Oberberg – Für die kommende Bundestagswahl haben die Oberberg-Nachrichten.de wieder einige Interviews mit den in Oberberg zur Verfügung stehenden Kandidaten geführt. Allen neun Kandidaten wurde zur gleichen Zeit die gleichen Konditionen gesendet und innerhalb des Interviews Fragen nach dem gleichen Fragebogen gestellt (hier nachzulesen).
Die am 26. September zur Wahl stehenden Direktkandidaten sind:
- Dr. Carsten Brodesser, CDU (hier geht es zum Interview)
- Michaela Engelmeier, SPD (stand leider nicht für ein Interview zur Verfügung)
- Jörg von Polheim, FDP (hier geht es zum Interview)
- Bernd Rummler, AfD (hier geht es zum Interview)
- Sabine Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (stand leider nicht für ein Interview zur Verfügung)
- Diyar Agu, DIE LINKE (stand leider nicht für ein Interview zur Verfügung)
- Philipp Ernst Wüster, DIE PARTEI (stand leider nicht für ein Interview zur Verfügung)
- Christian Abstoß, Freie Wähler
- Markos Pavlidis, DieBasis (hier geht es zum Interview)
Das vierte Interview führten wir am 13. August mit Christian Abstoß. Da die Interviews zum Teil etwas länger geraten sind, orientieren Sie sich gerne an unserem Inhaltsverzeichnis:
Inhaltsverzeichnis
- Kurzvorstellung
- Persönliche politische Schwerpunkte
- Kanzler-Kandidaten/-Kandidatinnen
- Bundeswehreinsätze
- Nebeneinkünfte
- Spaltung der Gesellschaft
- Wirtschafts-/Finanzpolitik
- Umweltpolitik
- Umwelt-/Verkehrspolitik
- Coronapolitik
- Corona und Wirtschaft
- Flüchtlingspolitik
- Ergänzung
(1) Kurzvorstellung
Würden Sie sich zunächst einmal kurz vorstellen? (Name, Alter, Beruf und polit. Zugehörigkeit und Erfahrungen)
“Christian Abstoß aus Marienheide, 30 jung/alt, kann man sehen, wie man möchte, verheiratet seit jetzt 10 Jahren und das auch glücklich. Wir wohnen in unserem Eigentum, das heißt in unserem Haus. Wir haben drei Kinder in verschiedenen Altersklassen, zwei davon sind schon in der Schule. Das heißt: Alles, was Familie und Bildung betrifft, absolut voll im Thema. Beruflich bin ich Vertriebsrepräsentant im Außendienst, also komme auch wirklich sehr viel rum im Lande, also nicht nur im Bundesland, sondern wirklich auch im ganzen Bund.
Politische Zugehörigkeit ist eigentlich total einfach zu regulieren und zwar UWG Marienheide, UWG Oberberg, das heißt hier in Oberberg ganz klar für die Unabhängigen Wähler. Deswegen auch der Schritt hin zu den Freien Wählern, weil das für uns die einzige richtige Alternative ist für den Oberbergischen Kreis und stehe da dann jetzt auch als Bundestagskandidat zur Verfügung.”
(2) Persönliche politische Schwerpunkte
Wo sehen Sie Ihre persönlichen politischen Schwerpunkte? (Kurz und knapp)
“Ja, kurz und knapp ist da natürlich schwierig. Es gibt da zwei Bausteine: Einmal, was den Oberbergischen Kreis an sich betrifft und der andere natürlich was die Bundespolitik betrifft. Es gibt zwar übereinschneidende Punkte, aber Schwerpunkte für den Oberbergischen Kreis sind ganz klar die Aufforstung des Waldes, das ist allgegenwärtig, das ist auch kein Thema, was nur eine Partei besetzen darf. Ohne da weiter ins Thema zu gehen, hier geht es natürlich vom finanziellen Ansatz her bis hin auch tatsächlich zum Klimaansatz. Das heißt, wie werden wir den Wald auch in Zukunft in Oberberg so darstellen, dass er sich wirtschaftlich lohnt, auf der anderen Seite aber auch vor allem dem Klima gerecht wird und den klimatischen Bedingungen auch angepasst sein wird.
Auf der anderen Seite natürlich, und das ist ein Schwerpunkt von uns Freien Wählern auch definitiv, der Bereich frühkindliche Förderung. Da geht es von Kindergarten, Schule bis hin zu den Schwimmbädern und Schwimmbäder in Oberberg ist ein Thema für sich. Viele werden geschlossen, andere müssen durch ehrenamtliche Tätigkeiten irgendwie aufrecht erhalten werden. Das beste Beispiel ist Marienheide und Bergneustadt. Marienheide hat kein Schwimmbad mehr, Bergneustadt hat ein Freibad, was komplett durch Eigenfinanzierung aufgebaut wurde. Da muss auf jeden Fall ein bundespolitischer Schwerpunkt gesetzt werden für Oberberg, das ist ein ganz klarer Ansatz für mich.
Bundespolitisch ganz klar, Familienpolitik ist für mich sehr extrem vernachlässigt worden, also für mich ist da ein Schwerpunkt zu setzen, dass nicht ganz oben anfangen, sondern ganz unten. Da geht es von den Hebammen, von der Ausübung des Hebammenberufs bis hin zur Finanzierung von Kindergartenbeiträgen und Schulbeiträgen, die für mich nicht in Diskussion stehen dürfen, wie eben auch gesagt Schwimmbäder dürfen rote Zahlen schreiben – das ist völlig in Ordnung, schwarze Zahlen sind da nicht vorgesehen. Das ist kein Wirtschaftsunternehmen, sondern das soll für frühkindliche Förderung sein. Das ist so der Kurzabriss.
Bundespolitisch sind viele Themen zu tun: Innere Sicherheit, Rente, Klimaschutz, Bildung, Wasserstoff. Wasserstoff – für uns ein riesen Thema. Das ist allgegenwärtig bei den Freien Wählern, weil wir einfach sagen: Wir müssen weg von dieser Ideologiefrage im Klimabereich. Es ist eben nicht nur die E-Mobilität, die uns nach vorne bringt. Es ist auch die E-Mobilität, aber vor allem auch Wasserstoff und andere, wie zum Beispiel die E-Fuels. Wir haben alternative Antriebsstoffe, nur die müssen dann auch tatsächlich genutzt werden und müssen vom Bund freigegeben werden. Das heißt, wir haben nicht das Problem, dass es keine Möglichkeiten gibt, sondern wir haben das Problem, dass wir uns festlegen auf eine Alternative vorankommen und da müssen wir uns definitiv drum kümmern. Und da sehen wir uns in der Pflicht als Freie Wähler da auch den ersten Schritt zu machen. Alle anderen haben einen Punkt, wir haben mehrere.”
(3) Kanzler-Kandidaten/-Kandidatinnen
Welchen Kanzler-Kandidaten/-Kandidatin würden Sie bevorzugen und warum?
“Jetzt wird es sehr extrem und sehr schwierig, gerade als Demokrat und da sage ich auch ganz klar als Basisdemokrat, ist es für mich sowieso eine Frage, die man stellen sollte, ob der Kanzler nicht direkt vom Volk gewählt werden sollte. Ich muss ganz klar sagen: Kein Kanzler-Kandidat, keine Kanzler-Kandidatin, die gerade zur Verfügung steht, ist für mich wählbar. Das ist für mich ein riesen Problem.
Auf der anderen Seite bin ich ganz glücklich, dass es zwei Stimmen bei der Bundestagswahl gibt und ich kann beide den Freien Wählern geben. Deswegen habe ich mich schon klar entschieden. Ich entscheide mich für uns als Freie Wähler und wir können dann nachher mit den Mehrheitsstimmen, wenn wir in den Bundestag kommen, den dann zur Verfügung stehenden Kandidaten wählen oder auch nicht. Eine wirkliche Aussage da jetzt zu treffen, wen ich da favorisieren würde, ist schwierig.
Für mich ist es halt extrem schwierig extreme Kandidaten zu nehmen. Da kann ich auch ganz klar sagen, da stehen wir nicht zur Verfügung. Also ob das jetzt ganz rechts oder ganz links ist, die sind sowieso raus. Wenn es dann nachher um Koalitionsbildung geht, dann wird mir das keiner übel nehmen müssen. Welches das gerade ist, kann ich nicht sagen. Da kommt in den nächsten Wochen tatsächlich auf uns zu, wer sich da wie verhält – Haben sich ja beide, die da überhaupt in Frage kommen, nicht mit Ruhm bekleckert in letzter Zeit.”
Wie sähe der ideale Kanzlerkandidat/die ideale Kanzlerkandidatin für Sie aus? (Ggf. warum steht der / die Betreffende Ihrer Ansicht nach nicht zur Wahl?)
“Ich fange hinten an. Der oder die Betreffende steht nicht zur Wahl, weil die Parteien das in den letzten Jahren verpasst haben. Also, sagen wir es mal so: Ich hätte das gerne wie einen Bundespräsident. Der darf gerne aus irgendeiner Partei kommen oder sie, aber sollte möglichst unabhängig sein, denn Bundeskanzler oder Bundeskanzlerin muss Sachen entscheiden oder auch voranbringen oder auch öffentlich nach außen tragen, die basisdemokratisch auch von allen Parteien also auch irgendwo unterstützt werden sollten. Denn es geht ja in der Bundeskanzler-Frage oder Bundeskanzlerin-Frage eher weniger darum, welches Parteigremium ich wähle oder welchem ich zugehörig bin, sondern eher darum, wie möchte ich mit meinem Land nach vorne kommen?
Deswegen ist jetzt für mich ganz klar die Antwort darauf: Das haben alle verpasst. Es gab immer Kriegsschwelereien zwischen all den anderen Parteien und die Kernthemen sind aus den Augen verloren worden. Deswegen gibt es wenig Kandidaten bis keine, ich sage: Stand jetzt – keinen, der sich neutral für alle zur Verfügung stellen würde, auch wenn sie es sagen, aber ich bin nicht der Auffassung, dass sie wirklich offen sind für solche Gespräche.
Deswegen für mich ein guter Kandidat oder Kandidatin sähe so aus, dass er wirklich flexibel auf alle zugehen könnte und da sage ich bewusst >alle<, denn rechte und linke Ränder gibt es nur deswegen, weil wir ausgrenzen und eben diese Nöte und Ängste der Menschen nicht ernst nehmen, die an diesen Rändern leider wählen, wirklich auf alle zuzugehen. Also dieser Kandidat, diese Kandidatin müsste auf alle zugehen können und da bin ich gespannt, ob wir da irgendwann mal wieder hinkommen, dass es in politischen Mehrheiten solche Personen gibt. Ich glaube die gibt es, aber man muss sie entdecken.”
(4) Bundeswehreinsätze
Bundeswehreinsätze werden sowohl im Inneren als auch Außen von vielen scharf kritisiert. In welchen Situationen halten Sie zunächst einmal Außeneinsätze für gerechtfertigt?
“Ja, das ist ja ein ganz, ganz weites Thema. Auslandseinsätze an sich sind ja wie gesagt ein sehr, sehr schwieriges Thema. Ich persönlich, das sage ich aber ganz persönlich, halte Auslandseinsätze der deutschen Bundeswehr eigentlich nur dann für nötig, wenn es unserem Land gegenüber wirklich zu einer Unsicherheit kommen würde. Es sind Sicherheitsaspekte, die eine Bundeswehr überhaupt erst in Bewegung setzen sollten.
Was die nationale und internationale Sicherheit betrifft, haben wir uns als Deutschland natürlich auch auf viele Sachen eingelassen; Ob es die NATO ist und auch viele weitere Organisationen, wo wir uns natürlich auch zur Verfügung stellen und auch die Blauhelmsituation. Da ist es schon notwendig und auch sinnvoll, auch was Mali betrifft und viele andere Themen, dass man sich präsent zeigt.
Ich muss aber ganz klar sagen, dass wir viele thematische Dinge auch als schwierig einschätzen. Das heißt, irgendwelche Einsätze in fremden Ländern, die nicht autorisiert sind, da sind wir definitiv nicht für zu haben. Auf der anderen Seite: Wo wir helfen können mit unserer Bundeswehr, sollten wir helfen. Das ist also nicht einfach zu beantworten. Ich glaube auch nicht, dass das ein politisches Wahlthema ist, wo man sich einfach jetzt aus dem Fenster lehnt und sagt: >Ich bin dafür< oder >Ich bin dagegen<.
Das ist definitiv ein Thema, da muss man sich mal intensiv mit auseinandersetzen, denn auch die Strukturen der Bundeswehr gehören absolut auf den Prüfstand. Die letzten Jahre haben uns eben doch gezeigt, dass es eben nicht nur die Frage ist, ob die Bundeswehr einen Kindergarten hat für die Kinder, was ich – und das ist mir auch wichtig zu betonen – als absolut normal empfinden würde, dass Kinder, deren Eltern für den Bund eintreten, auch absolut natürlich einen Kindergarten zur Verfügung haben. Dass wir da überhaupt ein halbes Jahr drüber debattiert haben, finde ich Wahnsinn.
Aber viel, viel schwerwiegender finde ich natürlich die Ausrüstung. Ich kann ja nicht eine Bundeswehr in den Einsatz schicken und die haben eine Ausrüstung, die von vor 20 Jahren ist, jetzt mal ganz stark auch übertrieben. Da lege ich auch Wert drauf, es ist stark übertrieben, was ich gerade gesagt habe, aber einfach, um es auch prägnant darzustellen. Deswegen ist für mich die Frage der Auslandseinsätze insgesamt auch komplett nochmal unter einem anderen Vorwand neu zu beurteilen und zu beobachten, kann da aber auch nur, um auch eine Kernaussage zu treffen, sagen: Ja, da, wo es notwendig ist, wo wir als Mehrheit in Deutschland auch für sein können, wäre ich dafür.
Aber das wäre zum Beispiel auch so ein Thema, was wir vielleicht mal wieder vom Volk entscheiden lassen können über Volksentscheide und Co. KG, dass wir wirklich mal sagen: Ist ein Auslandseinsatz von uns in dem Moment da wirklich gerechtfertigt, ja oder nein? Denn einige wenige im Bundestag, okay, es werden immer mehr, die da gewählt werden als Abgeordnete, ist auch eine Frage, worüber wir uns unterhalten können, aber das ist eine andere Frage, die entscheiden dann nachher: Auslandseinsatz, ja oder nein – schwierig. Also da denke ich, sollte das Volk mitentscheiden.
Aber nochmal: Wenn uns die internationale Hilfe benötigt, sollten wir da sein. Ich meine, wir haben es jetzt in der Flutkatastrophe auch gesehen, was es im Land auch bedeuten kann, wenn wir eine intakte Bundeswehr haben, hat zwar ein paar Tage gedauert, bis das angelaufen ist, das ist ein Thema, wo man auch drüber nachdenken muss, aber hier hat man gemerkt, dass es gut ist eine intakte Bundeswehr zu haben. Deswegen: Verzichten nicht, aber neu denken ist Pflicht.”
In welchen Situationen ist ein Außeneinsatz der Bundeswehr für Sie nicht gerechtfertigt?
“Nicht gerechtfertigt ist definitiv, wenn es um die Strukturen von Ländern geht, wo man eigentlich davon ausgeht, dass die Basis, ich habe dieses Wort schon oft genutzt, basisdemokratisch Wahlen stattfinden lassen. Man kann Länder definitiv kritisieren für die Art und Weise, wie sie sich kommunizieren nach außen. Ich bin aber der festen Überzeugung, wenn demokratisch gewählt ist, haben wir kein Recht in ein Land einzureisen und dort unsere Bundeswehr aufzustellen, sofern es, wie gesagt, nicht autorisiert ist.
Anderer Fall ist natürlich, sobald Leben in Gefahr sind, die wir retten können durch einen Einsatz, wenn wir vor Ort sind. Wenn dieses gerechtfertigt ist und international insgesamt unterstützt ist, dann ist es denkbar. Ich sage aber nicht, dass es dann richtig ist. Nochmal, ich habe es auch eben gesagt in der vorangehenden Frage: Solche Dinge müssen komplett mal auf den Prüfstand und ich finde auch hier sollten Entscheide weit mehr über die Mehrheitsgrenzen hinweg gefordert werden.
Was aber auch klar ist: Wir können nicht jede Frage über Volksentscheide entscheiden, denn wenn irgendwo eine Kriegshandlung ist, dann ist die nicht mit drei Wochen Vorlaufzeit und wir haben zwei Wochen Zeit, da einen Volksentscheid zu machen. Das ist mir auch klar, aber die generelle Frage, wann und wie wir uns einsetzen, die sollte per Volksentscheid definitiv vollzogen werden. “
In welchen Situationen halten Sie Inneneinsätze für gerechtfertigt?
