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Kritik am Kreishaushalt: Zusätzliche Steuern notwendig?

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Oberberg – Nachdem der Oberbergische Kreis die Eckdaten zum Haushalt 2021/2022 veröffentlicht hat, haben die Bürgermeister und eine Arbeitsgruppe der Kämmerer der 13 oberbergischen Kommunen eine gemeinsame Stellungnahme verfasst, in der auf die erheblichen Belastungen der kommunalen Haushalte durch die Planungen des Kreises hingewiesen wird:

„Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren des Kreistages,

die Kommunen nehmen auf Basis der uns bekannten Daten sowie der im Termin am 09.12.2020 erfolgten Erörterungen wie folgt Stellung:

Wir fordern den Kreistag auf, die allgemeine Kreisumlage zu senken

  • um 1%-Punkt auf 37,89% für 2021 sowie
  • um 1,5%-Punkte auf 38,25% für 2022.

Im Ergebnis erhöhen sich zwar weiterhin der Hebesatz sowie die Zahllast der Kommunen in beiden Jahren, allerdings in einem dann für uns auch verkraftbaren Umfang. Beim OBK verbleibt in beiden Jahren eine Verbesserung von 4 Mio. Euro gegenüber der bisherigen Finanzplanung.

Eine Reduzierung in diesem Umfang ist dem Oberbergischen Kreis möglich und zumutbar. Denn dieser erzielt bei der allgemeinen Kreisumlage gegenüber der bisherigen Finanzplanung Mehrerträge aufgrund

  • gestiegener Umlagegrundlagen (+ 12 Mio. € in 2021 gegenüber 2020) und
  • höherer eigener Schlüsselzuweisungen (+ 1,7 Mio. € in 2021 gegenüber 2020).

Die geforderte Entlastung der kreisangehörigen Kommunen ist aufgrund von deren besorgniserregender finanzieller Notlage alternativlos:

  • 5 Kommunen sind Teilnehmer am Stärkungspakt Stadtfinanzen
  • 5 Kommunen haben ein HSK
  • 1 Kommune greift auf die allgemeine Rücklage zu und vermeidet gerade noch ein HSK
  • 2 Kommunen erreichen nur noch fiktiv einen ausgeglichenen Haushalt unter Aufzehrung ihrer Ausgleichsrücklage

Im Haushaltsplanentwurf des Oberbergischen Kreises steckt ausreichend Potential, um eine absolut notwendige geringere Belastung zu realisieren. Folgende Handlungsspielräume werden unsererseits insoweit gesehen:

