Bergneustadt – Im Vorfeld der Kommunalwahlen am 13. September 2020 wurden zwei der Bürgermeisterkandidaten für Bergneustadt zu verschiedenen Themen interviewt. Insgesamt vier Kandidaten stehen zur Wahl: Matthias Thul (CDU), JeJens-Holger Pütza> (UWG), Thomas Stamm (SPD) und Wolfgang Lenz (FDP). Da mit Herr Lenz gesundheitsbedingt leider kein Termin zustande kam und Herr Stamm auch auf mehrfache Nachfragen nicht reagierte, finden Sie bei uns Interviews mit Herrn Pütz und Herrn Thul. Die Interviews sind umfangreich, jedoch thematisch sortiert: Die Bereiche Steckbrief, Persönliche Motivation, Persönliche Hauptthemen, Lokaler Klimaschutz, Wiedeneststraße, Verschuldung der Stadt, Moscheeneubau, “Kinder, Jugend und Bildung”, Internet-Ausbau, Freibad, Ärztemangel, Die ersten 100 Tage und Holberg sind in jedem der Interviews zu finden.
Das Interview mit Herrn Thul finden Sie hier.
Steckbrief
Alter: 56
Vier Kinder (14, 19, 23 und 25 Jahre alt)
In Bergneustadt geboren, bis auf 3 Jahre das ganze Leben in Bergneustadt gewohnt
Beruf:
- Diplomkaufmann mit Schwerpunkt Finanzierung in Siegen
- Selbstständigkeit im Bereich Einfamilienhaus- und Gewerbefinanzierung
- In Vereinen engagiert
Politische Erfahrungen:
- 1988 Beginn in Ausschüssen in Bergneustadt und im Oberbergischen Kreis
- 12 Jahre lang Vorsitz der Jungen Union Bergneustadt
- 1991 erstmals im Stadtrat (Fraktionsführer der CDU)
- 1999 Austritt wegen Fraktionszwang, UWG-Eintritt
- Zwischendurch für ein paar Jahre im Kreistag
- Kandidatur für den Landtag mit einer Stimme verloren
“Ich lasse mich nicht verbiegen. Wenn ich eine Meinung habe, dann ist das so”, äußerte sich Herr Pütz.
Dass Herrn Pütz viel mit der Stadt verbindet, merkt man: “Mir liegt die Stadt am Herzen und ich habe sie im Herzen. Ich bin hier geboren und groß geworden, habe ein Leben lang hier gewohnt, eine Familie gegründet und es war für mich auch nie eine Frage irgendwo anders hinzugehen. Mit einer der schönsten Teile sind die Außen-Ortschaften wie Belmicke, Baldenberg, Neuenothe, obwohl ich ja jetzt im Zentrum wohne, aber die kleinen Ortschaften machen es aus. Die Altstadt ist für mich der Kern von Bergneustadt, dieses historische auch. Die kleinen Ortschaften liegen mir sehr am Herzen und auch das Vereinsleben.”
Persönliche Motivation
Was ist Ihre persönliche Motivation Bürgermeister zu werden?
“Ich möchte für meine Heimatstadt mehr erreichen und sie noch weiter nach vorne bringen. Da liegt mir ganz besonders wieder die Altstadt am Herzen. Da haben wir dieses Projekt mit den Fördermitteln, was wir gestern im Rat noch besprochen haben, dass sie auch erhalten bleibt. Und dass sie auch erhalten bleibt, wie sie ist und nicht verändert wird. Da ist eine gute Sache, dass wir den Jägerhof erhalten können.
Was noch wichtig ist, aber auch schwer genug, dass wir versuchen noch Unternehmen in die Stadt zu kriegen, damit wir Arbeitsplätze und vor allem auch Ausbildungsplätze haben und auch den Unternehmen, die da sind, helfen, dass das so bleibt. Das ist auch schwierig genug.