“Auch da habe ich ja eben schon ein bisschen was zu gesagt, zu einer anderen Frage. Die Flutkatastrophe hat uns ganz klar gezeigt, dass wir die Bundeswehr an vielen Ecken auch brauchen, auch wenn das Ehrenamt sehr gut und sehr breit aufgestellt ist in der Hinsicht. Gerade auch die Landwirte haben ja extrem gute Arbeit geleistet, aber es ging und geht da nicht ohne schweres Gerät und das schwere Gerät hat die Bundeswehr, das ist definitiv der Fall. Also ich sage mal, alles, was Flutkatastrophen betrifft oder auch den großen Waldbrand hier bei uns im Oberbergischen Kreis in Gummersbach, hat natürlich gezeigt, dass es da größere Ebenen benötigt.
Ansonsten finde ich einen Einsatz der Bundeswehr innerhalb des Landes sehr kompliziert. die Präsenz der Bundeswehr zeigt ja doch eine gewisse Stärke und auch ein Signal, denn Bundeswehr ist definitiv etwas anderes als Polizei und deswegen bin ich da sehr zurückhaltend. Wir als Freie Wähler sagen auch: Innere Sicherheit muss definitiv gestärkt werden, aber da sollten vor allem Ordnungskräfte und Polizei gestärkt werden.
Also, um auf die Frage konkret zu antworten: Alles, was Hilfskräfte betrifft im Land, also Wiederaufbau oder ich sag mal auch Katastrophenschutz definitiv ja, aber alle Einsätze, die mit Polizei und Ordnungskräften abgesetzt und abgedeckt werden können, da sollte keine Bundeswehr genutzt werden müssen, definitiv”
Wie würden Sie einem Machtmissbrauch (auch von künftigen politischen Regierungen) vorbeugen, daher welche Einschränkungen würden Sie einem Einsatz im Inneren auferlegen? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Wie bereits gesagt: Volksentscheid.”
(5) Nebeneinkünfte
Sehen Sie eine Notwendigkeit stärker gegen Nebeneinkünfte von Abgeordneten vorzugehen?
“Jain. Wir brauchen nicht gegen Nebeneinkünfte vorzugehen. Unsere Kernforderung ist ganz klar, Lobbyregister einzuführen, klarere Transparenz von Nebeneinkünften, die jenseits der Einkünfte dessen sind, die ich als Abgeordneter bekomme. Heißt für uns ganz klar: Das Geld, was ich vom Bunde bekomme für die Tätigkeit, die ich tue, reicht. Alles andere, was da mehr bei kommt, muss über das Lobbyregister klar einsichtbar sein für den Wähler, für das Volk, weil die bezahlen uns oder bezahlen diejenigen, die im Bundestag aktiv sind. Also gibt es für uns da gar keine zweite Frage darüber zu stellen.
Deswegen, ich will nicht gegen Einkünfte und Nebeneinkünfte vorgehen, das muss jeder für sich selbst entscheiden, wie er damit umgehen möchte, das ist ein Freiheitsrecht, Einkünfte zu generieren, definitiv, aber die müssen klar und transparent sein und zwar sofort. In Bayern haben wir das geschafft, wir haben das Lobbyregister mit der CSU durchgesetzt, oder anfänglich gegen die CSU, jetzt mit der CSU auch hingekriegt und das ist auch unsere Forderung im Bund. Das erste, was wir tun werden, ist das Lobbyregister im Bund auch einzuführen, wenn wir es hinbekommen.”
Wie? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Ganz klar durch das Lobbyregister. Und zwar ab dem ersten Euro, nicht erst ab 1.000, sondern ab dem ersten Euro.”
Wie beurteilen Sie die Gefahr von Korruption und wie würden Sie dagegen vorgehen (ohne den Begriff „Transparenz“ zu nutzen)? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Lobbyregister.”
(6) Spaltung der Gesellschaft
In den letzten Jahren wurde häufig von einer “Spaltung der Gesellschaft” gesprochen.
Sehen Sie eine zunehmende Spaltung in der Gesellschaft?
“Ja. Wir haben viele verschiedene Themen. Die Frage ist: Die Spaltung der politischen Ebene, die Spaltung aber auch der persönlichen Ebene, also auch familiäre Spaltungen haben stattgefunden, durch politische Ebenen. Ich würde aber auch bei der familiären Ebene anfangen, weil die ist einfacher abzuarbeiten, da sie durch die politische Ebene stattgefunden hat.
Durch die Corona-Pandemie hat man einiges gemerkt, also gerade Familien haben sich durch Impfgespräche – kurz vorweg, ich bin doppelt geimpft, bin durchgeimpft, alles gut, bin da aber, da werden wir später noch zu kommen, sehr zwiespältig unterwegs, was diese Meinungsmache betrifft und was die Impfkampagnen betrifft, denn das Freiheitsrecht doch in den Familien, und das ist das, was ich auch gerade aussagen möchte, für unfassbare Streitsituationen gesorgt und auch viele kulturelle Unterschiede auch hervorgerufen, wo ich auch einfach sage: Da ist ein politisches Versagen vorhanden und da hoffe ich auch einfach, dass die Familien auch wieder zusammenfinden und auch die Freunde wieder zusammenfinden.
Also ich kann da aus meinem persönlichen Bereich auch sprechen: Wir sind sehr liberal, was diese Frage betrifft, gerade meine Frau und ich haben lange gebraucht, um uns dafür zu entscheiden und im Freundeskreis gab es Diskussionen, warum wir so lange brauchen, um da eine Entscheidung zu fällen, wo ich dann gesagt habe: Also A ist da mein Freiheitsrecht definitiv als erstes vorhanden, dass ich entscheiden kann, wann, wie und was mit meinem Körper passiert – körperliche Unversehrtheit ist da ein ganz, ganz großes Thema. Und auf der anderen Seite ist da auch eine ganz klare technologische Frage hinter, wo ich einfach sage: Naja, wir haben jahrelang gebraucht gegen AIDS vorzugehen, wir haben jahrelang gebraucht irgendwelche – ja, nicht irgendwelche, sondern die Pille für die Frau zu erforschen und zu schauen, was passiert da im Hintergrund und was sind da für Veränderungen. Dann ist das ein völlig in Ordnung gehender Prozess meiner Meinung nach, dass ich mir Gedanken mache: Was lasse ich mir da impfen?
Dennoch hat die Frage für mich ein klares Ja gefunden und deswegen auch familiär sind wir uns da alle völlig einig, dass ich gesagt habe: Natürlich lassen wir uns impfen, weil die Gefahr an Corona zu erkranken und die Nebenwirkungen sind für uns persönlich größer, da unser Sohn auch eine Vorerkrankung hat, die da nicht so gut wäre in der Mischung. Deswegen kann ich auch nicht sagen, ob ich mich hätte impfen lassen, wenn mein Sohn nicht vorerkrankt wäre. Und deshalb nochmal: Ich finde das sehr, sehr schwierig, das ist dieser eine Block von Familiär, dass diese Diskussionen familiär ausgetragen worden sind. Denn ich denke, da hätte jeder für sich seine Gedanken machen lassen sollen und da ist politisch doch sehr eingemischt worden.
Komme ich zurück zum politischen Thema: Man merkt, es ist nicht einfach voneinander zu trennen, weil es ein hohes Thema war. Man hätte von Anfang an, das ist der Standpunkt der Freien Wähler, anders mit dem Thema Impfung umgehen müssen. Man hätte von Anfang an sagen sollen: Das ist definitiv keine Pflicht, definitiv wird es auch nie eine Pflicht werden, auch nicht durch die Hintertür, so wie es jetzt gerade gemacht wird – und da bin ich ganz klar der Auffassung, ist eine Impflicht durch die Hintertür. Man hätte von vornherein dafür werben sollen, man hätte von vornherein für viel thematische Auseinandersetzung sorgen sollen.
Wir haben von vornherein gesagt: Tests. Tests, Tests, Tests. Und da bin ich für eine Testpflicht, tatsächlich. Wir hätten eine Testpflicht einführen, keine Impfpflicht, sondern eine Testpflicht. Wir haben seinerzeit, das fing ja irgendwann im März an, da haben die Freien Wähler über Hubert Aiwanger und Co. KG im Bayerischen Landtag oft schon verlautbaren lassen: Lasst uns mehr testen. Wo gesagt wurde: >Nein, die Tests sind nicht gut genug, als dass wir sie flächendeckend einfordern können<. Wo wir gesagt haben: Es ist völlig egal, wie gut oder wie schlecht die sind, hauptsache die machen 60 bis 70 Prozent Sicherheit für uns, damit wir wissen, wie wir mit der Pandemie weiter umgehen können und lasst uns die Zeit nutzen, gerade über den Sommer. Ich mache jetzt sicherlich keinen Überraschungseffekt, wenn ich sage: Wir haben die Zeit in den sechs Monaten nicht genutzt.
Es kamen diverse Lockdowns und Co. KG und irgendwann im Herbst kam dann die Idee: >Oh, testen wäre doch gar nicht so schlecht. Wir machen das jetzt so, dass alle getestet werden müssen<. Von Schule bis keine Ahnung wo hin, selbst im Kindergarten wurde getestet, was auch richtig ist. Aber die Testkapazitäten waren A nicht vorhanden und B waren die Menschen auch total verunsichert. Und jeder, der gesagt hat: >Ich möchte mein Kind nicht testen lassen<, wurde direkt in die rechte Ecke gestellt und direkt dahingestellt, als ob er irgendwie gegen die Regierung wäre und da bin ich ganz klar der Auffassung, das ist falsch.
Wir haben auch bei uns im Freundeskreis Leute gehabt, die haben gesagt: >Ich weiß ja gar nicht, was das da für ein Ding ist. Was ist das? Wie funktioniert das? Was steckt dahinter?< Welche Technologie, wie wird das ausgewertet und Co., wo ich dann ganz klar sage: Es ist sogar richtig, dass die Eltern für ihre Kinder sagen: >Stopp, das gucken wir uns in Ruhe an. Was ist das denn, was steckt dahinter?< und machen dann nachher eine tiefgründige Entscheidung aufgrund von Fakten.
Wo ich gegen bin, sind tatsächlich diese ganzen Verschwörungstheorien, die wirklich ganz tiefgreifend gehen über dieses Chip-Gedönse und da möchte ich auch garnicht weiter drüber reden, weil da muss ich auch ganz klar sagen, da bin ich weit von weg, lasse den Menschen aber auch ganz klar ihre Meinung. Das ist Meinungsfreiheit, das ist völlig in Ordnung. Ich persönlich sage aber ganz klar, das ist für mich nicht debattierbar, aber ein Freiheitsrecht ist definitiv für mich offen. Ich habe dann auch nachher sehr viel diese Momente gehabt, dass viele gesagt haben am Anfang: >Nee, ich will nicht, dass meine Kinder getestet werden<. Heute sind sie heilfroh, dass diese Testkapazitäten da sind, denn so haben wir auch Freiheiten wieder, die möglich sind, dass Schule wieder stattfinden kann und Co. alles gut.
Und jetzt kommt aber der Kerneffekt, was die Impfungen betrifft und da muss ich auch wirklich sagen, hat die Politik einen Fehler gemacht: Wir können jetzt gerade froh und glücklich sein, dass wir relativ gut von der Anzahl her geimpft sind. Ja, Politik stellt sich mehr vor, ich muss aber sagen für unsere Skepsis in Deutschland haben wir doch einen sehr, sehr breiten Impfstatus Stand jetzt und bin da auch glücklich drüber und finde es da jetzt auch nicht richtig, dass man die anderen an den Pranger stellt, die sich nicht haben impfen lassen, sondern denen vielleicht mal erklärt, was da gerade passiert ist.
Also ich werbe in meinem Freundeskreis damit, welche Nebenwirkungen ich hatte und sage nicht: Du hast keine Nebenwirkungen, sondern welche Nebenwirkungen hatte ich denn oder meine Frau oder meine Mutter, die auch in einem Risikobereich unterwegs ist, die sich hat trotzdem impfen lassen, obwohl sie eine Vorerkrankung hatte. Und das wirkt deutlich mehr, wo ich auch viele Impfskeptiker bei uns auch überzeugen kann zu sagen: Hör es dir wenigstens an. Sprich mit deinem Hausarzt, denn der hat die Pflicht dich neutral zu beurteilen und das ganze Thema mal anders aufzudecken. Nicht ich muss dich überzeugen, sondern ein Hausarzt. Und die Gespräche wirken viel, viel besser, dass man mal sagt: >Geh dahin, hör es dir an. Du kannst immer noch Nein sagen<, anstatt dass ich von oben herab als Politik sage: >Wenn du dich nicht impfen lässt, dann musst du demnächst deinen Test selber bezahlen<, finde ich sehr kompliziert.
Denn wir als liberale Gesellschaft, wir wollen auf jeden Fall eine liberale Gesellschaft sein, sind für alle Minderheiten da und wollen alle Minderheiten auch nach oben hieven und denen auch Gleichberechtigung geben. Bin ich absolut für, aber bitte doch auch für die, die impfskeptisch sind und nicht Impfgegner. Ich rede nicht von Impfgegnern, sondern ich rede von Impfskeptikern, was völlig in Ordnung ist. Aber denen muss ich das Angebot geben, sich damit auseinanderzusetzen und die Zeit geben, die sie haben wollen. Völlig in Ordnung.
Lange, ausführliche Antwort auf die Frage, aber ich glaube auch selbst damit habe ich noch nicht all das gesagt, was ich dazu denke. Also ich bin gegen eine Impfpflicht, ganz klar und hoffe, dass wir da in Zukunft anders mit umgehen können.”
Wo sehen Sie die Gründe für eine solche Spaltung? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Ja, die Gründe für die Spaltung ist natürlich insoweit zu sehen, es ist nicht nur die Corona-Pandemie an sich gewesen, wo ich eben sehr ausführlich geantwortet habe, es sind auch viele politische Fragen offen. Es ist die Rente, es ist die innere Sicherheit, wir haben 2015 einen Fall erlebt, der sicherlich so nicht nochmal zu wiederholen ist. Da müssten sich meiner Meinung nach auch alle einig sein. Da geht es jetzt gar nicht um die humanitäre Hilfe an sich, wo wir auch schon drüber diskutieren können, sondern ich glaube einfach de facto würden sich alle Parteien einig sein, dass man das so nicht nochmal vollziehen kann, weil viele Sachen einfach auf der Strecke geblieben sind.
Auch da, dasselbe wie bei Corona, sind viele Menschen einfach nicht mitgenommen worden in die Entscheidung. Man hat einfach Entscheidungen getroffen und dann prallt man auf zwei Welten. Die einen, die sagen: >Ja, wir stehen da voll hinter<, und die anderen, die sagen: >Nee, das geht überhaupt nicht, was ihr da wieder gemacht habt<. Hier geht es um freie, demokratische Politik und damit meine ich definitiv auch das Parteiprogramm von uns, die Freien Wähler, die genau da auch ansetzen wollen und sagen: Wir nehmen alle mit. Deswegen auch unser Motto: Ein Deutschland für alle und nicht >für einen< oder >für die< oder >für den<, sondern für alle. Damit meinen wir wirklich schwarz, weiß, rot, alle, die uns wählen wollen, die für uns da sind, wir sind auch für die da.
Das fehlt in der Politik, dieses Mitnehmen von allen und ich nehme da auch einfach mal ein Beispiel, Spaltung der Gesellschaft: Herr Söder versucht gerade in Bayern Herr Aiwanger als Person auszunehmen, zu sagen: >Er hat sich nicht impfen lassen, er ist aber Minister bei uns in Bayern. Er muss sich impfen lassen, weil er hat ja eine Vorbildfunktion<. Finde ich ein ganz, ganz, ganz schwieriges Thema. Das ist auch eine Spaltung der Gesellschaft, die da stattfindet, und ja, ich nenne da auch Namen, stehe da auch voll und ganz hinter. Herr Söder muss da schwer aufpassen, dass die Gesellschaft nicht noch mehr gespaltet wird. Er sagt ja auch, dass wir am rechten Rande fischen würden, also alles liegt mir ferner als am rechten Rande zu fischen.
