oder auch mir kein Fehler passiert. Weder im Privaten, noch im Dienstlichen”, betonte Herr Thul.
Wenn Sie an Stelle von Herrn Holberg Bürgermeister gewesen wären: Wie wären Sie damit umgegangen?
“Am Anfang ist die Frage: Gestehen wir den Fehler offensiv ein, also sagen wir gegenüber Politik und Presse: Hier ist ein Fehler passiert und der kommt uns teuer zu stehen oder machen wir das nicht? Hätten wir nichts gemacht, besteht eine große Chance, dass es keiner gemerkt hätte. Dann haben der Bürgermeister und ich gemeinsam entschieden: Nein, wir machen das öffentlich.” Nach Bekanntwerden des Versäumnisses von Fristen hatte Bürgermeister Holberg viel Kritik geerntet. Matthias Thul verteidigt seinen Umgang mit der Panne und steht auch zu seiner Beteiligung daran.
“Deshalb sind wir von Anfang an offensiv gewesen. Damit sind wir auf die Nase gefallen, weil die Parteien im Wahlkampfmodus waren und das ausschlachteten und auch in einer nicht-guten Weise mit dem Bürgermeister umgegangen sind. Aber der Bürgermeister ist da aufrecht gewesen. Das hat natürlich zu Konsequenzen im Rathaus geführt. Die gehen aber niemanden was an, was für Personal Konsequenzen sind. Jeder Mitarbeiter hat auch das Recht darauf, dass seine Personalakte nicht jedermann kennt.” Diese Konsequenzen seien nicht an die Öffentlichkeit gekommen, sie hätten aber stattgefunden, so Thul. Die Aufgabe des Bürgermeisters sei es den Druck auszuhalten, auch wenn er an vielen Stellen nicht fair, sondern übertrieben gewesen sei.
Zusammenfassen schließt er: “Ich würde vielleicht andere Worte finden, aber im Großen und Ganzen ist es richtig gewesen, offen mit dem Problem umzugehen.”
Verschuldung der Stadt
Wenn Bergneustadt ein Unternehmen wäre, würden Sie Insolvenz anmelden?
Die Antwort ist ganz klar: “Jetzt nicht mehr, aber die letzten Jahrzehnte hätte man das gemusst.” Das “negative Eigenkapital” von 14,2 Mio Euro im Jahr 2014 wäre demnach eine “Superinsolvenz”. Seit Ende des Jahres 2019 gäbe es jedoch einen Überschuss von knapp unter 1.000.000 Euro.
“Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben nicht nur einen großen Gewerbesteuerzahler in der Stadt, sondern viele kleinere. Jetzt haben wir die Corona-Krise gehabt. Es gibt Kommunen, die haben nur ein großes Unternehmen. Wenn das Unternehmen keine Gewinne abwirft, hat die Kommune auch keine Einnahmen mehr. Das haben wir nicht. Bei den vielen Kleinen, die wir haben, sind immer welche dabei, die auch jetzt in der Corona-Krise dennoch Steuern zahlen.”
Für die Zukunft setzt Matthias Thul nicht nur auf die bestehenden Unternehmen, sondern auch auf die neuen Gewerbeflächen. “Durch den Ausbau der Gewerbeflächen in so großem Maße, haben wir die Chance viele Unternehmen anzulocken.”
Das besondere an Bergneustadt, so betonte Herr Thul, sei, dass Kultur, Vereine usw. weiterhin funktionieren, ohne dass die Stadt diese finanziell unterstützen könne, und das durch Engagement der Bürger.
Mit welchen Mitteln kann die Grundsteuer B wieder gesenkt werden?