Was mir ganz, ganz wichtig ist, ist zum Beispiel oben in der Henneweide der Aldi-Markt. Der Bürgermeister und die Mehrheit haben ja die ‘neue Mitte’ propagiert. Ich finde einen Aldi-Markt in der Stadtmitte nicht sinnvoll. Da hätte ich mir auch etwas anderes vorstellen können, vielleicht auch ein Geschäft, das wir nicht haben. Elektrobereich, Tiernahrung, da hätte es bestimmt Möglichkeiten gegeben. Und weil es schon absehbar war, wenn er in die Stadtmitte geht, werden die Menschen an der Henneweide oben keinen Markt mehr haben. Und dort leben sehr viele ältere Menschen. Das ist ein Problem. Ein Lebensmittelmarkt ist dort wichtig für die Menschen.
Die Friedhöfe sind außerdem in einem schlechten Zustand. Auch um solche Sachen muss sich gekümmert werden. Ich habe mich letztens richtig erschrocken, das Unkraut wuchert dort überall.
Was mir wichtig war, was wir auch auf einen guten Weg gebracht haben, war, dass wir das dreigliedrige Schulsystem halten konnten. Da sollte damals Hauptschule dicht gemacht werden, um aus der Realschule eine Sekundarschule zu machen. Da haben wir es geschafft, obwohl wir als einzige den Antrag gestellt haben, eine Eltern-Umfrage durchzusetzen. Und die Eltern haben sich zu 75% dafür ausgesprochen, dass es so bleibt wie es war. Und auch die katholische Grundschule sollte geschlossen werden, die haben wir jetzt als Teilstandort erhalten können. Das war den Menschen wichtig.”
Persönliche Hauptthemen
“Wir haben verschiedene Hauptthemen. Die untragbar hohe Grundsteuer B natürlich, die wir versuchen müssen zu senken. Ganz wichtig für mich ist natürlich auch der Lebensmittelmarkt in der Henneweide. Außerdem noch das Thema Internetausbau. In Neuenothe habe ich keinen Empfang, ich kann nichtmals telefonieren.”
Herr Pütz betont außerdem die Wichtigkeit das Freibad weiter zu erhalten und zu unterstützen. “Das ist auf einem guten Weg mit Verträgen mit der Sparkasse.” Außerdem möchte er mehr Unterstützung für die Vereine Bergneustadts.
Lokaler Klimaschutz
“Es gibt für viele Sachen Fördertöpfe”, berichtet Jens-Holger Pütz. “Der Radweg wird super angenommen. Ich finde es gut, dass wir das mit der Beleuchtung auf dem Weg geschafft haben, mit einer heimischen Firma. Was wir noch ein bisschen gucken müssen, ist mit der Müllentsorgung auf dem Weg. Ob da mal Glas herumliegt oder Müll, da muss wirklich noch etwas gemacht werden. Man könnte die Fahrradwege, die wir jetzt haben, auch noch ausbauen. Was ich in Münster zum Beispiel gut fand, war, dass die Fahrradfahrer vor Ampeln einen eigenen Bereich haben, in dem sie stehen können. Diese Fahrradschutzstreifen, die wir in der Talstraße zum Beispiel haben, finde ich aber teilweise ein bisschen gefährlich.”
“Bei den Wäldern muss einiges wieder aufgeforstet werden, vielleicht so, dass man eher wieder in Richtung Laubwald geht. Auf jeden Fall muss da viel gemacht werden. Die Wälder sind erschreckend im Moment”, meint Herr Pütz.
“In Bergneustadt würde ich viel mehr Photovoltaik einsetzen. Bei der Feuerwehr haben wir es ja zum Beispiel schon gemacht. Ich verstehe nicht, warum wir das beim Rathaus nicht direkt gemacht haben. Das hätte sich angeboten und das hätten wir auch gedurft. Bei Windrädern ist dann wieder die Frage, da spricht dann wieder der Tierschützer aus mir, weil da wieder Vögel – auch gefährdete Arten – reinkommen und ob wir hier die Flächen haben. Da würde ich doch eher auf Sonnenenergie gehen.”