Wenn jemand, der am rechten Rand ist, mehrheitliche Punkte bei uns findet, wo er sagt, die möchte er wählen bei der Bundestagswahl – Genial. Denn dann ziehe ich ihn tatsächlich wieder von jemandem weg, die ich gar nicht im Bundestag sehen will, nämlich die AfD. Und da fällt mir auch eins auf, das ist der Fehler, den die CDU seit Jahren macht, tatsächlich darin begründet liegt, diesen ich sage mal rechts-konservativen Menschen alleine gelassen zu haben und an jemanden abgegeben haben, die nicht meinen demokratischen Verhältnissen entsprechen. Und da möchte ich natürlich mit denen in die Diskussion treten und wenn die uns wählen, dann muss ich sagen: Die wählen eine demokratische Partei, da bin ich absolut froh und glücklich drüber, hoffe aber, dass die extremen Ansätze nicht vorhanden sind, denn die möchten wir nicht als unsere Wählerschaft. Ganz klar.
Also zu Spaltung zurück, ich finde es total abnormal, dass wir Menschen aufgrund ihres Impfstatus oder anhand ihrer Meinung zu einem einzelnen Thema in irgendeine Ecke stellen. Das beste Beispiel war tatsächlich mein Vater, ohne da jetzt weiter draufzugehen, der hat zu vielen Themen eine extreme Ansicht gehabt, war aber ein absolut liberaler Mensch und war auch total sozial. Also der war beim Handball so aktiv, der hat mich überall hingefahren, der ist sogar mit mir in die Schweiz gefahren, wo wir ein Beachhandballturnier haben. Da hat der nichts von gehabt, hat aber trotzdem vier Tage in den Sand gesetzt – tatsächlich in den Sand, Beachhandball halt – ohne da eine Entlohnung für zu bekommen.
Das geht in unserer Gesellschaft heute, dass man Dinge einfach tut, ohne etwas dafür zu bekommen, sondern einfach aus Überzeugung. Und da möchte ich schon für werben, dass wir diese Spaltung endlich mal aufhören und uns einfach mal für etwas einsetzen, ohne da einen Gegenwert für zu bekommen und das ist meiner Meinung nach auch Grundlage der Spaltung in Deutschland, dass man mittlerweile immer etwas erwartet für das, was man tut. Ich glaube, wenn wir das Ehrenamt wieder, ich sage mal, dehnen würden und uns mal dankbar zeigen würden, dann würden wir wieder zusammenrücken, definitiv.”
Wie kann einer weiteren Spaltung vorgebeugt werden? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Ja. Vorsorge und Prävention ist besser als Nachsorge. Nachsorge ist immer kompliziert, das müssen wir jetzt betreiben. Wir müssen wieder zusammenbringen, was auseinander geflogen ist und ein Pflaster kleben geht schnell, aber der Verbandswechsel wird dauern. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir hier in die gymnastische Vorarbeit kommen müssen, dass wir wirklich in einen Trainingseffekt reinkommen, dass wir wieder lernen miteinander zu diskutieren und dass wir wieder lernen miteinander auch Streitthemen auseinander zu klamüsern, wie man in Oberberg so schön sagt, klamüsern, dass man wieder dazu kommt, auch wieder eine Streitkultur aufzubauen, das ist vollkommen in Ordnung.
Wir brauchen in einer Demokratie definitiv eine Streitkultur, aber wir müssen auch wieder dahin kommen, das sich verschiedene Parteien im Bundestag auseinandersetzen und nachher auf ein Bier treffen und locker zusammen sitzen, ohne sich irgendwelche Vorhaltungen zu machen. Ich glaube, das verlangt einfach das Volk, das verlangt der Bürger und da möchte ich hin und das ist für mich die größte Prävention. Und da muss die Politik mit anfangen. Da kann ich auch nicht sagen: >Da ist die Verantwortung beim Hans-Otto irgendwo in der letzten Gasse<, weil welches Bild bekommt er denn vermittel? Das, was er von außen bekommt, das lebt er auch. Er sucht sich das raus, wo er sagt: >Okay, das möchte ich so haben< und dieses Bild wird definitiv gebildet von Politik, auch von den Medien, aber das sage ich nicht so, wie viele das machen: >Das sind die Öffentlich Rechtlichen<, sondern ich sage ganz klar: Alle Medien.
Alle Medien bilden ein Bild, das sollen sie auch, dafür sind sie da. Nur es ist halt schon so, dass viele Schwerpunkte extremer genommen werden. Der extreme Journalismus hat leider zugenommen, das muss man eine Sensationsrichtung angenommen hat. Das andere Wort möchte ich jetzt nicht unbedingt in einem Interview geben. Die Sensationsmedien sind doch sehr groß geworden und da müssen wir auch dran arbeiten, dass die Politik dafür sorgt, dass die Sensationen eben ein bisschen weniger werden, dass wir uns eher um Kernthemen kümmern. Und dann können wir präventiv arbeiten. Definitiv. Aber keine Steuerung der Politik gegenüber den Medien, im Gegenteil, es sollte noch freier werden meiner Meinung nach.”
(7) Wirtschafts-/Finanzpolitik
Eine Schlagzeile in bundesweiten Medien machte die Steigung der Inflationsrate auf 3,8% – den höchsten Stand seit 13 Jahren (EZB-Ziel: Knapp unter 2%). Halten Sie die steigende Inflationsrate für bedenklich / gefährlich?
“Bedenklich war sie vor zwei, drei Jahren, gefährlich ist sie jetzt. Inflationsrate hat ja auch mit sich, wenn wir jetzt das Systemfeld kalte Progression zum Beispiel aufmachen, wie wirke ich zum Beispiel Erspartem gegenüber? Nicht alle in Deutschland, leider nicht alle haben Erspartes, aber das Ersparte der Deutschen ist doch nicht zu vernachlässigender Beitrag der Querfinanzen. Mit Querfinanzen meine ich halt nicht die Mittel, die dem Bund zur Verfügung stehen, sondern die dem allgemeinen Wirtschaftskreislauf zugeführt werden könnten und wenn ich darauf keine Zinsen mehr erwirtschafte, sondern das Geld einfach nur noch dort rumliegt, weil ich den Menschen kein Angebot machen kann dort Zinsen mit zu verdienen, dann haben wir irgendwann den Effekt, dass das Geld nicht mehr im Wirtschaftskreislauf ist und das ist ein Problem. Und das ist jetzt nur mal auf Deutschland gesehen.
Wenn ich jetzt die EZB-Politik aber die letzten Jahre sehe, gerade was die Inflation betrifft, da hat man jetzt nicht wirklich dafür gesorgt, dass die Inflation zurückgeht. Die ist eher angeheizt worden mit einer Nullzinspolitik – ist sicherlich richtig gewesen für einen gewissen Zeitraum, um auch strukturell wieder viele Länder auf die Beine zu bringen, sei es Griechenland und Co. Das ist völlig in Ordnung, wir sind in der EU und da müssen wir auch füreinander eintreten, ja, aber nicht ohne Bedingungen. Also die Bedingungen sind nicht scharf genug gewesen, das muss man ganz klar sagen, das funktioniert so nicht.
Für Deutschland kann ich nur sagen, wird es allerhöchste Eisenbahn, dass wir uns der kalten Progression, vor allem aber der Inflationsrate gegenüber mal endlich offen und herzlich stellen und sagen: >Wir müssen da mal eine andere Politik fahren<, weil ansonsten bleibt nämlich wirklich dem Hans-Otto, den ich eben genannt habe, aus der letzten Ecke, der irgendwo wohnt, nichts anderes mehr übrig als sein Geld irgendwo anders anzulegen als in Deutschland. Das finde ich ein Problem, ganz klar. Also es darf nicht sein, dass unser Geld – unser Geld sage ich mal, unser bürgerliches Geld – irgendwo in anderen Ländern sich auf seine Reise macht, sondern es muss hier in Deutschland refinanziert werden.
Aber ich mache keinem einen Vorwurf, der sein Geld woanders anlegt, wenn er bei uns kein Geld dafür bekommt. Denn Geld muss Geld verdienen, das ist so. Das ist sicherlich eine kapitalistische Aussage in der heutigen Norm. Ich finde es aber nicht kapitalistisch, denn es hilft allen, wenn das Geld in Deutschland im Wirtschaftskreislauf bleibt und damit ist es schon wieder fast kommunistisch.”
Welche Maßnahmen könnte die Politik in Deutschland in diesem Zusammenhang sinnvoll ergreifen?
“Ja, das ist ja genau das, wo ich ja gerade quasi angesetzt habe. Die Politik sollte auf jeden Fall dafür sorgen, dass Zinspolitik in der europäischen Ebene wieder nach oben gebracht wird. Also sprich, da bin ich auch ganz klar der Meinung, dass die europäischen Abgeordneten dringend diese Gespräche führen müssen, dass die EZB eine andere Politik macht. Aber in Deutschland müssen wir auch ganz klar sagen, dass die Förderungen auch mal anders aufgebaut werden müssen.
Wir haben bei uns zum Glück die KfW, die zum Beispiel was das Eigenheim betrifft da sehr viel auf die Beine stellt und die Inflationspolitik, ich sag mal, ein bisschen in die richtige Richtung lenkt, dass halt viele auch sagen: >Eigentum ist gut. Ich habe Eigentum aufgebaut von meinem Geld, investiere dort, damit ich auch etwas nachhaltiges habe<, aber da ist zum Beispiel auch wieder, ich habe gerade das Wort >nachhaltig< gebracht, dann auch wirklich Projekte aufzubauen, wo wirklich nachhaltig gebaut wird. Und da geht es mir nicht nur um Klimanachhaltigkeit, sondern da geht es auch um Nachhaltigkeit, was das Geld betrifft, denn es ist schwierig Beton zu tragen, das hat meine Oma immer gesagt. Meine Oma ist noch so eine Kriegsgeneration gewesen, die hat immer gesagt: >Weißt du, Christian, Geld und Gold – alles gut. Haus auch – alles gut. Aber im Krieg kann ich Gold und Steine schwer schleppen<. Und das ist genau dieser Punkt.
Wenn ich inflationär wirklich vorarbeiten will, dann muss ich auch eine sichere Währung haben. Der Euro ist sicher meiner Meinung nach richtig, Stand jetzt. Aber ich sage auch bewusst >Stand jetzt< und wir müssen ganz schön aufpassen, dass wir die Inflation nicht weiter steigen lassen, sondern dagegen wirken und sagen: >Okay, wenn ich wirklich Geld habe, kann ich das Geld anlegen und das Geld arbeitet auch für mich und für meine Nachkommen<. Ich rede nicht von den reichen Erben, sondern ich rede wirklich von dem, der hart für sein Geld gearbeitet hat und das auf Seite gespart hat und das für seine Erben auch irgendwo haben möchte oder für sein Auskommen im Alter und da stehen wir ganz klar für ein. Da muss ein dringender Politikwechsel her, dass die Inflation wieder runter geht.
Also, wenn ich jetzt gerade im Supermarkt bin, wir haben gestern das beste Beispiel gehabt, meine Frau und ich, wir haben einfach nur verglichen: Im selben Laden, ohne Namen zu nennen, mache ich nicht, anstatt 80 Euro Wocheneinkauf für eine fünfköpfige Familie haben wir 120 Euro ausgegeben. Wir haben zwei, drei Sachen mehr gekauft als wir sonst einkaufen. Wir waren jetzt zwei Wochen im Urlaub und haben uns sehr erschrocken. Ich will jetzt nicht sagen, dass in zwei Wochen die Preise gestiegen sind. Wir haben ein bisschen mehr Bedarf gehabt, weil wir aus dem Urlaub wieder kamen, alles gut, aber es ist schon ein bisschen was anderes als wenn ich darüber nachdenke wie ich mit meinem Papa einkaufen war. Ich komme oft auf meinen Vater zurück, ich habe viel Zeit mit meinem Vater verbracht. Wir haben 100 D-Mark ausgegeben und das war viel Geld für meine Eltern damals. Ein Wocheneinkauf, 100 D-Mark war viel Geld.
Und ich will nicht auf die Diskussion zurück D-Mark – Euro, den Vergleich. Das ist unsäglich, geht nicht. Aber man muss sich halt die Frage stellen, warum es so eine Teuerungsrate gibt. Das ist definitiv ein Fakt und ich bin froh und glücklich, dass wir es hinbekommen, irgendwie, so einen Wocheneinkauf zu gestalten, aber vielen geht es halt anders, die es nicht hinbekommen und da war ich ja eben schon bei frühkindlicher Förderung: Inflation spielt auch dort eine Rolle. Gerade in den unteren Einkommen. Und da kann es nicht sein, dass wir da einfach so weiter machen. Definitiv.”
Im Streit um Nordstream 2 oder Frackinggas aus den USA wird inzwischen sogar vom “kalten Gaskrieg” gesprochen (SPIEGEL). Auch umweltpolitische Aspekte spielen in der Diskussion eine Rolle. Noch ist Deutschland auf Gas-Importe angewiesen. Wie beurteilen Sie die Fertigstellung der neuen Pipeline?
“Ich bin der Auffassung, dass es schwierig ist die Frage so zu beantworten, weil die Fertigstellung von Nordstream 2 – welche Alternative haben wir? Bauen wir alles zurück? Lassen wir die Löcher, wie sie sind, weil es Löcher sind? Jetzt mal überspitzt die Frage zurück, ich beantworte sie aber trotzdem gerne, bei uns fängt das ganz woanders an. Bei uns fängt die Frage an, warum haben wir dieses System überhaupt aufbauen müssen? Und da ist in der Frage schon genau die richtige Antwort drin: Wir sind noch davon abhängig. Und das heißt: Alle Forderungen, die heute auf dem Tisch liegen, was klimaneutrale Energieförderung betrifft, die hätten wir vor Jahrzehnten schon beantworten müssen.
Jetzt stehen wir an einem Punkt, dass wir sagen: Wir haben da eine Gas-Pipeline, weil wir alle ja auch Gas brauchen, die für uns günstiges Gas – Wir können es ja nur hoffen, wir wissen nicht, ob es so ist – günstiges Gas irgendwo her beziehen, aber genau da ist auch wieder die Frage: Was ist denn günstig? Ist günstig nur auf Preis gemünzt oder ist das günstig auch politisch prekär gemünzt? Wo kommt denn das Gas überhaupt her? Und ja, da sehe ich ein ganz großes Problem, politisch gesehen, dass man das überhaupt erst angefangen hat.
Aber nein, ich kann jetzt nicht dagegen sein. Weil: Was wollen wir machen? Wollen wir das Ding jetzt komplett dicht machen? Das wäre mal ein Prinzip, das wir endlich mal durchbringen würden, ja, wäre schön, machen wir aber nicht. Also das Thema ist in den Brunnen gefallen, ganz klar, das Ding wird durchgezogen, da kann man nicht mehr dran arbeiten. Wir können nur von uns aus sagen, dass wir da anders mit umgegangen wären, definitiv.
Wir müssen andere Stoffe nach vorne bringen. Wir haben Windkraft, wir haben öffentliche Windkraftparks und so weiter und so fort, aber da wird ja heute drüber debattiert: Der soll ja nicht bei mir im Garten stehen. Das ist ja auch richtig, ich meine, wir müssen auch Naturschutz, wir müssen auch Tierschutz da mit einbeziehen. Also ich will jetzt auch nicht überall Windparks aufbauen, im Gegenteil, aber ich hatte ja eben schonmal gesagt: Alle uns zur Verfügung stehenden Energiequellen müssen wir soweit nutzen, dass wir sie nicht ausnutzen, sondern benutzen, um voran zu kommen, klimaneutral auch zu werden. Da sind sich sicherlich auch viele einig, bis auf einige wenige Quertreiber. Das ist jetzt aber nicht das Thema.
Nur bei Nordstream muss ich ganz klar drauf antworten: Ich kann nicht sagen, dass wir das jetzt alles komplett ad acta legen müssen, sage aber: Die Politik hat einen riesen Fehler gemacht. Man hätte da anders mit umgehen müssen, man hätte nicht diese Pipeline bauen müssen. Da sind wir aber auch wieder beim Lobbyregister. Die Firma, die dahinter steckt hinter Nordstream, da gibt es ja auch Aufsichtsräte und Co. KG, ohne Namen zu nennen, sind auch bundesweit bekannt, diese Vorfälle. Das ist ja auch bei der Deutschen Bahn leider oft der Fall. Deshalb wäre es absolut wichtig und richtig ein Lobbyregister aufzubauen, dass solche Themen überhaupt erstmal anders angepackt werden. Dass die nicht irgendwo im Hintergrund laufen und dann stehst du da und sagst: >Oh, da wird ja eine Pipeline gebaut< und das Volk dann nachher erst entscheiden soll, wie sie damit umgehen sollen, nämlich zur nächsten Wahl.