“Wir sind noch Teilnehmer am Stärkungspakt bis ins Jahr 2021. So lange dürfen wir gar nicht, selbst wenn wir wollen, die Grundsteuer senken. Das heißt: Wir müssen für das Jahr 2022 denken. Wir können die Grundsteuer dann senken, wenn wir einen Überschuss erwirtschaften. Das ist uns jetzt vier Jahre hintereinander gelungen. Wenn Corona uns jetzt nicht zu sehr schädigt und wir eine Punktlandung auf 0 machen, vielleicht gelingt es uns für das Jahr 2022 in der Planung auch einen Überschuss zu erwirtschaften.” … “Wenn wir z.B. 50.000 Euro Überschuss erwirtschaften, dann muss ich (sollte ich Bürgermeister sein) dem Rat die Frage stellen: Was wollt ihr jetzt? Wollt ihr, dass die Grundsteuer gesenkt wird oder wollt ihr den Vereinen das Geld zugute kommen lassen? Die Entscheidung trifft der Rat, nicht der Bürgermeister. Der Bürgermeister hat eine Stimme von 33.”
“Ich bin zuversichtlich, dass wir ab dem Jahr 2022 jedes Jahr die Grundsteuer senken können, aber ich kann nicht versprechen um wieviel”, ergänzte er Herr Thul.
Moscheeneubau
Wo sollte Ihrer Ansicht nach eine neue Moschee gebaut werden und warum?
Kritisch, aber dennoch kompromissbereit zeigte sich Matthias Thul zu diesem Thema: “Die Moschee sollte dort gebaut werden, wo zum einen das Baurecht es zulässt, und zum zweiten die Mehrheitsbevölkerung damit leben kann. Das ist abhängig davon, wie groß eine Moschee ist. Jetzt ist im Gespräch die Moschee in der Wiesenstraße umzubauen, dafür gibt es Pläne. Die Pläne sind optisch schön und funktional. Ich weiß aber, auch das Hagebaumarkt-Gelände ist im Gespräch. Wird eine Moschee so groß wie der Hagebaumarkt? Nein, das möchte ich nicht. Oder wird es eine Moschee, die dem Moscheeverein angemessen ist, also angemessen der Mitgliederzahl? Sie haben 500 Mitglieder, immer nur die Männer können Mitglieder sein, das heißt da kommen noch Frauen und Kinder dazu. Wenn sie also eine Moschee für 650 oder 700 Personen wollen und Baurecht besteht, dann kann die dahin. Wenn sie sagen: ‘Für 2000 Personen’, dann nicht, das geht nicht. Das ist glaube ich etwas, das man mit der Bergneustädter Bevölkerung nicht machen kann. Aber das Entscheidende ist glaube ich nicht sich jetzt festzulegen, sondern ins Gespräch zu kommen: Was wollt ihr und was kann man sich vorstellen? Kommen wir zusammen oder kommen wir nicht zusammen? Seit 39 Jahren möchte der Moscheeverein sich verändern. Seit 39 Jahren hat da nichts funktioniert, das hat natürlich auch Gründe im Moscheeverein, aber auch Gründe in der Politik. Jetzt wollen wir uns im Mediationsverfahren, was ja auch seit einem Jahr läuft, darum weiter kümmern. Und wir haben da schon Einigungen erzielt.”
Außerdem betonte Herr Thul: “Wir haben in unserem Grundgesetz die Religionsfreiheit. Und als Christ und auch als Christdemokrat stehe ich auch dafür ein, dass jeder würdig seine Religion leben darf. Das heißt nicht zehn Minarette, das heißt kein Muezzin, aber das wollen sie auch alle gar nicht. Das sind Ängste, die Menschen haben, aber sie wollen so eine Moschee gar nicht. Ich habe den Entwurf nicht dabei, aber die Moschee ist schön, ein großer Vorplatz davor, ein Parkhaus darunter, ein kleiner Brunnen, die Verkehrsregelung wird beachtet, und auch von innen: funktional, nicht übertrieben.”