Über E-Mobilität hat auch Herr Pütz sich informiert. Die Technologie hält er beinahe schon wieder für überholt. “Ich würde eher in Richtung Wasserstoff gehen”, verrät er. “Das halte ich für noch umweltschonender als E-Autos. Gerade wenn ich überlege, wie die Batterien hergestellt werden und wie die Rohstoffe dafür abgebaut werden. Wenn die Sachen erst einmal hergestellt sind, ist es natürlich eine tolle Sache. Aber die Speichermöglichkeiten sind noch nicht da und man muss so ein Auto acht Jahre fahren, damit sich das rentiert.
Für die Radfahrer würde ich mehr machen. Bei der Frequenz, mit der der Radweg genutzt wird, wäre zu überlegen, ob man auch ein paar Fahrräder anschafft, die man sich ausleihen kann.” Eine Überlegung wert wären laut Herrn Pütz auch E-Roller, wie man sie aus Großstädten kennt, die ausgeliehen werden könnten.
“Wir haben auch schon über E-Busse gesprochen. Da haben wir im Moment noch das Problem: Wenn man sie aufladen will, muss man zur Kreisgrenze im Nordkreis fahren, weil wir hier keine Aufladestation haben. Auch da muss noch einiges gemacht werden, in den Orten oder auf Kreisebene, um da auch einige Säulen mehr zu haben.”
Wiedeneststraße
Jens-Holger Pütz bezieht klare Stellung zu diesem Thema: “Ich habe bis heute eine sehr harte Meinung dazu. Der Fehler ist nicht in erster Linie die Schuld von Bürgermeister Holberg, aber wenn ich mir diesen Fehler in der Wirtschaft vorstelle, dann wäre der Chef mit ziemlicher Sicherheit weg gewesen. Wenn ich also eine Straße baue, dann habe ich vier Jahre Zeit die abzurechnen. Der Mitarbeiter war hinterher dauerkrank. Als Chef weiß ich doch generell, dass dieser Mitarbeiter die Abrechnungen alleine macht. Wenn der fehlt und man weiß, man muss ein paar Straßen abrechnen, dann gucke ich doch umso mehr, ob das läuft. In Nachbarkommunen habe ich mich erkundigt, die holen sich von außen Leute dazu, die die Abrechnungen machen. 2017 war ich im Ausschuss dabei und wir haben gefragt: Müssen wir irgendwas abrechnen? Nicht, dass wir Fristen versäumen – ‘Nein, das ist alles im Fluss’. Und anderthalb Jahre später ist aus diesem ‘Alles im Fluss’ dieser Schaden entstanden. Und der Schaden ist im Moment nur so gering, weil wir jedes Jahr 15.000 Euro abschreiben – über 50 Jahre. Das Geld ist trotzdem weg. Das hätte nie passieren dürfen.”
Außerdem kritisiert er in diesem Zusammenhang: “Für mich ist auch ganz wichtig, und das sage ich auch schon seit Jahren: Ein Bürgermeister entscheidet ganz anders, wenn er in der Stadt wohnt. Dann ist er selbst betroffen.”
Wie würden Sie derartige Pannen in Zukunft vermeiden?
“Wo Menschen sind, werden Fehler gemacht. Jetzt wurde ein neues System eingeführt, das automatisch Warnmeldungen raus gibt, wenn noch etwas abgerechnet werden muss. Trotzdem ist da die Gefahr dabei: Ein Mensch gibt die Sachen ein und er kann auch vergessen etwas einzugeben. Ich finde das schon besser als vorher, weil die Abteilungsleiter dann auch die Info bekommen, aber es ist schwierig das noch zu verfeinern. Vielleicht muss da eine doppelte Kontrolle sein, dass alles richtig eingegeben wird.
Jetzt hat die Versicherung auch etwas getragen, aber nur 100.000 Euro. Dann gebe ich vielleicht lieber ein bisschen mehr Geld für den Beitrag aus, denn bei Bauprojekten sind 100.000 Euro gar nichts. Davon gehen noch 10% Selbsterhalt runter, dann sind wir bei 90.000 Euro. Das ist wenigstens ein bisschen was von der Summe, aber alles in allem ist es nie wieder gutzumachen.”