Und dann haben wir genau den Punkt, wie ich auch jetzt gerade als Politiker dann sage: Was sollen wir denn machen? Das Ding wird gebaut und fertig. Also, wie wollen wir da jetzt anders drauf antworten. Deswegen: Auf die Frage kann ich weder mit Ja oder Nein so richtig antworten, bin ich dafür oder dagegen. Ich bin dagegen, dass es gemacht wurde, ich kann aber nicht dagegen sein, dass wir das jetzt stehen lassen.”
(8) Umweltpolitik
Welche Umweltpolitischen Maßnahmen halten Sie für sinnvoll und effektiv?
“Effektiv ist definitiv mal darüber nachzudenken wie wir den Treibhauseffekt – den echten Treibhauseffekt, da lege ich auch Wert drauf, den echten Treibhauseffekt. runter bekommen und zwar langfristig und nicht mit kurzgreifenden Maßnahmen, sondern wirklich langfristig. Hatte ich eben schonmal gesagt: alle uns zur Verfügung stehenden ideologiefreien Möglichkeiten auch einzubauen, um auch wirklich allen halt ein Angebot zu stellen. Und auch da gilt für mich wie in der Coronapolitik: Keine Verbotspolitik und völlig ideologiefrei. Heißt also: alle Technologien, die jetzt auf dem Markt sein könnten, die auch seit Jahren schon irgendwo erforscht sind, von E-Fuels über Wasserstoff und Co gehören unterstützt mit riesengroßen Förderprogrammen.
Also wir können Milliarden für alles ausgeben, aber bei der Klimapolitik sind wir seit Jahren am schlafen. Gibt eine Partei, die macht da richtig Wind, aber da sind wir beim Thema: Das lässt auch ein bisschen nach. Weil wenn wir dann nachher bei der Frage sind, wie setzen wir das um, kommen auch kaum Antworten, sondern nur klare Zielvorgaben mit irgendwelchen Verboten und ich bin gegen Verbote. Also der Mittwoch ist der Mittwoch, der Freitag ist der Freitag, wir brauchen aber Strom von Montag bis Sonntag. Also es reicht nicht, wenn ich sage: >Es muss weniger Schwein und Kuh gegessen werden<, sondern es geht vor allen Dingen um: Wie produzieren wir demnächst unser Essen, unser Trinken, wie fahren wir, wie gehen wir mit unseren zukünftigen Generationen um?
Und da geht es um weitaus mehr als nur um das Schwein am Mittwoch, aber, wie gesagt, ohne Ideologie. Wenn ich da jetzt über unsere Wälder nachdenke, die CO2-Speicher ja auch sind irgendwo, also die brauchen ja CO2. Und deshalb habe ich auch eben davon gesprochen: Der echte Treibhauseffekt ist ja nicht die Kuh. Die Kuh ist ja nicht das Problem, sondern der richtige Treibhauseffekt sind ja unsere menschengemachten CO2-Ausstöße, die nicht gesund sind, wo der Treibhauseffekt definitiv da ist. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch unsere Wälder ein bisschen beobachten und mal schauen: Wie können wir die aufforsten, dass dieser CO2-Speicher, den wir vor Jahrhunderten groß und effektiv gut genutzt haben, auch wieder aufgebaut werden kann.
Da liegt eigentlich auch mein Schwerpunkt, unser Schwerpunkt, dass wir sagen: Unsere heimischen Wälder müssen ganz anders aufgebaut werden. Die müssen strukturell aufgebaut werden. Der Landwirt, der Forst betreibt, oder der Förster muss es lohnenswert haben. Das ist die eine Seite, es muss wirtschaftlich sein. Auf der anderen Seite muss klimaneutral nach vorne gedacht werden, dass diese Wälder unser CO2 wieder auffangen.
Ich bin ja immer gegen irgendwelche Stromtrassen auf den Autobahnen. Das wird sich A landschaftlich nicht ins Bild einpflegen lassen und B ist es auch nicht wirtschaftlich. Also wirklich ideologiefrei. Und wir haben ja das große Thema Wasserstoff. Wir werden da auch oft drauf reduziert, es wird gesagt: >Naja, die Freien Wähler haben ja nur das Thema Wasserstoff<. Das ist so nicht ganz richtig. Wir sind der Auffassung, dass Wasserstoff uns halt das Bindeglied geben kann zwischen E-Mobilität, der aktuellen Mobilität und der zukünftigen Mobilität. Denn wir werden es nicht schaffen, nur mit E-Mobilität alles in den nächsten Jahren umzukrempeln. Wir müssen dahin kommen, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Kräfte bündeln und einsetzen. Das ist eigentlich so der Punkt.
Und ÖPNV ist sowieso ein klares Thema. Bus, Bahn, dass es für Schüler Geld kostet, das ist schwierig nachzuvollziehen. Jetzt über 1 Euro Ticket, da haben viele Parteien drüber gesprochen, das ist unsäglich, das ist ein Ding, da braucht man keinen Wahlkampf mit machen. Das ist eine Selbstverpflichtung meiner Meinung nach, da muss der Bund für einstehen. Wenn der Bund das nicht kann, dann das Land. Und da stehen wir ganz klar für ein, also Strukturen im öffentlichen Nahverkehr ist ein ganz, ganz wichtiges Thema.
Wir haben in Oberberg das riesen Thema Wiehltalbahn und die RB25. Für mich unsäglich, dass wir die als Schnellbahn ausbauen wollen. Das ist schon längst fällig und überfällig. Ich komme ja aus Marienheide und in Marienheide haben wir vor Jahren schon die Frage gestellt, wann denn endlich mal das zweite Gleis in Marienheide kommt, damit wir endlich mal eine schnellere RB25 bekommen, denn eine Stunde von Marienheide nach Köln ist echt anstrengend, aber ist halt so, Stand jetzt. Und da ist uns damals gesagt worden: >Ist nicht denkbar. Das ist noch weit weg und da sind die Planungen nicht konkret< und Co KG. Ich muss heute sagen: Ich bin sehr froh, dass wir dann doch endlich mal in die Richtung denken, dass die RB25 doch eine Schnellbahn werden soll, also eine S-Bahn. Unverzichtbar. Die Anbindung Richtung Ruhrpott, also erstmal Richtung Sauerland, Richtung Meinerzhagen, ist unfassbar wichtig. Das hat auch nicht nur berufliche und, ich sag mal, ÖPNV-Gründe, sondern es hat auch touristische Gründe.
Und da sind wir wieder bei dem Thema, es schließt sich irgendwo auch der Kreis: Wenn ich viele Kommunen miteinander verbinden kann über Kreisgrenzen hinweg, über Ländergrenzen hinweg, innerhalb eines Landes, des Bundes, dann kriege ich auch ganz andere Finanzen querfinanziert. Es wird immer oft vernachlässigt die Situation von Querfinanzen zu reiner Refinanzierung. Die Refinanzierung bedeutet ja nur: Ich brauche eine Strecke, die etwas bezahlt, was getan wird. Und die Querfinanzierung ist für mich da gegeben, wo ich sage: Jemand fährt in den Urlaub und bezahlt in Deutschland sein Geld für seinen Urlaub, aber innerhalb Deutschlands. Das Geld, was er also ausgibt, geht nicht irgendwo anders hin, sondern bleibt in dem Wirtschaftskreislauf drin. Und das sind Querfinanzierungen, die ich hinbekommen kann ohne große Fördermittel, nur macht es auch Sinn ÖPNV auszubauen.
Unabhängig davon, dass ich damit auch noch das Klima schütze, das ist ja ein ganz anderer Effekt. Wobei ich auch da sagen muss: Es bringt natürlich nichts, Klimaschutz nach vorne zu treiben, zu sagen: >Es ist alles toll und gut< – und dann fährt da eine Diesellok. Das ist natürlich die andere Debatte, die wir noch führen müssen. Trotzdem ist es gut: 100 Leute in einer Diesellok, als wenn 100 Leute mit 100 Autos fahren, das ist auch klar. Dennoch bin ich für die eigene Mobilität, dass jeder sein Auto fahren darf, wie er möchte. Das kommt auch wieder dazu. Aber lasst uns doch ein Angebot machen, dass diese Menschen mit erneuerbaren Energien fahren können. Super, Projekt Geld investieren.”
Für wie effektiv halten Sie die CO2-Steuer insgesamt? An welchen Stellen würden Sie nachbessern wollen?
“Bringt die CO2-Steuer überhaupt das, was man erreichen will? Also ich glaube, es ist keine böse Absicht hinter der CO2-Steuer – hoffe ich, muss ich auch ganz klar sagen, ich hoffe das. Ich glaube nur, das was sie damit erreichen wollen, was ich glaube, das erreicht werden soll, nicht damit ereicht wird. CO2-Steuer heißt ja eigentlich nicht mehr, als dass ich das, was schon vorhanden ist, besteuere. Das ist ja kein Anreiz etwas neues zu machen, es ist ja nur: >Du machst das und das bestrafe ich mit einer CO2-Steuer<.
Jetzt sind wir wieder bei dem Thema: Was kann sich wer erlauben? Das kann ich sicherlich bei dem machen, bei dem das Geld locker auf der Bank liegt. Ich kauf mir eben jetzt ein neues Auto, was eben nicht CO2-Steuerbepreist wird. Was ist denn mit dem, der das gar nicht kann? Der ist auf den ÖPNV angewiesen und Co KG, ich überspitze jetzt mal ganz bewusst: Für mich gibt es da keine klare Aussage, wie ich insgesamt mit dem Thema umgehen möchte.
Also für mich ist die CO2-Steuer an sich nicht durchdacht. Da muss man anders ansetzen, man muss viel mehr mit Angeboten arbeiten und auch mit Fördermöglichkeiten, anstatt hier wieder mit Verboten zu kommen. Ich weiß, die Politik sagt: >Es ist kein Verbot, es ist eine Steuerung, eine Querfinanzierung<, aber mit Geld, also mit reinem Geld, was im Bund landet, ändere ich keine 0,1 in der Erderwärmung, das funktioniert nicht, also in der Gradzahl. Sondern ich brauche Konzepte, ich brauche Projekte, die dadurch querfinanziert werden und die sehe ich noch nicht. Deshalb ist die CO2-Steuer Stand jetzt für mich völlig überflüssig.
Hier muss man weiterdenken und auch da sind wir wieder bei dem Thema: Das Volk ganz anders mitnehmen und auch einbinden – Ein Deutschland für alle zu machen und zu sagen: Passt auf, wir müssen uns um das Thema kümmern, wo ich auch glaube, die Mehrheit der Deutschen ist auch dafür, dass wir uns um das Klima kümmern. Also selbst mein Opa hat damals als Landwirt schon zu mir gesagt: >Das, was du heute pflanzt, das wirst du irgendwann ernten<. Das ist von Baum bis Gerste bis was weiß ich nicht was gemeint. Es geht ja nicht eben nur darum, sich ein Haus zu bauen und später kostenfrei zu wohnen, sondern auch Essen und Trinken zu haben und das klimaneutral herzustellen. Deswegen: Ohne Ideologie und langfristig denken, aber CO2-Steuer Stand jetzt nicht gut.”
Ein wichtiges Thema im Oberbergischen ist der Wald. In vielen Fällen wird Forst auch als Investition zur Aufbesserung der Rente gekauft. In den letzten Jahren hat der Wald (unter anderem durch den Anbau von Monokulturen) jedoch stark gelitten, z.B. unter dem Borkenkäfer.
Sehen Sie in diesem Sinne einen Unterstützungsbedarf in der Forstwirtschaft? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Ja, definitiv. Unterstützungsbedarf aber in vielerlei Hinsicht. Die Frage ist ja so gestellt, dass ja teilweise Generationen investieren in Wald, um dort auch langfristig ihre Rente zu finanzieren oder aber den Erben etwas zu hinterlassen. Und gerade der Oberbergische Kreis ist sehr ländlich geprägt, das ist ja nunmal so. Das ist auch gut so. Also ich fühle mich auch genau deshalb hier sehr, sehr wohl. Deswegen mache ich da auch keinen Hehl draus und sage: Das ist auch absolut zu unterstützen, dass diese Sache so vollzogen wurde.
Der Borkenkäfer ist aber kein neues Phänomen in Oberberg. Wir haben ihn immer wieder gehabt und haben mit verschiedenen Maßnahmen ihn auch immer wieder versucht einzudämmen. Jetzt hat es uns halt so extrem erwischt, dass man da auch ganz klar die Frage stellen muss: Warum? Und hier geht es natürlich auch um verschiedene Einsätze von verschiedenen Mitteln, die früher gegen den Borkenkäfer eingesetzt werden durften, die dürfen heute nicht mehr eingesetzt werden. Dementsprechend verbreitet er sich natürlich.
Ich will jetzt nicht sagen, dass wir alles wieder erlauben müssen, was wir irgendwann mal verboten haben, aber die Frage muss gestellt werden können: Was hat man in der Vergangenheit da falsch gemacht, aber nicht beobachtet, dass es so schnell mit unseren Wäldern jetzt dahin geht? Das ist auch nicht nur ein Phänomen in Oberberg, das ist ja ein deutschlandweites Phänomen, was wir da sehen. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist Monokultur, definitiv, ja, die ist vorhanden – hat aber auch seine historischen Gründe im Oberbergischen Kreis. Auch da mache ich keinem Förster und keinem Landwirt einen Vorwurf, sondern hier ist die Wirtschaftlichkeit auch einfach eine Frage. Und wenn man sich da die Frage stellt und das sage ich jetzt auch einfach mal ganz offen, über Parteigrenzen hinweg, jeder macht privat eine Entscheidung davon abhängig, ob die sich für ihn lohnt oder nicht: Investiere ich dort Geld oder lasse ich es? Und von daher mache ich denen, die es machen, keinen Vorwurf.
Wenn ein Investor kommt und irgendwo einen Supermarkt hin bauen will, dann will er ihn dahin bauen. Die Frage ist aber: Passt er in den Ort? Gehört er dazu oder nicht? Und das entscheidet nicht der Investor. Der Investor hat vorher seine Rechnung aufgemacht und gesagt: >Okay, für mich reicht das, ich mache das<. Aber wenn die Kommune sagt: >Das Landschaftsbild wird dadurch so arg beeinträchtig<, das muss ja nicht der Supermarkt sein, es sind auch viele andere Themen, die einen baulichen Charakter auch vorhanden sind, große Fragen. Dann muss ich als Politik sagen: Nein, will ich so nicht. Und da ist sicherlich ein Fehler gemacht worden hinsichtlich der Unterstützung der Waldbauern, da langfristig Konzepte aufzubauen.
Und da muss man auch ganz klar sagen: Viele Politiker lehnen sich ganz schnell aus dem Fenster und sagen >Die tun ja nichts< oder >Das sind Monokulturen und die sind alle böse< und da wird ja nicht über was anderes nachgedacht. Da muss man vorsichtig sein, also gerade die Forstämter, gerade die Landwirte und auch die ganzen Landbauern und Forstbauern sind sehr, sehr oft im Austausch und schauen sich seit Jahren an: Wie kriegen wir unsere Wälder für die nahe Zukunft auch wirklich aufgebaut? Wie kriegen wir das refinanziert?
Und da ist ein riesen Problem, also wenn man jetzt zum Beispiel mal bei uns über die Kreisgrenzen hinweg schaut, im Hochsauerlandkreis, das sind viele Familien, die leben nur von Wald. Da ist also nicht Wald einfach nur eine Rentenvorsorge nebenbei, sie leben Stand jetzt heute von Wald und haben keinen Wald mehr, weil der einfach weg ist. Entweder einfach abgebrannt oder wirklich weggefressen vom Borkenkäfer. Und jeder, der sich mit Wald auskennt, weiß ganz genau: Was ich heute pflanze im Wald, das wird in 20, 30 Jahren wenn überhaupt erst zu einem Ertrag führen und dafür muss ich erstmal aufforsten. Ich muss erstmal alles an Schädlingsholz aus dem Wald herausholen, bevor ich überhaupt etwas neues pflanzen kann, was wirklich gut wächst.
Um auf den Punkt zu kommen: Hier sind riesengroße Förderprogramme gefragt und hier muss man aber auch wieder, und da stehe ich auch wieder zu, nicht einfach Geld reinschmeißen, sondern sinnhaft mit Konzepten, mit allen Beteiligten aufbauen und bis dass es soweit ist, da fordere ich auch ganz klar Hilfe ein für die Landbauern, für die Waldbauern, dass man die da auch bis dahin unterstützt. Auch finanziell. Dass die auch dabei bleiben und dass unsere Wälder auch langfristig wieder forsten, weil das ist ja auch dieser Trugschluss. Ich kann ja jetzt nicht sagen: >Dann sucht euch eine andere Arbeit in der Zeit, bis dass der Wald wieder gewachsen ist<, ich muss denen ja auch irgendeine Alternative bieten können und sagen: Passt auf, wir wollen euch nachher wieder haben als die, die sich darum kümmern und bis dahin haben wir eine Alternative für euch.