Kinder, Jugend und Bildung
Zu dem Thema Kinder, Jugend und Bildung betonte Matthias Thul: Es gibt Angebote in verschiedenen Stadtteilen, aber sie werden nicht von allen wahrgenommen. Diese Angebote sollen jedoch noch erweitert werden. Beispielsweise die neue KiTa an der Henneweide mit vier Gruppen für insgesamt 80 Kinder eröffnet am 01.08.2020. Der Spielplatz in der Talstraße soll ebenfalls attraktiver gestaltet werden: Eine Erweiterung, neue Geräte, und insgesamt passend zu dem Charakter einer Altstadt.
Die Schuleingangsuntersuchungen haben Herrn Thul zufolge ein paar Schwächen im Bereich Sprache und Feinmotorik aufgezeigt. Die Kindergärten machen eine gute Arbeit, aber müssen sowohl die Kinder versorgen, als auch ihnen deutsch beibringen und mit ihnen Sport machen. Da alles zusammen nicht funktioniere, hat Herr Thul bereits zwei Kindergärten aus der Stadtmitte bei der Rheinenergie-Stiftung in Köln beworben, für ein Projekt zur Bildungsförderung. Mit diesem Angebot sollen die Kinder auf den Eintritt in die Schule vorbereitet werden, ohne die Kindergärten zusätzlich zu belasten.
Auch für die Jugend sind Angebote geplant: An der BGS durch Kinder, Kunst und Kultur, aber auch im Jägerhof in der Altstadt. Dort soll auch Raum für Jugendliche geschaffen werden, z.B. könnten E-Sport-Turniere veranstaltet werden.
“Wir müssen es schaffen, dass die Angebote, die da sind, bei den Familien ankommen.”
Zu den Schulen meint Herr Thul: “Wenn ich die Bergneustädter Schulen vergleiche mit den umliegenden Schulen, sind wir einfach toll. Die Digitalisierung an unseren Schulen ist einfach so weit wie an anderen Schulen noch nicht.”
Internet-Ausbau
“Es wird keine weißen Flecken mehr geben. Jeder Ort bekommt Glasfaser. Wir haben den Fördermittelbescheid erhalten. Bis zu einem Datum im Jahr 2022 muss der Ausbau und Anschluss fertig sein. Sie fangen dieses Jahr an.” Beginn dieser Arbeiten sollen in Niederrengse stattfinden und anschließend in den Schulen weiteren Orte fortgesetzt werden. Die Strecken werden bereits abgelaufen um festzustellen, ob weitere Vorbereitungen getroffen werden müssen. Glasfaser soll nicht nur bis an die Grundstücksgrenzen, sondern bis in jedes Haus gelegt werden. Das sei mehr Aufwand und dauere länger, aber es komme mehr an.
Freibad
“Das Freibad kann nur ehrenamtlich weiter betrieben werden, es sei denn die Stadt Bergneustadt erwirtschaftet Überschüsse. Dann muss sich der Rat fragen: Was machen wir? Senken wir die Grundsteuer oder wollen wir das Freibad unterstützen? Das ist genau eine der vielen politischen Entscheidungen, die wir treffen müssen. Aber es findet eine Unterstützung des Freibades statt. Die Stadt ist nicht raus, aber jeden Tag an der Kasse stehen müssen die Ehrenamtlichen. Das ist auch eine Errungenschaft der Politik, der Parteien, dass sie es auf diese Weise gerettet haben. Und auch der Banken natürlich.”
Weitere Freizeiteinrichtungen
Zu der Eröffnung weiterer Freizeiteinrichtungen meint Matthias Thul: “Wenn man in Bergneustadt Geld mit einem Kino verdienen kann, dann kommt jemand und baut ein Kino. Wenn aber – das hängt ja auch mit dem Durchschnittseinkommen zusammen – niemand Geld damit verdienen kann, dann baut hier auch niemand ein Kino. Die Stadtverwaltung kann nicht für das Privatvergnügen von allen Menschen verantwortlich sein.” Auch für die Forderungen nach Elektromärkten und Ähnlichem hat er Verständnis, hält sie jedoch nicht für realisierbar, da nicht ausreichend Geld damit verdient werden kann. Jedoch verspricht er: “Wenn das jemand macht, helfe ich eine Woche freiwillig aus im Laden, aber es kommt niemand und fragt danach. Und noch mehr Restaurants? Wir haben die Dinger leer stehen, die können gerne gemietet werden.”