Wenn Sie an Stelle von Herrn Holberg Bürgermeister gewesen wären: Wie wären Sie damit umgegangen?
“Ich hätte die Parteispitzen zusammengerufen, hätte den Fehler erklärt. Letztendlich bin ich als Chef immer verantwortlich, auch wenn ich nicht direkt Chef dieser Abteilung bin. Und dann hätte ich gesagt: Hört mal, wir werden den Abteilungsleiter, der zuständig war, versetzen oder vom Alter her jetzt in den Ruhestand schicken und ich biete meinen Rücktritt an. ‘Einfach so weiter’ fand ich als Bürger nicht genug.”
Verschuldung der Stadt
Wenn Bergneustadt ein Unternehmen wäre, würden Sie Insolvenz anmelden?
“Die letzten sechs Jahre haben wir durch drastische Sparmaßnahmen den Schuldenberg heruntergefahren von damals knapp 14,2 Millionen (2014) bis jetzt auf ein ganz knappes Plus in 2019 von einer knappen Million. Da haben wir toll gearbeitet. Klar kann sich das der Bürgermeister mit der Politik auf die Fahne schreiben, aber man darf nie vergessen: Der Bürger hat mit seinen 959% Grundsteuer B ganz wesentlich dazu beigetragen. Das sind im Jahr über drei Millionen Euro Grundsteuer. Von daher kann man sagen: Es geht wieder aufwärts, aber jetzt ist auch Corona gekommen. Corona wirkt sich massiv auf die Gewerbesteuer aus und wenn das so weitergeht, werden wir Ende des Jahres bei drei oder vier Millionen im Minus liegen.
Ich würde keine Insolvenz anmelden. Ich würde versuchen – auch mit neuem Gewerbe, die wir nach Bergneustadt holen, über die Gewerbesteuer versuchen zu schaffen. Bei vielen habe ich das Gefühl, dass zu leichtfertig mit öffentlichen Geldern umgegangen wird.”
Mit welchen Mitteln kann die Grundsteuer B wieder gesenkt werden?
“Ich hoffe, dass wir Zuschüsse bekommen, damit wir nicht unverschuldet durch Corona wieder ins Minus kommen. Wenn man so weiter wirtschaften würde, würde das Eigenkapital wieder steigen. Wenn man dann ein wenig Rücklagen hat, ist die Senkung der Grundsteuer B kein mittelfristiges, es muss ein kurzfristiges Ziel sein. Man muss natürlich auch die Möglichkeiten in Richtung Kreis, Bezirksregierung und Land nutzen. Notfalls wird auch noch einmal eine Demo auf die Beine gestellt. Da muss schnellstens was gemacht werden.”
Moscheeneubau
Wo sollte Ihrer Ansicht nach eine neue Moschee gebaut werden und warum?
“Nirgendwo in Bergneustadt. Wir sind sehr vielfältig. Wir haben die Türken und wir haben die Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind. Ich habe festgestellt, dass die sich untereinander auch nicht so verstehen. Die Moschee wird überwiegend von der türkischen Bevölkerung genutzt. Sie haben ein Anzahl der Gemeindemitglieder von 385 (Stand 2018). Dann haben sie Vorstellungen eine Moschee für 1500 Leute zu bauen, wo ich dann ganz klar sage: Das hört sich für mich an wie ein Zentrum zwischen Köln und Siegen. Ich möchte hier nicht jedes Wochenende Hochzeiten haben, wo die Straßen blockiert werden.”
Jens-Holger Pütz berichtet auch über seine Erfahrungen im Ausländerbeirat und auch am Runden Tisch Integration. “Da kamen sehr oft immer nur Forderungen, aber ein bisschen was zurückgeben, sei es über die Feuerwehr oder das THW – nichts.”