Und da müssen wir Geld investieren, dass wir den Leute die Chance bieten auch aktiv zu bleiben. Denn da muss ich als Vater auch sagen: Ich kann meinem Sohn ja nicht sagen, warte noch zwei, drei Jahre. Wir essen jetzt halt nur noch Toastbrot, überspitzt gesagt, was vielleicht auch gar nicht klimaneutral ist. Das kommt ja auch noch dazu. Nein, Spaß beiseite, ich meine es völlig ernst. Ich kann meinem Sohn ja nicht sagen: Mach das noch zwei, drei Jahre, halt mal durch, zieh den Gürtel ein bisschen enger, es wird schon werden. Ich brauche einen Plan, auch für meine Kinder und deswegen kann ich alle verstehen, dass da ein Plan gefragt ist.
Ich glaube aber auch, beziehungsweise weiß es, dass die ganze Waldbauern nicht sagen: >Wir müssen die Monokulturen aufrecht erhalten<, sondern viele von denen sind sehr, sehr, sehr grün, wirklich grün, das muss ich auch betonen, es gibt ein grün und es gibt richtiges grün und diese Waldbauern sind richtig grün, weil sie verstehen, wie ein Wald funktioniert und es sind CO2-Speicher. Riesengroße CO2-Speicher, wenn wir sie ordentlich bedienen und da kommt es drauf an, wie gesagt Förderprogramme aufzubauen, um hier CO2-Speicher auch wiederherzustellen. Und hier gibt es keine einfache Antwort drauf. Das ist ein komplexes Thema, hier muss man sich zusammensetzen und hier gehören viele an einen Tisch, nicht nur die Politik.”
Sehen Sie einen Regulierungsbedarf für die Aufforstung in Hinsicht auf Monokulturen oder Baumarten?
“Ja, das ist genau das, was ich eben gesagt habe. Das ist eben deswegen auch gar nicht so einfach, das jetzt Regelungen einzuführen. Es ist natürlich so, dass gerade der Oberbergische Wald gerade in den letzten Jahrzehnten geprägt ist von Fichten und Tannen. Ob das die langfristige Kultur für den Oberbergischen Kreis ist, das mag ich persönlich sehr arg bezweifeln, ob das nur sein darf. Ich glaube aber auch, dass es weiterhin dazugehören wird, in welcher Form auch immer.
Regulierungen sind insoweit schwer, dass ich halt sage: Wir müssen erstmal gucken, wie wir überhaupt den Wald in die Lage versetzen, dass wir überhaupt etwas pflanzen können. Und was wird gepflanzt und wer zahlt das Ganze? Und da muss man sich auch mal angucken: Welche Baumarten sind überhaupt für die nächste Zeit geeignet? Jetzt haben wir die letzten zwei Jahre einen sehr, sehr warmen Sommer gehabt, extreme Sommer auch mit Hitze, mit Feuer, mit Brand, mit Extremwetterlagen, die wir hatten und diesen Sommer muss man sagen, haben wir einen durchschnittlichen Oberbergischen Sommer mit leider einem heftigen Starkregenereignis, der gerade Hückeswagen, in Radevormwald extremst getroffen hat und Wipperfürth. Das war natürlich eine riesen Katastrophe.
Das heißt, wir erleben ja Wetterextreme. Das kann ja keiner wegwischen. Das ist ja de facto nunmal da und ich bin auch absolut kein Klimawandelleugner, im Gegenteil. Aber wir haben auch diese Wetterextreme auch vor Jahrhunderten schon mal gehabt und schon vor Jahrhunderten hat man sich vor dieselbe Situation gestellt und überlegt: Wie kriegen wir das langfristig wieder hin? Auch da haben sich Leute Gedanken gemacht und es hat ja funktioniert anscheinend. Der Waldbestand ist ja da gewesen und es hat sich halt irgendwann in Richtung der Fichte orientiert, weil es halt schnellwachsende Systeme sind.
Um die Frage zu beantworten: Wenn wir wollen, dass es Konzepte gibt, dass man Leuten sagt: >Pass mal auf, wir wollen weg von der Monokultur, wir wollen hin zu…<, dann bin ich wieder bei dem Thema, dass ich sage: Ja, aber der, der das da macht, der, der den Wald auch forsten soll, der muss das auch finanziell schaffen. Der muss sich das lohnend erarbeiten, da muss ich ihm auch die Möglichkeit geben, sehen, dass er das auch kann. Wir haben ja eben über die CO2-Steuer gesprochen: Dann bitte setzt doch das Geld, was wir über die CO2-Steuer einnehmen, auch dort ein und finanziert diese Waldbauern auch quer und sagt: >Durch das Geld lebt ihr langfristig und irgendwann sehen wir zu, dass wir durch eure Kulturen, durch euren Wald auch wieder CO2 speichern und das, was wir an Wald nicht für die CO2-Speicher brauchen, werden wir nachher wieder in den Wirtschaftskreislauf bringen, damit wir – wir sitzen ja auch jetzt gerade zusammen an einem Tisch, wo eine Holzplatte drauf ist – auch wieder über Möbel sprechen können, über nachhaltige Möbelstrukturen.
Das ist ja die nächste Debatte. Wir können ja nicht sagen: >Wir forsten jetzt alles auf und pflanzen überall Bäume und die bleiben alle Jahrhunderte stehen<. Wir müssen uns da ehrlich machen und sagen: Wir brauchen Holz, um zu leben. Wir arbeiten mit Holz, wir sitzen an Holz, wir sitzen in Holz. Das heißt, wir müssen auch darüber nachdenken: Wie ist das wirtschaftlich? Also das ist ein sehr komplexes Thema und Strukturen zu schaffen, um da, ich sage mal, Eingrenzungen zu machen, ja, klar, aber alle mitnehmen. Nicht jetzt einfach wieder hier politisch eine Debatte aufmachen: >Wir müssen hier etwas verbieten, damit keine Monokulturen auftreten<, das finde ich völlig fehl am Platz, sondern die Profis, die da am Werk sind, mitnehmen und fragen: >Wie können wir das langfristig anders und gut gestalten, dass es sich für euch lohnt, für uns gut ist und fürs Klima gut ist?<. Das wäre unser Ansatz.
Verschiedene Tierhaltungsformen stehen stark in der Kritik, doch Änderungen stellen sich bisher eher schleichend ein. Wen sehen Sie in der Verantwortung etwas daran zu ändern?
“Ja, alle sagen: >Der Verbraucher<. Ich sage: Der Verbraucher nimmt das, was für ihn am wirtschaftlichsten ist. Deswegen ist die Antwort >Der Verbraucher< richtig, aber ich möchte es ein bisschen weiter ausfahren, da wir, wie gesagt, auch aus dem landwirtschaftlichen Bereich kommen.
Es ist leider so, dass die Landwirtschaft auch wirtschaftlich geprägt ist. Genau wie die Waldbauern auch wirtschaftlich aufgebaut sind, sind auch die Tierhalter wirtschaftlich aufgebaut, da sie natürlich für sich selbst sorgen müssen. Und wenn ich jetzt darüber nachdenke, dass ein Landwirt überspitzt gesagt – ich glaube sogar, Landwirte würden sagen, das ist noch nichtmals überspitzt, aber ich sage bewusst: Das ist überspitzt – nur deswegen Landwirte sind, weil sie Subventionen bekommen einmal oder zweimal im Jahr und auch deswegen überhaupt Landwirt sein können, dann brauche ich mich ja nicht wundern, dass die Situation in der Tierhaltung immer prekärer wird, immer schwieriger wird für die Landwirte, auch nachhaltig dafür zu sorgen, dass sie das so hinkriegen, wie wir alle uns das so vorstellen.
Eben in den Supermarkt gehen und sagen: >Das muss alles Tierhaltungsqualität Nummer 1 sein, alles muss perfekt sein, super, super, super grün< und wollen dann nicht 5,80 Euro bezahlen, sondern nur 1,20 Euro im Discounter. Da ist eine riesengroße Debatte zu führen, langfristig auch hier den Landwirten den Anreiz zu geben, auch finanziell, sich umzuschwenken, weg von dieser konventionellen Haltung hin zu strukturell wirklich gutem, nachhaltigen Aufbau, aber auch dem Verbraucher klar zu machen: Dann wird es auch nicht günstiger. Das wird wahrscheinlich eher teurer werden. Dann esst weniger davon, aber dafür gut.
Wirkliche Ansprüche sind da an Politik, an Landwirte und an den Verbraucher zu stellen. Also hier geht es nicht darum, die Landwirte in eine Ecke zu stellen. Da bin ich strikt gegen, da sind wir als Freie Wähler auch nicht für zu haben, im Gegenteil: Wir wollen genau denen helfen. Ich habe gerade eben das angebracht und da stehe ich auch zu: Wenn jemand Ahnung hat von Natur, von Landwirtschaft, dann sind es die Landwirte. Dann sind es die Waldbauern, die Landwirte, all die ganzen Generationen, die uns seit Jahrhunderten beibringen, wie man mit Land umgeht, also sind sie auch nicht zu bestrafen, im Gegenteil: Man muss sie unterstützen in dem, was sie tun und dann können wir auch wieder dahin kommen, dass sie auch noch deutlich nachhaltiger werden, als sie es schon sind.
Wo ich strikt gegen bin, ist, dass wir weiterhin dafür sorgen, dass es noch mehr wird an größeren Ställen, an noch mehr Tiere pro Fläche. Das darf natürlich nicht passieren. Aber ich verurteile keinen Landwirt heute dafür, dass er auf seinem wenigen Platz, den er zur Verfügung hat, möglichst viele Tiere stellt, weil er das aus wirtschaftlichen Gründen machen muss. Und da müssen wir das als Politik einfach ändern. Wir können nicht sagen: >Der Landwirt ist schuld<. Das ist Quatsch. Der Verbraucher kauft das, was ihm angeboten wird. Angebot und Nachfrage regeln den Markt, das ist so.”
(9) Umwelt-/Verkehrspolitik
Ein beliebtes Thema in fast jeder Wahl der letzten Jahre ist das Tempolimit. Welches Tempolimit halten Sie für sinnvoll und umsetzbar und warum?
“Wir sind bei Tempolimit zwiegespalten in Deutschland. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht überall Limits einsetzen, das habe ich, glaube ich, heute auch schon ein paar mal gesagt, weil Ideologien verbieten irgendwann auch das normale Leben. Das ist dann auch schwierig. Aber da, wo es angebracht ist, also Verkehrsschwerpunkte, da wo Unfälle an Schwerpunkten auch auftreten, sind Tempolimits definitiv auch richtig. Haben wir auch heute schon. Es gibt ja kaum eine Autobahn, wo viele Unfälle passieren, wo kein Tempolimit vorhanden ist.
Tempolimit von 100 oder von 80 oder von 90 finde ich auf deutschen Autobahnen sehr, sehr schwierig, weil wir doch innerhalb Deutschlands Strukturen haben, gerade was Wirtschaft betrifft, die ja doch darauf angewiesen sind, dass ein fließender Verkehr stattfinden muss. Das heißt: 100 oder 80 oder 90 ist sehr, sehr kompliziert. 130, 140 ist sicherlich denkbar, aber alles, was darüber hinaus ist, und da kommt wieder der Vielfahrer in mir raus, alles was 160, 170, 180 betrifft, alles was weiter geht, da bin ich unkonzentriert und da ist die Unfallgefahr natürlich deutlich höher. Das ist meine persönliche Einschätzung zu dem ganzen Thema.
Deswegen finde ich es gar nicht so schlimm, wenn es da irgendwo in den Bereichen eine Grenze gibt. Ich möchte aber da weg von den Ideologiefragen, weil hier wird ja auch gesagt: >Umso schneller ich fahre, umso mehr CO2, umso ungrüner bin ich, umso dreckiger werde ich als Autofahrer<, finde ich ganz, ganz schwierig. Denn da unterhalten wir uns echt über Größenordnungen, die ja kaum messbar sind im Unterschied auf der einzelnen Strecke gesehen. Klar macht es im Ganzen wieder etwas aus, ob ich so oder so viel fahre, aber das sind Debatten, da fangen wir nicht drüber an.
Für mich ist da echt die Debatte zu führen, was die Verkehrssicherheit betrifft. Und ganz klar, alles, was über 140, 150 hinweg ist, ist nicht notwendig. Das ist so. Trotzdem freue ich mich, und ich glaube, das geht vielen so, wenn ich mal einen Streckenabschnitt habe, wo ich auch etwas schneller fahren darf. Also vielleicht findet man auch Lösungen, dass man sagt: Im engen Verkehrsbereich Tempolimit, aber auf anderen Bereichen, so wie wir es ja auch bei uns in der Gegend haben teilweise, um bestimmte Uhrzeiten kann man auch etwas schneller fahren. Das ist doch alles in Ordnung. Also: Keine Ideologie, wäre da gefragt.”
Auch Dieselfahrverbote sind immer wieder im Gespräch. Was ist Ihre Meinung dazu?
“Dieselfahrverbote sind ja gerade von denen gefordert, die den Diesel in den 60er, 70er, 80er Jahren absolut gehypt haben und gesagt haben: Das ist die einzige Alternative zu dem konventionellen Benzin. Heute scheint der Benziner sauberer zu sein als der Diesel. Wundert mich ein bisschen, weil der Dieselpartikelfilter, gerade die Euronormen, haben eigentlich das Gegenteil gezogen.
Bestes Beispiel ist zum Beispiel ein LKW, der heute auf den Markt kommt mit der neuesten Euronorm: Zieht vorne dreckige Luft ein und tatsächlich, das ist ja auch nachgewiesen, das sagen ja verschiedene Forscher auch, bläst er hinten eine ganz andere Luft wieder raus als er vorne eingezogen hat. Also er macht die Luft nicht dreckiger, sondern, wenn man es wirklich auf die Spitze treibt, vielleicht sogar ein bisschen sauberer. Die Debatte will ich aber nicht führen, weil Ziel sollte sein, noch sauberer zu werden, noch besser zu werden, was die ganzen Thematiken betrifft.
Ein Dieselfahrverbot finde ich absolut schwierig, solange ich auch hier keine Alternative finde für Vielfahrer, für Wirtschaftlichkeit und Co KG. Bis dahin finde ich ein Dieselfahrverbot absolut kontraproduktiv, weil es unsere Wirtschaft gefährdet und das finde ich schwierig. Wir müssen uns als Politik ja auch wieder ehrlich machen und sagen: Wir müssen Konzepte entwickeln, dass sich Firmen und Unternehmen, Fahrer und Vielfahrer auch interessiert daran finden, mit alternativen, neuen Möglichkeiten zu fahren.
Und E-Mobilität ist heute nicht grüner als Diesel, wenn ich mir überlege: Wie funktioniert denn tatsächlich die Herstellung einer E-Batterie? Und da sind wir noch gar nicht bei den Möglichkeiten, bzw. den prekären Situationen: Wie wird eine Batterie überhaupt hergestellt und was sind da für nachhaltige Probleme? Denn für mich ist Nachhaltigkeit auch wieder unterschiedlich zu sehen. Es geht mir nicht nachhaltig darum: Wie nachhaltig habe ich meinen Fußabdruck? Das ist sowieso ein wichtiges Thema, ganz klar. Aber nachhaltig ist auch: Was verdient die Person, die für mich dort arbeitet? Was bekommt die Person? Welches Alter hat diese Person, die da gerade arbeitet, um die Batterie herzustellen?
Und da muss ich ganz klar sagen, da war ja die Kobaltfrage auch in dem bundesweiten Medientrend auch ein bisschen vorhanden. Ist auch gar nicht so lustig, wie das viele gemeint haben. Ich finde es eher total prekär, dass man über sowas nicht debattieren darf. Also der Kobalt ist für mich nicht das Mittel für die nächsten Jahre, definitiv nicht. Zumindestens nicht, wie er jetzt abgetragen wird. Und wir reden immer über Rohstoffe und das ist auch ein Rohstoff und der ist auch endlich.
