Am Ende war die Ernüchterung groß in der gut gefüllten SCHWALBE arena nach der völlig verdienten Niederlage gegen die Gäste aus Melsungen. Es waren einfach deutlich zu viele Fehler im heutigen VfL-Spiel erkennbar, Fehler in allen Bereichen und auch eine große Portion Nervosität, die man den Mannen von Emir Kurtagic in einigen Aktionen anmerkte. Die Einstellung war sicherlich nicht das Problem, denn nach dem Wiederanpfiff hatte man sich erkennbar viel vorgenommen. Mit dem ersten Angriff erzielte der beste Offensivspieler des VfL Evgeni Pevnov das 13:16. Pevnov war es dann auch, der den VfL nach einem gehaltenen Siebenmeter von Carsten Lichtlein mit seinem Tor zum 15:17 (35.) auf zwei Tore heranführte. Kévyyn Nyokas gelang dies mit dem 16:18 (38.) ein weiteres Mal, ehe sich das Blatt wieder wenden sollte.
Durch drei Treffer in Folge erhöhte der Gast auf 16:21 (43.) und die Hoffnungen der Gastgeber schwanden wieder. Neben einer unnötigen Zeitstrafe – produziert von Kévyyn Nyokas – waren es in dieser Phase leichteste Fehler im Angriff, die dem VfL das Genick brachen. Nach knapp 47 Minuten hatte Kurtagic bereits seine zweite Auszeit in Durchgang zwei genommen, und trotz des Rückstands von 18:23 blieb noch Zeit genug für die Wende. Zehn Minuten vor Schluss verkürzte Andreas Schröder noch einmal auf 20:24, ehe er Sekunden später einen Gegenstoß an die Latte setzte.
Mit diesem Fehlwurf senkten sich dann die Köpfe der VfL-Spieler und nun glaubte keiner mehr so richtig an die Wende. Zu groß war der Unterschiede beider Mannschaften am heutigen Abend. In der Schlussphase konnten die Gäste den Vorsprung sogar noch ausbauen, während der VfL teilweise hilflos im Angriff agierte. Nervosität und Verunsicherung waren nun greifbar und spätestens jetzt schien auch der letzte VfL-Akteur und Zuschauer gemerkt zu haben, in welch prekärer Situation die Oberberger aktuell stecken.
Beide Mannschaften legten in dieser Partie temporeich los und ließen die beiden Torhüter nicht ins Spiel kommen. Nach weniger als sechs Minuten stand es bereits 4:4, wobei Evgeni Pevnov zweimal gekonnt am Kreis in Szene gesetzt wurde. In den folgenden Minuten schlichen sich dann die ersten Fehler ins Offensivspiel beider Teams ein, und leider machte der heimische VfL den Anfang. Nach dem 4:5 durch Nationalspieler Michael Allendorf, ermöglichte Gummersbach den Gästen durch einen Gegenstoß und einen weiteren Treffer aus dem Positionsangriff die Tore zum 4:6 und 4:7. Grund genug für VfL-Trainer Emir Kurtagic, die erste Auszeit zu nehmen.
In der Folgezeit präsentierte sich der VfL wieder etwas sortierter. In dieser Phase war es allerdings in erster Linie Kévyyn Nyokas, der sein Team mit Einzelaktionen in der Partie hielt. Innerhalb von gut drei Minuten schoss der Franzose gleich Treffer und ermöglichte der Heimmannschaft das 8:10. Melsungen ließ sich aber ebenfalls nicht lange bitten und spielte seine ganze Routine und Cleverness aus. Rechtsaußen Haenen erzielte im Nachwurf vom Kreis kurze Zeit später das 8:12. VfL-Keeper Matthias Puhle, der den ersten Ball gehalten hatte, kassierte bei diesem Treffer auch noch eine Zeitstrafe, so dass der VfL für einen Moment in doppelter Unterzahl agieren musste, was die Zuschauer dann richtig in die Partie brachte.