  • Globaler Minderaufwand
    Auch Landkreise dürfen bei der Haushaltsplanung gemäß §53 Kreisordnung NRW i. V. m. §75 Gemeindeordnung NRW geplante Aufwendungen pauschal kürzen, um einen Haushaltsausgleich zu erreichen. Dies ist bis zu einem Betrag von 1% der Summe der ordentlichen Aufwendungen zulässig. Bei Ansatz des globalen Minderaufwands in Höhe von 1% in den Planungen für die Jahre 2021 und 2022 könnte die Kreisumlage jeweils gesenkt und die Kommunen spürbar entlastet werden. Alternativ wären zumindest sämtliche Sachmittelansätze pauschal um 1% zu kürzen.
  • Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage
    Zusätzlich zum Ansatz eines globalen Minderaufwands wird der Kreis aufgefordert, die vorhandene Ausgleichsrücklage zur Stabilisierung bzw. Senkung der Kreisumlage einzusetzen. Aktuell beträgt diese aus Mitteln der kreisangehörigen Kommunen angesparte Rücklage noch rund 11 Mio. €, so dass allein hieraus eine Senkung der Kreisumlage in den Jahren 2021 und 2022 um jeweils 1%-Punkt (das entspricht rund 4,2 Mio. €) möglich wäre. Die oberbergischen Städte und Gemeinden verfügen entweder über keine Ausgleichsrücklage oder sie setzen diese bereits ein, um einen Haushaltsausgleich (möglichst ohne oder lediglich mit verträglichen Steuererhöhungen) darzustellen.
  • Isolation von coronabedingten Einnahmeausfällen (Mindererträgen)
    Das kommunale Haushaltsrecht lässt es zu, coronabedingte Mehraufwände und Mindererträge zu „isolieren“, um einen Haushaltsausgleich auch ohne ansonsten notwendige Erhöhung von Umlagen oder Steuern erreichen zu können. Bezüglich solcher Mehraufwendungen nutzt der Kreis diese gesetzliche Möglichkeit bereits umfassend, um die Kommunen zu entlasten. Das wird ausdrücklich anerkannt.
    Bei Planung der Ansätze für Mindererträge in den Jahren 2021 und 2022 hat der Kreis im Gegensatz zu den Kommunen bisher keine Isolierung vorgenommen. Das betrifft etwa Einnahmeausfälle bei Verwaltungsgebühren (zum Beispiel Straßenverkehrsamt, Lebensmittelüberwachung, Brandschauen etc.) oder bei Bußgeldern aus der Geschwindigkeitsüberwachung.
    Hier fordern wir den Kreis auf, auch eine Isolierung von Mindereinnahmen im größtmöglichen Umfang einzuplanen. Eine realistische Prognose über die Höhe etwaiger Gebührenausfälle ist möglich – die Kommunen stellen diese bezüglich der Isolation ihrer eigenen Einnahmeausfälle auch an. Hierin liegt ein sehr großes, ungenutztes Potential zur Entlastung der Kommunen.
    Des Weiteren isolieren die Kommunen die coronabedingten Mindererträge bei der Einkommenssteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer (im Folgenden „Isolierungssumme“ genannt). Diese Isolierung ist ausdrücklich auch in der Finanzplanung für den Finanzplanungszeitraum fortzuschreiben (Erlass MHKBG vom 18.12.2020).
    Schlussendlich handelt es sich hierbei um eine coronabedingte Reduzierung der Umlagegrundlagen. Deshalb wäre es nur konsequent, wenn der Kreis eine entsprechende Reduzierung der Umlagegrundlagen ebenfalls als „Isolierungssumme“ einstellt. Eine Berechnung würde durch Anwendung der jeweiligen jährlichen Kreisumlagesätze auf die Gesamtheit der „Isolierungssummen“ aller kreisangehörigen Kommunen erfolgen.
  • LVR
    Die Entwicklung der Landschaftsumlage ist dramatisch. Im Doppelhaushalt des Landschaftsverbands Rheinland für 2020/2021 ist eine weitere Hebesatzsteigerung um 0,60%-Punkte auf dann 15,70% für 2021 beschlossen worden. Damit steigt die Zahllast des Oberbergischen Kreises – und somit mittelbar auch diejenige der kreisangehörigen Kommunen – in 2021 um weitere 3,4 Mio. € auf einen Betrag von insgesamt 72,9 Mio. €.
