Marienheide – „Burnout – Modeerscheinung oder ernsthafte Erkrankung?“, so lautete das Thema des diesjährigen Empfangs für die heimische Wirtschaft.
Marienheides Bürgermeister, Herr Stefan Meisenberg, lud am 26. März 2015 ins Veranstaltungs- und Kongresszentrum der Klinik Marienheide ein, wo man sich der stets aktuellen Thematik „Burnout“ an diesem Abend annahm. Hierfür verantwortlich zeichnete sich in allererster Linie Dr. Karsten Wolf, seines Zeichens Chefarzt und Leiter des Zentrums für Seelische Gesundheit innerhalb der Klinik Marienheide. Dr. Wolfs Festrede fesselte die anwesenden Besucher von Anfang bis Ende und zeigte auf, warum der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vom Magazin „Focus“ in die Rangliste der Top-Mediziner 2014 aufgenommen wurde.
Mit einem lachenden sowie einem weinenden Auge (angesichts der Tragödie um den Flugzeugabsturz) begrüßte das Gemeindeoberhaupt Stefan Meisenberg die in etwa 230 Gäste. Unter diesen Gästen befand sich neben dem Initiator und ehemaligen Bürgermeister Uwe Töpfer auch der Kreisdirektor Jochen Hagt, der Landtagsabgeordnete Dr. Roland Adelmann, der stellvertretende Landrat Friedrich Wilke sowie die stellvertretende Landrätin Monika Hüttenmeister. Darüber hinaus waren die Wirtschaftsjuroren des Oberbergischen Kreises, GTC-Geschäftsführerin Susanne Roll, etliche Ärzte und Vereine sowie die Bürgermeister von Engelskirchen, Hückeswagen und Wiehl gekommen, um an dem interessanten Thema, das uns alle betreffen kann, Teil zu haben. Auch die beiden stellvertretenden Bürgermeister von Marienheide, Timo Fuchs (CDU) und Sven Wottrich (SPD), waren zugegen und lauschten gespannt.
Bevor Herr Dr. Wolf mit seinen Ausführungen zu Wort kam, begrüßten zudem noch Sascha Klein (Geschäftsführer der Klinikum Oberberg GmbH) und Dr. Klaus Tiedeken (Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Köln) stellvertretend für ihre Institutionen (die als Unterstützer der Veranstaltung fungierten) die geladenen Zuhörer.
Mit ein paar Zeilen des deutschen Dichters Eugen Roth („Memento Mori“) stieg dann Herr Dr. Wolf in seinen mit Spannung erwarteten Vortrag ein. Die berühmten Worte des Lyrikers bildeten hierbei die perfekte Brücke zur Erkenntnis, dass ein Burnout keine Krankheit ist. Vielmehr spricht man beim Burnout von einem Risikozustand, herbeigeführt durch Arbeitsüberlastung (intoleranten chronischen Stress).
Ursächlich für das Burnout sind in erster Linie Depressionen. Nachdem vor zehn Jahren „nur“ 1,5% der Menschen von Depressionen betroffen waren, sind es mittlerweile gut 4,5%, die damit zu kämpfen haben. Die Depression selbst wird in drei Episoden eingeteilt. 50% der Betroffenen erkranken nach der ersten Episode erneut an Depressionen. Nach der zweiten Episode gilt der Patient als suizidgefährdet. Daher gilt es, Depressionen schnellstmöglich zu erkennen und zu behandeln.
Unser Gehirn kann mit kurzzeitigem, akutem Stress gut umgehen, das hat es im Laufe der Evolution gelernt. Was unser Gehirn aber in den 2 Millionen Jahren nicht gelernt hat: mit chronischem Stress zurechtzukommen.
Das Burnout-Syndrom ist eine Folge der Industrialisierung – unserer mittlerweile doch sehr arbeitsreichen, von Tempo geprägten Welt. Aber wie kommt es zu einer Depression und in Folge dessen zu einem Burnout?
Einerseits sind Depressionen in unserer Genetik veranlagt, andererseits in der Epigenetik (Umwelteinflüsse in unserer Kindheit). Unsichere Bindung, emotionale wie auch körperliche Verwahrlosung, Missbrauch und Ähnliches sind hier zu nennen.
Eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für Depressionen ist bei der Verknüpfung des sogenannten S/S-Gens mit einer unsicheren Bindung gegeben. In einem kurzen Video wurde hierzu das „Still Face-Experiment“ von Dr. Edward Tronick vorgestellt. Die Untersuchung befasst sich damit, wie ein Baby innerhalb von zwei Minuten auf die regungslose Mine seiner Mutter reagiert. Anhand dieser Bilder kann man sich gut ausmalen, wozu es führt, wenn ein Baby/Kleinkind über Jahre hinweg keinerlei Bindung aufbauen kann.
Auch individueller chronischer Stress führt zu Depressionen und Angstzuständen. Eine hohe, dauerhafte Arbeitsintensität und eine geringe soziale Unterstützung sind hierbei schlechte persönliche Voraussetzungen.
Mangelnde Wertschätzung spielt ebenfalls eine Rolle. Ausbleibende oder geringe Gratifikationen sowie fehlendes Lob vom Vorgesetzten führen nicht selten auf die „depressive Bahn“. Arbeitsplatzunsicherheit, Organisationsstress, lange Arbeitszeiten und Schichtdienst sind hingegen eher Nebenfaktoren, die nicht zwingend zu Depressionen führen müssen.
Bei vorstehenden Gegebenheiten sollte nach Möglichkeit der Dialog gesucht werden, bevor der Mitarbeiter seelischen Schaden nimmt. Eventuell ist die entsprechende Person nicht für den Einsatzbereich geeignet und kann ihre Stärken an anderer Stelle besser zur Geltung bringen.
Mit diesen abschließenden Worten beendete Herr Dr. Wolf schließlich seinen Vortrag, bevor er sich im Gästebuch der Gemeinde Marienheide verewigte.
Das folgende Schlusswort behielt sich Herr Meisenberg vor; er bedankte sich herzlich bei allen Mitwirkenden sowie der Organisatorin Susanne Schorde.
Musikvorträge wie „What a wonderful world“, „Strangers in the night“ oder „All the things you are“ lockerten die Veranstaltung mit ihrem nicht ganz so einfachen Thema merklich auf.
Im Anschluss an das umfangreiche offizielle Programm wurde ein kleiner Imbiss gereicht und die restliche Zeit von den Anwesenden zum regen Gedankenaustausch genutzt.
Auch in 2015 kann mit Recht von einem erfolgreichen Jahresempfang für die heimische Wirtschaft gesprochen werden.
Text: Alexandra Rüsche
Fotos: Andrea Kotis