“Wir würden als UWG unterstützen, dass sie dort oben, wo sie sind, alles modernisieren können, vernünftig ihre Räume aufbauen können. Natürlich in Absprache mit der Wirtschaft nebenan, die darf davon nicht beeinträchtigt werden. Die ist in Bergneustadt lebenswichtig, da sind wir wieder bei den Themen Arbeitsplätze und Gewerbesteuer. Eine neue Moschee an einem anderen Ort lehne ich deshalb ab, weil es eine DITIB-Gemeinde ist. Die DITIB wird vom türkischen Staat finanziert. Der türkische Staat ist Erdogan. Und Erdogan ist für mich ein Diktator. Er will seine Sachen über die DITIB vermitteln und durchsetzen. Daher: Vor Ort unterstützen ja, aber einen Neubau würde ich ablehnen.”
Kinder, Jugend und Bildung
Im Thema Bildung scheint Herr Pütz sich gut auszukennen: “Bei der Bildung war uns sehr wichtig, dass wir weiterhin Realschule, Hauptschule und Gymnasium hier haben und halten. Das haben wir mit den Eltern auch geschafft. Bei den Grundschulen ist es auch wichtig, dass wir den Teilstandort ‘katholisch’ noch haben. Ich weiß bis heute nicht, warum die anderen Parteien das nicht wollten.
Nach wie vor haben wir gute Bildungsangebote in Bergneustadt. Natürlich pendeln immer noch Schüler aus, das wird man auch nie verhindern können. Es pendeln aber auch welche herein. Es hält sich als fast die Waage.
Die Erwachsenenbildung ist immer mehr zurückgegangen. Das mag auch daran liegen, dass immer mehr technisiert über Computer läuft. Aber ein paar Kurse gibt es auch immer noch in Bergneustadt.
Was für die Jugendlichen immer noch fehlt, ist etwas wie das Dietrich-Bonhoeffer-Heim. Einen Ort, wo man sich mit Gleichaltrigen treffen kann, wo man quatschen, erzählen, feiern kann, das fehlt total in Bergneustadt.” Eine Zusammenarbeit kann sich Jens-Holger Pütz in diesem Zusammenhang auch mit den Kirchen vorstellen. “Das können wir nur mit Partnern zusammen machen, weil das Geld einfach fehlt.”
“Was vielleicht auch noch fehlt, sind Bolzplätze. Früher wurde viel Fußball gespielt. Das ist heute wohl nicht mehr so, wie es früher war.” Herr Pütz wünscht sich mehr Möglichkeiten für die Jugendlichen Fußball zu spielen. Zwar gibt es den einen oder anderen Platz in Bergneustadt, aber gerade in Richtung Zentrum fehlen ihm diese Möglichkeiten. In die Bereiche, die etwas außerhalb der Stadt liegen, kommen die Jugendlichen nicht so leicht.
Internet-Ausbau
“Die Internetverbindung ist inzwischen sogar für viele wichtiger als die Grundsteuer B”, merkt Jens-Holger Pütz an.
“Die Verträge mit der Telekom sind letztes Jahr im Juli unterschrieben worden. Die Telekom hat jetzt drei Jahre Zeit das umzusetzen. Es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass sie drei Jahre warten, bis sie damit anfangen. Die Menschen wollen das lieber gestern als heute haben. Da muss man versuchen, dass das schneller umgesetzt wird, vielleicht sogar schon dieses Jahr anfangen, damit die Leute auch mal sehen können: Da sind die Bagger und da geht es jetzt los. Damit man auch mal visuell zeigen kann: Da passiert jetzt was.”
Freibad
“Die Schwierigkeit bei uns ist aufgrund der Größe der Stadt, dass es schwierig für einen Selbstständigen ist es zu betreiben. Die Saison ist meist begrenzt von Mai bis August, deshalb kann man nicht so viel einnehmen. Wir haben ja auch schon Schwierigkeiten Bademeister zu bekommen, weil das auch nur ein Saison-Job ist. Wenn die von der Stadt kommen, machen sie eben in dem Rest der Zeit etwas anderes.