Für mich ist die Debatte der Dieselfahrverbote absolut verfrüht, deutlich verfrüht. Was ich richtig finde, ist, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir in Zukunft unsere Fahrzeuge befüllen wollen. Aber zum Diesel muss man auch ganz klar sagen, ich habe ja eben über E-Fuels gesprochen, es gibt viele, viele Firmen in Deutschland, die sich in den letzten Jahren gerne bemüht hätten, ein Patent zu bekommen für neue Dieselformate, die sind nicht gegeben worden vom Bundesamt für Verkehr. Das muss man auch mal ganz klar sagen. Also es ist was im Rennen, es ist was vorhanden.
Ich behaupte einfach mal: Da ist zu viel Ideologie im Spiel. Wir müssen mal hin und wir müssen, ich habe es ja gesagt, uns ehrlich machen und alles auf die Straße bringen, was wir an Möglichkeiten haben. >Angebote im Blumenstrauß<, ich habe eben meine Oma zitiert, sie hat immer gesagt: >Der Blumenstrauß muss groß sein<. Wenn du jemanden kennenlernst, dem du einen Blumenstrauß geben willst, du weißt aber nicht, welche Blumen sie mag, dann pack alle Blumen mit rein, damit sie sich eine rausnehmen kann. Und das finde ich da auch ganz, ganz wichtig. Und auch in orange. In der Farbe gibt es ganz viele Blumen. Deswegen können wir das gerne gemeinsam gestalten, ohne Ideologie. Definitiv.”
Der Verbrennerausstieg ist stark umstritten. Ist ein Verbot Ihrer Ansicht nach zielführend?
“Absolut nicht. Ein absolutes Verbot von Verbrennern auch A viel zu verfrüht, weil Alternativen noch nicht genügend vorhanden – also vorhanden ja, aber nicht genügend vorhanden und vor allem nicht ideologiefrei vorhanden – und auf der anderen Seite: Warum sollen wir einen Verbrenner verbieten? Es geht doch eher darum, die Verbrenner grüner zu machen, klimaneutraler zu machen. Die Technologie, die dahinter steckt, die ist seit Jahrzehnten erprobt, fast schon Jahrhunderte. Das heißt, wir müssen uns eigentlich nur darum kümmern, dass wir diese Formate deutlich effizienter machen, dass sie deutlich weniger Fußabdruck hinterlassen und dementsprechend klimaneutraler werden, wenn nicht sogar klimaneutral. Also nicht nur neutraler, sondern wirklich 100 Prozent neutral. Und das ist möglich, absolut möglich.
Wir haben gute Industrie, wir haben gute Technologie, wir haben gute Forscher in Deutschland und die sollten wir mal ein bisschen mehr unterstützen, dass sie ihre Arbeit dort auch weiter fortführen dürfen und nicht mehr ausbremsen. Wir brauchen nicht irgendwelche Stromerzeugnisse aus anderen Ländern holen, wir haben Möglichkeiten bei uns hier im Land. Das ist deutlich einfacher zu gestalten.”
(10) Coronapolitik
Wie zufrieden sind Sie mit den derzeitigen Corona-politischen Maßnahmen und was würden Sie verbessern (ausgenommen der Impfstrategie)?
“Zufrieden mit der Coronapolitik – noch nichtmals mäßig. Sagen wir es mal so, ich bin nicht komplett enttäuscht, aber ich bin schon enttäuscht bis sehr enttäuscht. Und zwar, das habe ich ja schon ein bisschen angerissen, fängt es bei mir halt da an, dass wir die ersten zwei, drei Monate, glaube ich, zu 80, 90 Prozent der Deutschen gesagt haben: >Naja, okay. Pandemie, Maske auf, kein Thema. Abstand halten sowieso. Das wird ein riesen Problem. Pandemie, wir wissen gar nicht, was das ist. Wir müssen lernen, damit umzugehen<. Alles gut, kein Vorwurf an die Politik, dass man da die ersten acht, neun, zehn Wochen sich erstmal finden muss und erstmal gucken muss: Wo kommt das her und wie gehen wir damit um? Was hat das überhaupt für Folgen, gesundheitliche Folgen? Was ist mit unseren Intensivkapazitäten? Das war auch alles richtig, dass man sich erstmal darum gekümmert hat. Da standen wir auch alle, wie man so schön sagt, schön auf dem Balkon und haben allen zugeklatscht und haben gesagt: >Oh, die Pflege und guck mal, wie wichtig das ist und wir müssen uns dringend darum kümmern<.
Heute hört man da eher wenig von, nur mal so als kleiner Wink mit dem Zaunpfahl. Da hat es für mich auch langsam angefangen, wo ich gesagt habe: Jetzt wird es schwierig. Weil nach drei Monaten immer noch kein Konzept zu haben, nach drei Monaten immer noch zu sagen >Wir müssen einfach Abstand halten, Maske tragen<, die Debatten über Stoffmaske oder FFP2, wer darf FFP2, wo bekomme ich sie her, waren ein riesen Problem. Ich werde gleich noch einen Punkt ansprechen wegen den Masken. Das ist nachgelagert, definitiv, weil sonst würde ich mich da zu sehr in Rage reden – apropos Lobbyregister.
Hier muss man ganz klar sagen: Die Strategie der Bundesregierung war einfach insoweit falsch, dass man sich Themen vorgenommen hat, die hätten später kommen müssen, hätte aber Themen vorlagern müssen, die zu spät angegangen worden sind. Ich darf ja nichts zur Impfstrategie sagen, deshalb werde ich das in dem Block auch nicht, aber Vorsorge ist besser als Nachsorge.
Und wenn ich als Unternehmer arbeiten würde, müsste ich mir vorher Gedanken machen, was ich heute kaufe, um es morgen zu benutzen, anstatt morgen zu sagen: >Oh, hätte ich das heute mal gekauft, weil heute ist es teurer<. Und Gesundheitsfragen dürfen für mich keine wirtschaftlichen Fragen sein. Schwieriges Thema da zu sagen: >Ihr seid alle blöd und ihr seid alle schlecht<, das mache ich auch nicht, aber die Strategie der Bundesregierung war nicht richtig.
Unabhängig davon, und das ist das, was ich nachgelagert sagen möchte, ist es eine Unverschämtheit sich an einer Pandemie zu bereichern und da ist es mir völlig egal, ob das ein Bundespolitiker ist, ob es der Sohn von einem Bundes- oder Landespolitiker ist, ob es die Firma von irgendwem ist oder ob ich nur mit fünf Prozent beteiligt bin. Da wäre es schön gewesen ein Lobbyregister zu haben, denn dann hätte definitiv vieles anders gehandhabt werden müssen. Es ist auch zum Beispiel, ich will jetzt auch gar nicht so weit drauf hinaus und eingehen, da soll jeder für sich selbst entscheiden, wie er damit umgeht, ich persönlich fand es eine Frechheit, ganz egal, aus welchem Parteigremium das ausging, das war aus vielen anderen Parteien auch sichtbar.
Ich fand es eher gut, wie der bayerische Weg durch Hubert Aiwanger gegangen wurde, dass man gesagt hat vor Ort: >Wir wollen hier in Bayern für Bayern Masken produzieren und diese querfinanzieren durch das Land, um auch vor Ort wirklich autark zu sein<. Jetzt ist die Frage, heute wird ihm ja vorgeworfen, dass die viel zu teuer produziert worden sind, dass die viel zu teuer eingekauft worden sind und, und, und, und… Wo ich dann sage: Ja, na gut, aber Arbeitsverhältnisse waren in Ordnung, die sind nicht prekär wie die Masken, die wir irgendwo hergeholt haben. Das ist Punkt Nummer eins.
Punkt Nummer zwei ist: Wirtschaftskraft bleibt bei uns, also in dem Falle in Bayern – hätte ich in Nordrhein-Westfalen auch gerne gehabt. Da haben wir sie von einer bestimmten Firma kaufen müssen – ist aber egal. Und, das finde ich viel, viel wichtiger: Die Strukturen, die ich aufbaue, die baue ich für uns auf. Also anders herum gefragt: Warum hatten wir diese Strukturen nicht? Warum hatten wir nicht Strukturen, dass wir für solche Starkereignisse, für solche Katastrophensituationen – für mich ist es eine Katastrophe, eine Pandemie ist nichts lustiges, es ist eine absolute Katastrophe – Warum haben wir diese Technologien nicht bei uns gehabt? Wenn ich nach Asien gucke, nach China, nach Japan, dort sind Masken normal. Eine FFP2-Maske hat man bei uns nur gesehen, wenn mit Asbest gearbeitet wurde oder wenn auf dem Bau irgendwas schwerwiegendes getan wurde. Das war für uns überhaupt nicht sinnvoll, irgendwo im Laden eine Maske zu finden. Den Vorwurf mache ich auch nicht der Politik, dass das nicht im Laden war, also im Supermarkt. Da war der Bedarf nicht für da, habe ich eben auch gesagt, Angebot und Nachfrage. Das ist in Deutschland ein ganz wichtiges Thema. Das ist auch gut so, soll auch so bleiben.
Aber mich hat es stark gewundert, dass wir keine Produktionskräfte haben, die sich um solche Themen kümmern. Da bin ich fest von ausgegangen, dass wir für sowas überhaupt keine Diskussion haben, das geht schnell. Hat die Politik ja bis heute nicht wirklich geschafft, Strukturen aufzubauen und da in Deutschland Masken herzustellen. Und da haben wir uns eben über Nordstream 2 unterhalten, wie abhängig wir dann nachher von einem Land werden können. Da habe ich bewusst ja auch gesagt: Wir können da den Weg zurück sehr schwer begegnen. Wir machen uns gerade in der Pandemie total abhängig von anderen, indem wir Masken woanders bestellen müssen. Wir haben auch eine Zeit lang gemerkt, wie es dann ist, wenn jemand sagt: >Nein, ihr kriegt jetzt keine. Erstmal sind wir selber dran<. Da haben wir eine Zeit lang gar keine Masken gehabt. Das muss man sich mal vorstellen.
Heute gehe ich in jeden Supermarkt, die liegen überall relativ preiswert zur Verfügung und ich bin auch froh, dass da auch der Bund reagiert hat und gerade auch hilfsbedürftige Personen kostenfrei zur Verfügung stellt und alles gut. Stand heute ist, was die Masken betrifft, in Ordnung. Aber ich finde es immer noch total irre, dass wir diese Masken von weit, weit, weit weg holen müssen.
Und wie gesagt, Hubert Aiwanger wird in Bayern heute dafür verantwortlich gemacht, dass sie so teuer seien in Bayern. Also ich glaube A nicht, dass es teurer ist, als wenn ich sie aus China hole, das ist Punkt eins. Punkt zwei ist, da haben Leute Geld mit verdient. Das waren wieder Firmen, die wir nicht durch Coronahilfen und Soforthilfen unterstützen mussten, sondern die tatsächlich in der Pandemie ihre Maschinen umgestellt haben und für uns Masken produziert haben, damit wir mit unserem gesunden Menschenverstand tatsächlich im Alltag weiter leben können. Hier sollte sich die Politik mehr ehrlich machen.
Um auf die Kernfrage zurückzukommen: Ich bin nicht zufrieden mit der Politik, die in der Corona-Phase gemacht worden ist, bin aber komplett dagegen da jetzt einen Wahlkampf mit zu machen. Deswegen verstehe ich auch nicht, warum Herr Söder diese komischen Impfproblematiken in Bayern aufmacht. Jeder hat das Recht selber für sich zu entscheiden, was mit seinem Körper passiert. Um nochmal auf den Kernpunkt zurückzukommen: Ich glaube, wir sollten aus dieser Pandemie eins lernen, dass wir in Deutschland wieder deutlich mehr Eigenproduktion auffahren müssen. Unsere Wirtschaft ist gut, die kann verdammt viel, wir müssen es ihnen aber auch anvertrauen und nicht immer nur anderen vertrauen.”
Sollte eine generelle Impfpflicht eingeführt werden?
“Ganz entschiedenes Nein. Auch wenn ich persönlich, wie gesagt, geimpft bin und da auch mehr oder weniger hinter stehe – mehr oder weniger habe ich ja schon erklärt, warum – bin ich gegen eine Impfpflicht, denn: Was würde das mit sich ziehen? Ich würde ja jedem Menschen in Deutschland das Grundrecht entziehen, seine eigene körperliche Unversehrtheit, das ist unser Grundgesetz, und vor allem auch seine Freiheitsrechte zu entziehen. Und da bin ich ganz klar gegen.
Wo ich für bin, ist möglichst vielen Menschen zu erklären, warum es hilfreich ist sich zu impfen. Es gibt aber auch heute noch sehr viele, die sich nicht impfen lassen können aus gesundheitlichen Gründen, aus Überzeugung, aus verschiedensten Gründen und diesen Menschen möchte ich keine Impfpflicht aufdrücken.
Wo ich aber ganz klar, und das sage ich auch hier an dieser Stelle ganz, ganz ehrlich, ganz klar für bin, ist für eine Testpflicht. Dass man halt sagt: Die, die sich nicht impfen lassen können oder nicht wollen, warum auch immer, dass die sich testen lassen müssen, um an normalen Gegebenheiten auch teilzunehmen. Übrigens, das gilt auch bei mir, das sage ich ganz klar, auch für Geimpfte, denn Geimpfte haben mit ein Risiko, nicht gleich, aber mit ein Risiko auch als Wirt zu funktionieren für das Covid19 und dies auch weiter zu verteilen und ich habe kein Problem damit, mich auch weiter testen zu lassen, obwohl ich geimpft bin, denn das Impfen habe ich ja nicht für andere gemacht, sondern für mich, damit ich nicht erkranke, aber wenn ich weiterhin der Wirt sein kann, um andere zu infizieren, dann muss ich auch für mich diese Sozialstruktur aufrechterhalten und sagen: Ich mache mich da ehrlich und werde mich weiter testen lassen.
Deswegen finde ich diese Situation gerade, dass die Tests kostenpflichtig werden, sehr kompliziert. Ich bin eher genau für das Gegenteil, weiterhin kostenfrei zu machen, um auch weiterhin alle mitzunehmen und zu sagen: Wir müssen diese Pandemie angehen, wir müssen das langfristig beenden. Denn ich bin von einem ganz klar überzeugt: Wir werden Covid19 nicht los. Das wird wahrscheinlich etwas sein, das uns die nächsten Jahrhunderte, Jahrhunderte ist vielleicht etwas weit gegriffen, aber Jahrzehnte definitiv begleiten wird und solange müssen wir uns mit dem Thema auseinander setzen. Ich kann auch nicht bis dahin immer sagen: >Ihr bezahlt für eure Teste und die anderen, die geimpft sind, die haben Glück<. Das funktioniert nicht. Ich riskiere damit Leben, wenn ich als Geimpfter weiter durch die Gegend renne und andere infizieren kann. Also hier bitte alle mitnehmen, mit allen ordentlich umgehen und hier ist kein Euro verschwendet, definitiv nicht.”
Welche Maßnahmen würden Sie zur weiteren Eindämmung der Pandemie für sinnvoller erachten? (Frage bereits zum Teil beantwortet, Möglichkeit zu ergänzen)
“Die Forschung in Deutschland sollte deutlich vorangetrieben werden. Wir haben uns gerade in der Pandemie sehr abhängig gemacht vom Robert Koch Institut. Das Robert Koch Institut ist eine super Institution und hat uns über Jahrhunderte hinweg, auch Jahrzehnte hinweg, sicherlich nach vorne gebracht. Man hat aber auch gemerkt, dass das RKI an vielen Stellen, ich will nicht sagen, überfordert war, aber dass sicherlich einige zusätzliche Forschungsinstrumente interessant gewesen wären.
Und gerade im Gesundheitsbereich macht es, glaube ich, absolut Sinn, noch mehr zu investieren. Das darf man auch einfach mal sagen, das ist gar nicht böse gemeint an die Regierung. Wir können da auch mal aus einer Pandemie lernen und sagen: Wir müssen da noch viel mehr investieren in Forschung und Entwicklung, gerade was solche Pandemien betrifft.
Aber es ist ja auch nicht die erste Pandemie, die uns erwischt, das muss man ja auch mal sagen. Es ist die erste Pandemie, die unsere Generationen, die jetzt gerade leben, betrifft, aber es gab schon viele andere Pandemien und daraus haben wir ja auch gelernt. Ich meine, Penicillin ist jetzt nicht ohne Grund auf dem Markt. Das gibt es ja nicht einfach so. Und da bin ich ganz froh, dass es damals diese Entwicklung gab und lasst uns daraus lernen und investieren und die Forschung in Deutschland weiter nach vorne treiben, gerade hier in Deutschland.