Der VfL zeigte nun Moral und kämpfte sich durch die Treffer von Christoph Schindler, Julius Kühn (Siebenmeter) und Alexander Becker auf 11:12 heran. Danach ließen sie allerdings wieder die Zügel schleifen, produzierten technische Fehler und machten den Gästen das Leben schlichtweg zu einfach. Drei Treffer in Folge, zwei davon über den Gegenstoß, ermöglichten Melsungen das 11:15. Nach dem Tor zum 12:15 durch Schindler, stellte Haenen noch vor der Pause den Vier-Tore-Abstand wieder her.
VfL Gummersbach: Carsten Lichtlein (1. bis 10. und ab 18., 12 Paraden, darunter 1 Siebenmeter), Matthias Puhle (10. bis 18., 1 Parade), Tobias Schröter, Simon Ernst, Christoph Schindler (2), Julius Kühn (4/1), Maximilian Jaeger, Florian Baumgärtner (1), Kévyyn Nyokas (5), Evgeni Pevnov (6), Florian von Gruchalla (1/1), Alexander Becker (2), Andreas Schröder (2), Sebastian Schöneseiffen.
MT Melsungen: Johan Sjöstrand (1. bis 60., 9 Paraden), Svetislav Verkic (nur bei einem Siebenmeter), Rene Villadsen (n. e.); Johannes Golla (1), Patrik Fahlgren (2), Felix Danner, Philipp Müller (4), Jeffrey Boomhouwer (3), Momir Rnic (1), Michael Allendorf (7/2), Nenad Vuckovic (2), Dener Jaanimaa (2), Michael Müller (5), Arnoldus Haenen (3), Dimitri Ignatow, Timm Schneider.
- Siebenmeter: 2:2 – 4:2 (Allendorf scheitert an der Latte und an Lichtlein).
- Zeitstrafen: 10:12 (Puhle, Schindler, Kühn, Nyokas zweimal – Golla, Danner, P. Müller, Allendorf, M. Müller zweimal).
- Zuschauer: 3.297.
- Schiedsrichter: Hanspeter Brodbeck / Simon Reich
Stimmen zum Spiel:
Michael Roth (Trainer MT Melsungen): „Wir haben heute ein sehr gutes Spiel gemacht. Wir sind kompakt aufgetreten, waren gut eingestellt und haben dem VfL die Wege gut zugestellt. 30 Tore sind uns auswärts gelungen, was wir auch länger nicht mehr geschafft haben. Man hat teilweise gemerkt, dass Gummersbach musste und wir wollten. Später haben wir auch einige freie Bälle verworfen, aber der verdiente Sieg geriet nicht mehr in Gefahr. Die Halle scheint ein gutes Pflaster für uns zu sein, denn wir haben jetzt viermal hier gewonnen. Es gibt Orte, an denen man gerne ist, dazu gehört Mallorca und Gummersbach.“
Emir Kurtagic (Trainer VfL Gummersbach): „Wir haben verdient verloren. Wir haben heute nicht die notwendige Leistung angerufen. Ist es eine Kopfsache? Ich denke schon, aber wir müssen jetzt mit der Situation zurechtkommen. Wir waren in der Abwehr erneut nicht konsequent, hatten in Durchgang eins überhaupt keinen Kontakt. Das müssen wir schleunigst ändern. Wir müssen wieder zum ABC des Handballs zurückkehren und alles andere zur Seite schieben, denn es geht ums Überleben.“
Axel Geerken (Geschäftsführer MT Melsungen): „Wir sind froh, eine solche Leistung gebracht zu haben, nachdem der bisherige Saisonverlauf auch nicht nach unseren Wünschen verlaufen ist. Diese Leistung stimmt uns für die nächsten Aufgaben optimistisch, aber wir müssen jetzt weiterarbeiten. Ich bin mir aber sicher, dass der VfL die Kurve bekommt, denn in dieser Halle muss Bundesliga-Handball gespielt werden.“
Frank Flatten (Geschäftsführer VfL Gummersbach): „Wir haben uns viel vorgenommen, wollten mit Tempo spielen und aggressiv decken. Das hat nicht funktioniert. Wir sind uns der schwierigen Situation bewusst. Es geht um den Verein VfL Gummersbach und da müssen wir jetzt wieder Akzente setzen. Heute waren bei uns nur die Zuschauer bundesligareif.“