    Hier müssen Kreis und Kommunen gemeinsam nachdrücklich auf den LVR einwirken, um diese Erhöhungsspirale schon für das kommende Jahr zu stoppen bzw. umzukehren. Die Kommunen bieten dem Kreis insoweit gerne an, zeitnah gemeinsam in einen Dialog mit dem LVR einzutreten.
  • Personalaufwand
    Der Personalaufwand des Kreises steigt in 2021 um rund 9,5 Mio. € auf über 91 Mio. € (brutto); für 2022 ist eine weitere Steigerung um mehr als 5 Mio. € (brutto) vorgesehen. Auch netto, d. h. unter Berücksichtigung etwaiger Gegenfinanzierungen, verbleibt es für 2021 bei einer Mehrbelastung in Höhe von etwa 6,2 Mio. €. Prozentual betrachtet handelt es sich um eine Erhöhung des Personalaufwandes in Höhe von 11,5%, während die Tarifvereinbarungen des TVöD ab dem 01.04.2021 lediglich +1,4% ausmachen.
    Der Kreishaushalt sieht insoweit in 2021 einen Personalaufwuchs von 47,5 zusätzlichen Stellen vor, wovon 31,5 keinen coronabedingten Personalmehrbedarf abbilden. Diese Stellenmehrung kann anhand der vorgelegten Eckdaten nicht nachvollzogen werden und bedarf bei dieser Größenordnung einer kritischen Prüfung und ggfs. Kürzung des Stellenzuwachses.
    Sollten sich Mehrbedarfe ergeben, müssen diese im Zuge einer kritischen Aufgabenüberprüfung personalintern verfügbar gemacht werden. Ein Stellenanstieg in dem vorgesehenen Umfang ist in Anbetracht der finanziellen Lage der Kommunen nicht akzeptabel.
  • Zuschussbedarf OVAG
    Der Kreis kalkuliert einen Zuschussbedarf von rund 5,6 Mio. € für 2021 sowie von fast 6,7 Mio. € in 2022 (Prognose 2020: 4 Mio. €). Diese massive Steigerung ist nicht nachzuvollziehen und muss näher begründet werden. Insbesondere sind die kostentreibenden Auswirkungen des beschlossenen Nahverkehrsplanes zu beziffern.
  • Investitionen
    Das Verfahren zur weiteren Umsetzung der vorgesehenen Zentralisierung der Verwaltungseinheiten („Neues Kreishaus“) wurde richtiger Weise aufgrund der pandemischen Lage bis auf Weiteres gestoppt. Der Kreis hat insoweit nachvollziehbar angekündigt, dass das Projekt aufgrund der geänderten Ausgangslage insgesamt überprüft wird. In die Betrachtung sollen dabei unter anderem Gesichtspunkte wie Digitalisierung, Homeoffice und veränderte Raumbedarfe aufgrund neuer Anforderungen einbezogen werden. Eine Mittelveranschlagung für die Jahre 2021/2022 ist nicht erfolgt. Das nehmen wir anerkennend zur Kenntnis.
    Bezüglich sämtlicher Investitionen ist darauf zu achten, dass damit in Bezug auf die Folgekosten – auch im Falle einer Finanzierung über Landesmittel (z. B. Schulpauschale) oder Fördermittel – stets eine Auswirkung auf die Kreisumlage und damit eine Belastung der kreisangehörigen Kommunen verbunden ist (etwa über Abschreibungen und Finanzierungskosten). Bei den anstehenden Investitionsvolumina der kommenden Jahre ist dies sicherlich keine zu vernachlässigende Größenordnung in Bezug auf die Kreisumlage.

Ohne die geforderte Entlastung durch eine spürbare Reduzierung der Zahllast werden die 13 kreisangehörigen Kommunen überwiegend keinen ausgeglichenen Haushalt erreichen, weder in 2021 noch in 2022. Dann müssen die Bürger*innen der oberbergischen Kommunen Steigerungen bei der allgemeinen Kreisumlage von 9,4 Mio. € in 2021 sowie weiteren 3,5 Mio. € in 2022 verkraften – ohne (zusätzliche) Steuererhöhungen wird das jedoch bei den meisten Kommunen nicht funktionieren! Diese gilt es in der momentanen Situation allerdings unbedingt zu vermeiden.

Bitte berücksichtigen Sie diese absolut notwendigen Forderungen der oberbergischen Städte und Gemeinden bei Ihrer Beschlussfassung über den Kreishaushalt 2021/2022.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gero Karthaus
Vorsitzender der Koordinator BKO-Arbeitsgruppe Kreishaushalt

Raoul Halding-Hoppenheit
Bürgermeisterkonferenz Oberberg“

Quelle: Schloss-Stadt Hückeswagen

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