Ärztemangel
In Bergneustadt gibt es immer weniger Ärzte. Wie würden Sie Bergneustadt für Ärzte attraktiver machen?
“Was wir machen können, ist ihnen Formalitäten abzunehmen. Wenn also ein Arzt aus dem Ausland oder aus einem anderen Landkreis hierhin kommt, sagen wir: Okay, wir kümmern uns um einen Kindergartenplatz und wir gucken nach einer Wohnung. Das können wir machen und das tun wir auch. Das ist gar nicht Aufgabe der Stadt, aber das machen wir natürlich schon. Die Frage, ob jemand eine Praxis übernimmt, ist aber keine Frage der Stadtverwaltung, sondern der kassenärztlichen Vereinigung.”
Fördermöglichkeiten sieht er allerdings: “Wenn wir mehr Geld hätten, könnten wir uns ja auch überlegen so etwas zu bezuschussen. Das Geld ist nicht da. Wenn wir das Geld irgendwann haben, wird der Rat sich wieder entscheiden müssen: Will er an die Grundsteuer ran oder will er es da rein stecken?”
Die Priorität setzt er allerdings auf die Grundsteuer: “Ich würde die Grundsteuer gerne erstmal auf ein Durchschnittsmaß runtersenken, weil sie von allen oder von vielen getragen werden muss.”
Die ersten 100 Tage
Welche drei Ziele haben Sie in den ersten 100 Tagen Ihrer Amtszeit?
“Ich möchte gerne einen Zuschlag für die Regionale 2025 bekommen innerhalb der ersten 100 Tage. Ich möchte den A-Stempel, die höchste Förderstufe, bekommen für die Altstadt und Innenstadt.”
Außerdem ist es Matthias Thul ein Anliegen, die Bürgermeistersprechstunde wieder einzuführen, also feste Termine im Monat, bei denen die Bürger im persönlichen Gespräch mit dem Bürgermeister sein können. “Der jetzige Bürgermeister macht das auch, nur nicht an festen Terminen. Wer anruft, bekommt einen Termin. Das ist keine Kritik an ihm, aber ich würde das gerne an festen Terminen machen.”
Zu guter letzt weiß er: “In den ersten 100 Tagen müssen wir den Haushalt aufstellen, ob ich das will oder nicht.” Mitglieder des neuen Rates sollten seiner Ansicht nach geschult werden, bevor in den Fachthemen die Arbeit begonnen wird, daher wünscht er sich eine Grundschulung gerade für diejenigen, die neu in der Politik sind.
Wilfried Holberg
Was wird in den Geschichtsbüchern über Herrn Holberg stehen?
“Da wird drin stehen: Erfolgreiche Bewerbung für die Regionale 2025. Da wird drin stehen: Der Schuldenabbau von über 14 Millionen Euro. Und da wird drin stehen: Die Beendigung der unleidigen Derivategeschäfte von früheren politisch verantwortlichen Menschen. Da wird drin stehen: Die Einleitung eines Mediationsverfahrens in Bergneustadt mit dem Moscheeverein. Da wird drin stehen: Eine massive Förderung der Feuerwehr, ein Innenstadtumbau, ein angefangener Umbau auf dem Hackenberg. Da wird auch drin stehen: Die Schaffung von Gewerbeflächen. Er hat in sechs Jahren sehr viel gemacht. Honoriert wird es aber nicht. Leider. Wegen der Wiedeneststraße.”
Wie würden Sie als gewählter neuer Bürgermeister Herrn Holberg verabschieden?
“Mit einer ganz herzlichen Umarmung und dem Wunsch, dass er im Herzen und mit vielen Besuchen der Stadt treu bleibt.”
Autorin: Amei Schüttler