Das Freibad wird wieder einen großen Zuschuss brauchen. Das ist für mich aber ein Betrag, der gut angelegt ist, weil nicht alle Familien mit Kindern im Sommer in den Urlaub fahren können. Wenn das Freibad nicht wäre, wo sollten sie noch hin? Mit kleinen Kindern an der Agger ist es ein bisschen gefährlich. Da kann man als Jugendlicher hin. Deshalb finde ich es aus dem sozialen Gesichtspunkt unheimlich wichtig, dass wir das Freibad halten. Der Zuschuss muss deshalb im Haushalt drin sein.”
Ärztemangel
In Bergneustadt gibt es immer weniger Ärzte. Wie würden Sie Bergneustadt für Ärzte attraktiver machen?
“Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich bin froh, dass wir gute Nachfolger für die Kinderärzte am Rathausplatz gefunden haben. Es ist immer schwer Leute auf das Land zu bekommen. Wenn man als Stadt Ärzte lockt, will man auch, dass die Familien mitkommen, man sich hier niederlässt und nicht abends wieder auspendelt. Da müssen die gesamten Voraussetzungen der Stadt für stimmen, von der gesamten Infrastruktur. Geschäfte, Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Freizeitangebote, alles muss stimmen – oder man lockt mit Geld. Es gibt Gemeinden, zahlt man dann vier Jahre keine Steuern oder ähnliches. Da gibt es verschiedene Sachen. Das können wir im Moment natürlich noch nicht machen. Das sind für Familien aber ganz wichtige Punkte, dass das Umfeld auch stimmt.”
Die ersten 100 Tage
Welche drei Ziele haben Sie in den ersten 100 Tagen Ihrer Amtszeit?
“Die Ziele, die ich formuliert habe, strebe ich natürlich ab dem ersten Tag an, viele davon lassen sich aber in 100 Tagen nicht umsetzen. Die Grundsteuer B zu senken ist ein langer Weg, auf dem man viele Gespräche führen muss.
Auch die Gespräche mit einem Lebensmittelmarkt als Nachfolger von Aldi in der Henneweide ist ein ganz wichtiger Punkt und ganz oben auf der Liste. Genauso wie den Internetausbau ein wenig zu beschleunigen”, betont Herr Pütz.
“Was sofort gemacht werden könnte, sind die Friedhöfe, dass das wieder in einem vernünftigem Zustand ist. Die anderen Sachen – Schule, Freibad, usw. – die laufen ja im Moment. Auf jeden Fall sollen die Bürger mitgenommen werden, sodass man sich kennt, schätzt und gut miteinander umgeht.”
Holberg
Was wird in den Geschichtsbüchern über Herrn Holberg stehen?
“Es ist nicht sein Verdienst allein, sondern der Verdienst der Bürger mit der Politik, dem Bürgermeister und der Verwaltung natürlich, dass wir es geschafft haben den Haushalt – leider mit der hohen Grundsteuer B – von Minus 14,2 Millionen auf knapp Plus eine Million zu bringen. Was für mich hauptsächlich drin stehen würde: Einmal natürlich ganz klar die Wiedeneststraße. So ein monumentaler Fehler hätte niemals passieren dürfen. Da sehe ich auch ein bisschen, dass er die Verwaltung nicht so im Griff hatte. Und was ich drin stehen hätte: Die Kommunikation von ihm zur Politik, und das zieht sich wie ein roter Faden durch das Ganze, die war sehr, sehr schlecht.”
Wie würden Sie als gewählter neuer Bürgermeister Herrn Holberg verabschieden?
“Natürlich müsste und würde ich ihn verabschieden. Ich würde ihm auch noch ein Präsent überreichen und mich vorher auch erkundigen, was er vielleicht gerne mag. Aber viel Lob oder Überschwängliches wäre nicht dabei. Ich habe eher negative Erlebnisse mit ihm gehabt, aber die Etikette würde ich selbstverständlich wahren. Höflich und distanziert.”
Autorin: Amei Schüttler