Wir sind ein guter Gesundheitsstandort. Also, wenn wir uns andere Strukturen in anderen Ländern angucken, sind wir sicherlich nicht unter den letzten, was die Gesundheitsstruktur betrifft. Aber auch da, und das ist ein ganz, ganz wichtiger Faktor, da kann man ja auch draus lernen, denen, die uns diese Gesundheit auch geben, von Pflegern bis Krankenhäusern bis Ärzten und so weiter und so fort, auch die Belohnung endlich mal geben, die ihnen zusteht.
Und da rede ich nicht über zwei, drei Euro mehr, sondern wirklich konstruktiv mal über Konzepte nachdenken, dass wir die Refinanzierung stattfinden lassen, dass nicht jeder Mensch, der dort ins Krankenhaus kommt, als Wirtschaftsgut beachtet wird, sondern dass dieser Mensch dafür genommen wird und dass gesagt wird: >Hey, du bist krank und du sollst hier wieder gesund werden und wenn du drei Monate brauchst, dann brauchst du drei Monate und der, der morgen kommt, der braucht nur drei Tage, dann ist das so<, aber nach zehn Tagen kann nicht Schluss sein mit Gesundheitsvorsorge. Das kann nicht sein, ich kann da nicht mit dem Rotstift drangehen. Das muss mit schwarzer Schrift geschrieben werden, auch wenn es rote Zahlen sind. Es ist ein Recht auf gesunden Körper.
Und da möchte ich auch ganz klar sagen: Die Pflegerinnen und Pfleger, ja klar, wir haben alle dafür geklatscht und ich werde jetzt nicht hier eine Lobeshymne raushauen, weil ich finde es als selbstverständlich, dass ich als Mensch sage, ich bin denen dankbar, die dort pflegen. Auch aus meinem familiären Kreis sind auch sehr viele engagiert im Pflegebereich. Deswegen – da wissen die meisten, die mich kennen, ganz genau, wie ich dazu stehe, das ist gar kein Thema wert. Aber die Refinanzierung, gerade die finanzielle Situation der Pfleger ist echt ein Hammer.
Also, da muss man auch ganz klar sagen: Es ist eine Frechheit, wie die entlohnt werden, wo andere tatsächlich am Bürotisch sitzen und deutlich weniger Verantwortung haben oder keine Verantwortung gegenüber Menschen, denen ich, und bitte, das ist ganz wichtig, jeden Euro gönne, aber ich möchte tatsächlich, dass es angepasst wird – dass die, die eben weniger verdienen, obwohl sie deutlich mehr Verantwortung haben, genau das gleiche verdienen können. Das ist völlig wichtig und richtig.
Und dann kommt noch ein Thema: Warum arbeiten so wenig Männer in diesem Bereich? Da kommen wir wieder zu der finanziellen Unausgeglichenheit der Löhne. Interessantes Beispiel ist die Pflege. In der Pflege arbeiten überproportional viele Frauen, deutlich weniger Männer. Das hat einen Grund. Das ist ein vermeintlich, warum auch immer, einfache Tätigkeit, ist es überhaupt nicht, ich habe jahrelang auch in der Pflege mitarbeiten dürfen.
Das ist keine einfache körperliche Arbeit, im Gegenteil, aber es wird immer so getan, als ob das ein Frauenberuf ist und das ein einfacher Job und mal eben schnell verdientes Geld. Die Frau kann das mal so nebenher machen. Finde ich völlig falscher Ansatz, denn da geht es um Menschen und das muss ganz anders refinanziert werden.
Ich glaube, dass auch da eine Gleichstellung stattfinden muss und da sind wir auch bei dem Thema Gleiches Geld für Gleiche Arbeit – das ist keine Debatte wert. Das ist auch kein Wahlkampfthema, meiner Meinung nach, das muss einfach sein. Das kann nicht sein, dass eine Frau 300 Stunden mehr arbeiten muss oder auch mehr, um das gleiche zu verdienen, das ist unsäglich. Ich bin aber auch genau aus dem Grund gegen eine Frauenquote, weil ich sage: Wenn wir es schaffen, gleiche Bedingungen für alle zu schaffen, dann setzt sich der durch, der die bessere, höhere Qualifikation genossen hat und sich dafür mehr eingesetzt hat und schon sind wir von der Debatte der Frauenquote weg. Die Frauenquote brauchen wir nur, weil Frauen nicht gleichberechtigt arbeiten können heute. Und da hoffe ich einfach auf Verständnis von vielen.
Ich bin nicht gegen Frauen, im Gegenteil. Ich liebe meine Frau exorbitant, weil sie eine Frau ist und unterstütze sie auch in dem, wie sie ist und versuche auch gerade ihr alles mögliche zu tun, dass sie ihren Weg findet. Und da kann ich auch das beste Beispiel dran feste machen, das lernen wir aus der Pandemie: Wer war denn zuhause? Also meine Frau war die, die unsere Kinder zuhause hauptsächlich betreut hat, weil ich konnte gar nicht aus finanziellen Gründen. Wenn ich zuhause geblieben wäre, dann hätte ich auf ganz viel Gehalt verzichten müssen, was ich meinem Arbeitgeber auch nicht anlaste. Das kann ich absolut verstehen, dass er irgendwann gesagt hätte: >Also das wird schwierig. Wenn du nicht arbeitest, kann ich dich nicht bezahlen<.
Das heißt, sie hat das größtmöglich aufgefangen, obwohl sie noch nebenbei arbeiten gegangen ist auch weiterhin. Und da sage ich ganz klar, ist ein strukturelles Problem bei uns auch einfach gegeben. Ich will jetzt nicht sagen, dass die Frau nicht einfach zuhause sein darf und ab jetzt die Männer zuhause bleiben müssen, weder noch, das sollte jedem selbst überlassen sein, wie sie es zuhause regeln. Bei uns ist es gut aufgeteilt, meiner Meinung nach, sowohl als auch.
Aber ich glaube, dass die Frau deutlich mehr Anrecht hat und das müssen wir auch aus der Pandemie lernen, dass wir wegkommen müssen von dieser Möglichkeit, dass die Politiker einfach hingehen und sagen: >Naja, ihr kriegt jetzt 20 Tage mehr Urlaub, dafür könnt ihr eure Kinder zuhause betreuen<. Also Bildungspolitik ist hier ganz schön auf dem Glatteis gewesen in der Pandemie. Also meine Kinder haben sicherlich Glück gehabt, dass meine Mutter, also sprich die Oma meiner Kinder, meine Frau, ich und auch, und das muss man auch ganz klar sagen, die Grundschule bei uns im Ort unfassbar gut ineinander verzahnt miteinander gearbeitet haben.
Wir haben auch Fälle erlebt, die strukturell nicht die Chance hatten, die zuhause total überfrachtet waren. Da will ich auch garnicht weiter drauf eingehen und Einzelschicksale jetzt an den Pranger stellen, im Gegenteil: Denen sollte man viel mehr helfen, denn auch wir sind an unsere Grenzen gekommen. Und ich muss da auch ganz klar sagen: Wir sind keine Lehrer. Wir sind keine ausgebildeten Lehrer, wir sind keine Sozialpädagogen oder sonstiges. Das ist unsäglich, was da passiert ist. Da muss man sich drum kümmern, dass das eine andere Richtung annimmt, definitiv.”
Was würden Sie einer Person antworten, die die Sicherheit von Corona-Impfstoffen anzweifelt?
“Das habe ich ja eben schon einmal angesagt: Die Thematik ist, wie gehe ich mit dem Thema an sich um. Ich kann ja jetzt keinem sagen: >Du darfst nicht zweifeln, du musst dem vertrauen, das ist richtig, das ist gut<, denn ich weiß es nicht. Ich habe eine Hoffnung, dass das Magazin, das ich bekommen habe, dass das gut ist und dass mich das vor größtmöglichem Schaden der Coronainfektion abhält.
Aber es ist ja auch ein Trugschluss zu sagen: >Ich kann nicht mehr daran erkranken<, das ist ja falsch, sondern der schwere Verlauf ist auf jeden Fall gehindert. Das ist die Überzeugung, die ich habe. Das ist aber kein Wissen. Ich muss mich da auf die Wissenschaft verlassen und deswegen sage ich demjenigen, der sagt: >Das ist nicht sicher, da bin ich vorsichtig< – Sag nicht, das ist nicht sicher, sondern du darfst gerne daran zweifeln, ob es sicher ist. Das darfst du tun. Ich persönlich zweifle nicht so sehr wie du, bin aber auch nicht davon überzeugt, dass es 1.000 Prozent sicher ist, ganz klar< Also das ist eine schwierige Frage, aber das ist eine definitiv individuelle Entscheidung, individuelle Meinung, individuelle Freiheit. Deswegen bin ich nicht gegen diesen Menschen.
Ich bin gegen Menschen, die sagen: >Es darf keine Impfung geben, Impfen ist gefährlich generell<. Gegen diese Menschen bin ich, denn Impfen hat uns gegen viele Katastrophen geschützt. Man muss aber auch sagen, dass viele dieser Impfungen über Jahre hinweg erprobt worden sind. Deswegen darf man gerne zweifeln an sofortiger Wirkung, an sofortiger Impfung. Ich glaube, das wird sich in den nächsten Jahren ein wenig verflüchtigen, weil ich habe ein großes Vertrauen in unser Gesundheitswesen. Deshalb glaube ich, dass die Vakzine, die wir hier in der EU einsetzen, gut sind und das wird sich in den nächsten Jahren auch noch weiterentwickeln.
Das ist ja auch nicht so, dass jetzt ein Impfstoff einfach hergestellt wird und der liegt dann da über Jahre hinweg, der wird ja auch weiterentwickelt. Das heißt, wir werden auch da in den nächsten Jahren deutliche Voraussetzungen sehen, dass die besser werden. Das beste Beispiel ist die Grippe-Impfung, die war auch ja nicht so wirklich befürwortet die ersten Jahre und mittlerweile ist sie ja sowas von sicher, dass die Nebenwirkungen deutlich geringer geworden sind.
Meine Mutter hat sich damals mal impfen lassen, das waren extreme Nebenwirkungen, wirklich über Tage hinweg. Da war ich total dagegen, ich habe gesagt: Ich will nicht diese Grippe-Impfung haben. Da liegst du eine Woche im Krankenbett quasi und weißt nicht vor und nicht zurück – hat sich ja deutlich gebessert, weil es einfach angepasst wurde. Aber es schützt halt auch vor einem starken und schweren Verlauf. Aber auch da: Wer sich nicht dagegen impfen lassen möchte, ist doch okay. Und da machen wir übrigens keine Einschränkungen. Das muss man auch mal sagen.
Ich will jetzt nicht die Grippe, eine normale Sommer- und Wintergrippe, mit Covid19 vergleichen. Ich muss aber da an der Stelle ganz klar sagen: Wir sagen ja keinem, wenn er sich nicht gegen Grippe impfen lässt, dass er böse ist oder schlecht ist, sondern sagen >Das ist ja deine Entscheidung<. Und genauso möchte ich das auch bei der Covid-Impfung haben, dass es dann seine Entscheidung ist (Er muss dann aber mit den Einschränkungen leben, dass er sich testen lassen muss). Das ist mir ein ganz, ganz wichtiges Anliegen, dass man das klar macht. Keine Impfpflicht.”
(11) Corona und Wirtschaft
Im Verlauf der Pandemie gab es wirtschaftlich Gewinner und Verlierer. An vielen Stellen musste auch der Staat finanzielle Hilfe leisten (Soforthilfe).
Wie würden Sie die finanziellen Hilfen in Zukunft organisieren?
“Auch ein interessantes Themengebiet, gute Frage – finde ich wirklich gut. Erstmal zur Zukunft, bevor ich zu dem vergangenen, nicht gut gelungenen komme. Zukünftig sollte es definitiv so sein, dass man sich strukturell Gedanken macht: Wie baue ich solche Hilfen auf, wenn ich sie benötige? Also aus welchem Pott nehme ich sie tatsächlich: Bund, Land, Kommune? Wer bezahlt das überhaupt? Wie wird es refinanziert? – Punkt eins. Punkt zwei: Wer hat diese Ansprüche überhaupt? Mit welchen Grundlagen?
Und hier gehts für mich vor allen Dingen darum, auch Solo Selbstständige mit einzubinden und da auch nicht diese Hürden einzubauen, die bürokratischen Hürden, diese ein bisschen runterzufahren, auf der anderen Seite aber die Sicherheit ein bisschen hochzufahren. Also es ist ja krass, was da an Betrügereien stattgefunden hat und die Leute, die es dann genutzt hätten, weil sie es gebraucht hätten, haben es dann nicht bekommen oder zu spät bekommen. Viele Insolvenzen haben tatsächlich stattgefunden, viele Existenzen sind verloren. Wir haben eben über Generationen gesprochen, über Erben und so weiter und so fort: Kann da nicht mehr stattfinden, die Firmen sind einfach weg ohne die Solo Selbstständigen.
Die Betrugsmaschen, die da stattgefunden haben, haben stattgefunden, weil Deutschland nicht digitalisiert ist. Deutschland hat ein riesen Problem mit Digitalisierung, Deutschland ist echt jahrzehnte hinter anderen Ländern. Das ist nicht zu verhehlen, das ist einfach ein Fakt. Und da hätte man anders mit umgehen können, hätte man die Digitalisierung vorangehabt, dann hätte man deutlich einfacher diese Sachen ausarbeiten können.
Also zukünftig: Einfacher, strukturierter, sicherer, direkter. Viel direkter, nicht über Umwege, sondern direkt refinanzieren. Ich kann das durch unsere Steuerpolitik, die wir hier in Deutschland haben, die deutlich zu reformieren ist, gar kein Thema, aber ich kann sehr wohl steuern, indem ich sage: Der, der jetzt etwas bekommen hat, da halte ich nach, was er bekommen hat, wie er es bekommen hat, ob er am Ende des Jahres dieses Geld überhaupt hätte benötigt.
Das heißt, ich helfe sofort, mache die Augen zu und sage: Raus damit, hauptsache wir bleiben alle am Leben, aber Achtung, das Geld, was ich jetzt gegeben habe, ist natürlich insoweit progressiv, dass ich irgendwann sagen kann: >Pass auf, du hast so viel verdient, du kommst jetzt oben wieder drüber. Alles, was drüber war, müssen wir wieder über die normale Steuer laufen lassen<. Wo ich gegen bin, ist, dass nachher volle Summen wieder irgendwo zurückfließen und derjenige nachher da steht und sagt: >Hätte ich lieber gar nicht beantragt, weil das hat mich mehr gekostet als dieses Beantragen des Geldes<. Das ist halt nicht gut gelaufen.
Um zurückzukommen zu den Hilfen, die gelaufen sind: Da gibt es wahrscheinlich keine drei Meinungen zu, wahrscheinlich zwei. Die, die es ausgezahlt haben, sind zufrieden, weil sie es ausgezahlt haben. Auf der anderen Seite aber die, die es bekommen haben, die sagen entweder: >Naja, es ist viel zu spät gekommen< oder die, die sagen: >Ja, es ist gekommen, aber ich habe es nicht abgerufen richtig. Ich habe es direkt wieder zurücküberwiesen, weil mein Steuerberater mir gesagt hat, wenn ich das nehme, habe ich eine Problem<. Dann gibt es die, die gesagt haben: >Das Beantragen kostet mich ja fast mehr Geld als das Geld, was ich bekomme<, also der Antrag war so teuer, weil der vom Steuerberater zum Teil gemacht werden musste, weil die Hürden so groß waren, dass die Hilfe kleiner gewesen wäre als die Bezahlung des Steuerberaters – kein Vorwurf an den Steuerberater, auch ein Steuerberater muss Geld verdienen für das, was sie tun. Das ist ja klar.
Und dann gibt es die anderen, die jetzt sagen: >Ja schön, dass ich das Geld bekommen habe. Wenn jetzt aber mein Wirtschaftsjahr doch wieder nachher besser wird als gedacht, dann muss ich auch wieder Anteile zurückzahlen, also irgendwie ist das ja doch blöd< und da ist auch Vertrauen verloren gegangen. Denn über wen reden wir hier? Wir reden hier über den Mittelstand, wir reden über Solo Selbstständige, wir reden über Leute, die im Zweifel drei, vier Angestellte haben, wir reden nicht über Jahrhunderte gewachsene Strukturen, die riesen Konzerne mittlerweile sind, die es sich mal eben erlauben können drei, vier Leute durchzuziehen, brutto netto egal wie viel, sondern da geht es um die, die gerade eben so über die Runden kommen, die unser Land irgendwo auch am Laufen halten und dann müssen die überlegen, ob sie die eine Frau jetzt wirklich kündigen oder nicht in solchen Phasen.
Und da kann es sich ein Land wie Deutschland meiner Meinung nach nicht erlauben, innerhalb von acht Wochen kein Geld auszuzahlen. Denn, überlegen wir uns einfach mal: Wenn dieses Unternehmen einfach mal die Umsatzsteuer zahlen muss, dann hat es zwei, drei Wochen Zeit. Wenn es vier Wochen werden und es geht keine Nachricht an das Finanzamt, dann gibt es einen bösen Brief. Und andersherum darf man aber nicht meckern, dass wenn das Geld aber schnell ausgezahlt werden muss, es aber unfassbar lange dauert, dann wird gesagt: >Naja, wegen der Sicherheit<. Und nachher kommt raus, dass doch sehr viel schief gegangen ist, obwohl man so lange gebraucht hat. Also hier liegt es ja auf der Hand: Hier ist deutlich zu langsam gearbeitet worden.”
Wie sollen diese Maßnahmen langfristig finanziert werden?
“Also, die Maßnahmen, die ich gerade eben angebracht habe und auch die, die geflossen sind, sind aus meiner Sicht ganz klar Bundesausgaben, weil der Bund auch die meisten Einnahmen hat von Unternehmen und wir reden ja über Unternehmenshilfen, in dem Fall. Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass das ganz normal aus dem Staatssäckel zu zahlen ist. Das ist auch eigentlich keine Debatte grundsätzlich wert.
Natürlich muss man schauen, wie man das querfinanziert. Wenn wir jetzt über Jahrzehnte reden, dass diese Hilfen über Jahrzehnte laufen müssen, wo ich nicht von ausgehe, dann muss man sich gesondert Gedanken machen, aber ich bin auf jeden Fall gegen eine Corona-Steuer. Das ist ja auch Abzielen der Frage, da gehe ich mal ganz stark von aus, weil viele fordern ja eine Corona-Steuer. Da bin ich strikt gegen, denn keiner ist verantwortlich für diese Pandemie.
Keiner ist verantwortlich für die finanziellen Schäden, die da aufgekommen sind, im Gegenteil: Wir müssen das als Gesellschaft insgesamt tragen und ich glaube da haben wir andere Debatten zu führen aus den letzten Jahren, wo einige doch sehr viel daran schuld sind, dass wir da finanziell in Rücklage geraten sind, anstatt jetzt bei der Pandemie zu sagen: >Da müssen wir jetzt über Steuern irgendwie das Geld wieder reinholen<.
Also dann darf ich nicht von einer Bazooka reden. Wenn ich da anfange über eine Bazooka zu reden, muss ich eine Bazooka refinanzieren. Und auf der anderen Seite, wenn ich mich jetzt da hinstellen würde: >Wir werden da keinen alleine lassen<, dann heißt das für mich auch, nicht nur in dem Moment nicht alleine lassen, sondern auch danach nicht allein lassen. Und ich würde mich alleine gelassen fühlen, wenn ich jetzt für die Pandemie bezahlen soll, definitiv. Das finde ich nicht in Ordnung, da sind wir auch strikt gegen.”
Haben Sie eine Position zu den Änderungen des Insolvenzrechts im Zuge des Infektionsschutzgesetzes?
“Ich fands insoweit richtig, dass die Insolvenzen ein Stück weit ausgesetzt wurden. Man muss aber jetzt aufpassen. Es gibt natürlich Unternehmen, die gesunden an einer bestimmten Situation, die haben einen Vorteil an anderer Nachteile und es gibt aber Unternehmen, die haben extreme Nachteile durch solche Pandemiegeschehen. Da muss man differenzieren.
Also das Insolvenzrecht fand ich gut, dass es insoweit ausgesetzt wurde, dass während der Pandemiezeit, während der größten Schadenslage, gesagt wurde >Wir schalten das System erstmal aus<, weil wir wussten ja gar nichts zu dem Zeitpunkt, ich kann die Regierung auch absolut nachvollziehen in dem Punkt, wie wirkt sich das auf die einzelnen Branchen aus, wie wirkt sich das auf das einzelne Unternehmen aus und Co. Und hier gingen Arbeitsplatzsicherung und Unternehmenssicherung erstmal vor dem Insolvenzrecht, absolut richtig.
Ich bin aber auch der festen Überzeugung, dass wir jetzt wieder in einer Phase sind, wo wir ganz klar beurteilen können: Wer hat Schaden und wer hat Vorteile durch die Pandemie erlitten. Und die, die Schäden erlitten haben, da bin ich der festen Überzeugung, denen müssen wir auch irgendwie wieder auf die Beine helfen, wenn es dann nicht aus Eigenverschulden war, sondern durch die pandemische Lage, das ist auch ein großer Unterschied für mich, denn viele sind auch vorher schon in schielem Wasser gewesen und da können wir jetzt nicht als Land oder als Bund sagen: >Wir ziehen die jetzt irgendwie durch<.
Da muss man strukturell drangehen. Warum sind die überhaupt in der Lage gewesen? Nein, ich meine die, die wirklich durch die Pandemie in den Nachteil gekommen sind und die immer noch im Nachteil sind, die müssen wir unterstützen und da müssen wir auch dranbleiben. Aber die, die sich bereichert haben, da müssen wir auch dran. Da müssen wir gucken: Wie ist denn das da überhaupt vollzogen worden? Das Kurzarbeitergeld ist jetzt nicht immer nur zum Vorteil genutzt worden. Das muss man auch mal ganz klar ansprechen.
Hier sollten wir mal gucken, welche riesen Firmen sich dahinter verbergen, die so viel Kurzarbeitergeld abgegriffen haben. Ich glaube nicht, dass das alles die kleinen, mittelständischen Unternehmen waren, die sogenannten KMUs, sondern das sind riesengroße Konzerne gewesen, die richtig viel Geld bekommen haben und dann doch Dividenden ausschütten an ihre Aktionäre und da bin ich strikt gegen. Das kann nicht sein, weil da ist ja Gewinn- und Verlustrechnung im einfachen Sinne total einfach: Wenn ich mehr einnehme als ich ausgebe, brauche ich nicht noch was dazu bekommen, denn dann geht es mir gut. Das ist ja genau das Konzept, was da nicht stattgefunden hat.
Also da bin ich strikt für, dass man das mal beleuchtet. Ich glaube aber, dass das schwer machbar sein wird, weil die politischen Mehrheiten da tatsächlich eher wegschauen als hinschauen, was diese Thematiken betrifft. Aber von uns ausgesehen definitiv was zum Hingucken.”
(12) Flüchtlingspolitik
Die Flüchtlingspolitik ist seit mehreren Jahren ein umstrittenes Thema in Deutschland. Wo würden Sie sich in dieser Hinsicht positionieren und wie zufrieden sind Sie mit den derzeitigen politischen Maßnahmen der Bundesregierung im In- und Ausland?
“Also im Ausland, um das mal vorweg zu nehmen, im Ausland würde ich sagen, strukturell ist da einiges zu tun und zwar als EU. Nicht als Deutschland, sondern als EU. Ich glaube wir haben als Deutschland für die EU einiges geleistet, auch sehr viel geleistet, verhältnismäßig mehr geleistet als andere. Ich will nicht sagen >zu viel<, das wäre sehr falsch, sofern es um humanitäre Hilfe geht.
Aber da muss man sich in der EU schon die Frage stellen, ob das so gerecht und gut war, wie man das gemacht hat. Das Jahr 2015, ich habe es ja eben schonmal angenannt, ist da natürlich ein prekäres Beispiel. Da muss man sich insgesamt strukturell Gedanken machen.
Das ist aber keine Frage, die ich jetzt mit Ja und Nein beantworten kann und wir werden morgen eine Lösung dafür haben, denn eins hat mir auch mal jemand gesagt: Auf schwere und komplizierte Fragen kannst du niemals eine einfache Antwort geben. Deshalb denke ich dreimal darüber nach und da bin ich der festen Überzeugung, das ist wie die Coronapolitik und Coronapandemie: Aus solchen Sachen muss man lernen und definitiv auch mal Konzepte entwickeln, wie man damit umgehen kann.
Und da komme ich dann auch tatsächlich mal zur inneren Auseinandersetzung, was die Flüchtlingspolitik betrifft: Über ein Einwanderungsgesetz kann ich einiges regeln. Wer kommt zu uns, warum kommt er zu uns und was darf er hier bei uns? Und ich finde es total interessant, dass wir sowas noch nicht haben, muss ich ganz offen sagen, ist auch eine Kernforderung von uns.
Wir sagen aber auch ganz klar: Der, der nicht zu uns gehört, der nicht aus humanitären Gründen zu uns kommt oder aus Gründen, die wir festschreiben, der hat auch tatsächlich bei uns keine Grundlage da zu sein. Das hat auch nichts damit zu tun, dass wir gegen jemanden sind, sondern dass wir vor allen Dingen für die sind, denen wir helfen wollen und müssen. Und da rede ich gerade über Familien, die strukturell und auch Angst haben, das muss auch mal ganz klar sagen, da gibt es Kriegsflüchtlinge, die haben Angst, was gerade bei ihnen zuhause passiert. Denen müssen wir helfen.
Ich kann aber nicht sagen: >Ich helfe allen, die irgendwo Angst haben und lasse alle zu uns kommen<, denn in deren Ländern muss ich auch wieder für Aufbauarbeit sorgen und auch wirklich refinanzieren. Das ist für mich ein internationales Gut, was dringend angepackt werden muss, wo viele Länder sich auch endlich mal bewegen müssen. Aber normal hier für uns: Ganz klar innere Auseinandersetzung mit dem Thema Flüchtlingspolitik – wobei ich dieses Wort >Flüchtlingspolitik< auch sehr kompliziert finde, ich finde eher die Einwanderungspolitik von Deutschland, die muss überdacht werden, denn die Flüchtlingspolitik, dieser Begriff ist auch dafür benutzt worden, um auch Einwanderungspolitik direkt mit einzupacken.
Das möchte ich voneinander distanziert betrachtet, denn Flüchtlingspolitik ist wirklich >Da flüchtet jemand vor etwas schlimmem<. Das ist etwas anderes, als wenn ich über EInwanderungspolitik rede. Derjenige, der hier mit High End Geräten ankommt und sich alles leisten kann von bestem Schuhwerk bis hin zur besten Mütze, da weiß ich nicht, ob der von unserem Sozialsystem sofort zehren muss, aber bei der Familie, die hierhin kommt, die wirklich, jetzt mal ganz knallhart gesagt, nur noch auf den letzten Sandalen ankommt, da muss ich sofort wirtschaftliche Hilfe leisten und auch humanitär und auch gesundheitliche Hilfe leisten, auch wenn ich denen nicht versprechen kann, dass die bei uns bleiben, aber da muss ich anpacken, muss ich da sein. Das ist unsere humanitäre Verpflichtung.
Und da möchte ich differenzieren und wir Freie Wähler sind da ganz klar aufgestellt: Jeder, der in unser Land kommt, muss unsere Grundrechte akzeptieren, der muss sich hier wohlfühlen dürfen, ja, wird er sich auch, denn wir haben gute Strukturen. Aber er muss sich auch an alles halten, was wir haben und wenn er es nicht tut, dann wird er abgeschoben. Das ist einfach ein klarer Fall. Wir dürfen nicht hergehen und einfach immer nur alle unsere Grenzen aufmachen, ohne drüber nachzudenken, sondern wir müssen vor allem Platz für die haben, die Hilfe benötigen. Das ist ein ganz, ganz wichtiges Gut.
Ich finde aber auch, dass es verdammt viele Beispiele gibt, wie Integration funktioniert, denn wir haben bei uns im Ort einen Schneider, der ist ein Flüchtling. Ich möchte jetzt nicht die Herkunft sagen, das ist auch völlig uninteressant. Der hat sich bei uns etwas aufgebaut. Natürlich hat er Unterstützung bekommen, da können wir auch differenziert drüber sprechen, aber er hat sich etwas aufgebaut und zieht damit jetzt auch durch und refinanziert seine Familie und das ist doch das, was wir wollen, dass wir wirklich denen den Anreiz bieten, dass wenn er schon hier ist, dass wenn er zu uns kommt, dann auch unser System kennenlernt und dort sich am besten sogar selbstständig macht. Denn wenn er selbstständig ist, brauche ich ihm nicht helfen. Das ist ja noch besser.
Oder aber er geht in einen Beruf rein, und das ist auch das, was ich in einem Einwanderungsgesetz auch gut finde, wo wir extrem Unterstützung brauchen. Ich habe eben über Pflege gesprochen. Was uns nicht weiterhilft, ist Menschen zu uns zu holen, die nicht unsere Sprache können oder andersherum gesagt müssen wir anpacken, dass, wenn wir sie zu uns holen, müssen sie Deutsch verstehen lernen und sprechen können, damit sie kommunizieren können.
Aber wenn die doch den Ausbildungsstandard haben, den wir benötigen, wo ist das Problem, diese Leute zu holen? Das ist kein Problem, aber es muss über ein Einwanderungsgesetz geregelt sein, damit wir nicht unkontrollierte Einwanderung haben.
Wo ich gegen bin, und deswegen sind wir auch orange und nicht blau, ist gegen eine generelle Abschiebung von Flüchtlingen. Das macht gar keinen Sinn aus meiner Sicht, denn ich habe eben, ich wiederhole wieder, Oma und Opa, wenn ich überlege, dass denen in der Kriegszeit gesagt worden wäre: >Ihr dürft nicht bei uns einreisen, weil ihr seid ja Deutsche und ihr seid nicht, ich sage jetzt einfach mal, Engländer< – ja, das wäre krass gewesen. Wir haben Glück gehabt, dass wir eben doch woanders hin durften und dass uns andere geholfen haben, mehr oder weniger.
Und dasselbe verlange ich eben auch von unserer Generation oder von allen anderen in Deutschland lebenden, dass wir in soweit öffnen, dass wir sagen: Humanitäre Hilfe ist gar kein Grundsatz zum Streiten. Das ist eine absolute Verpflichtung für uns als Gesellschaft. Aber nochmal: Jemand, der einfach nur unser Wirtschaftssystem beeinflussen möchte oder das für sich zehren möchte, da sollten wir schon mal durchleuchten, wo er denn herkommt und warum er das machen möchte. Definitiv.”
(13) Ergänzung
Selbstverständlich können wir in einem Dreiseitigen Fragebogen nicht alle Themenbereiche abdecken. Gibt es ein noch nicht genanntes Thema, das Sie genauer ausführen möchten?
“Ja, es gibt eigentlich mehrere, aber auch ich werde jetzt nicht die Zeit haben drei, vier nennen zu dürfen. Für uns ist regionale Wertschöpfung und vor allem Bildung ein großes Thema.
Regionale Wertschöpfung hat eigentlich auch damit zu tun, haben wir ja schon eben drüber gesprochen, über Wälder und über Energiepolitik. Warum regionale Wertschöpfung? Landwirte und Co. KG produzierte Sachen, die hier vor Ort produziert werden, müssen auch vor Ort veräußert werden dürfen für faire Preise, denn so halten wir auch Wirtschaftsstrukturen aufrecht. Um einfach die Frage auch nicht zu lange werden zu lassen, kann man gerne bei uns auch nachlesen.
In der Bildungspolitik sind wir auch der klaren Auffassung, dass deutlich mehr Arbeit geleistet werden muss, als in den letzten Jahren gearbeitet wurde. Die Coronapandemie hat riesengroße Bildungslücken hinterlassen. Alle reden darüber, habe ich jetzt auch in allen Wahlprogrammen gesehen. Finde ich löblich, dass alle darüber reden, aber wirklich spezielle Ansätze gibt es nicht.
Wir sagen ganz klar, dass die Probleme in der Coronapandemie aufgeholt werden müssen, die müssen aufgearbeitet werden und da bringt mir nicht Samstagsschule mehr, so wie es früher war, sondern bringt es mir vor allem mehr, die Lehrer endlich deutlich besser zu fördern in ihrer pädagogischen Arbeit und deutliche bessere Voraussetzungen zu schaffen auch mal Weiterbildungen zu machen. Denn das merkt man ganz klar: Auch die Lehrer sind ja nur Menschen, das ist auch ganz richtig so. Die sind teilweise an ihren Grenzen gewesen und hier muss ich dafür sorgen, dass A mehr Lehrpersonal da ist, dass die gut bezahlt sind und dass die auch deutlich mehr Weiterbildungen bekommen. Es bringt uns nichts, den Samstag mehr Schule zu machen, wenn der Lehrinhalt der gleiche ist. Wir müssen lernen, aufzuholen. Das ist der Punkt.
Aber vor allem, das habe ich auch gerade eben gesagt, frühkindliche Bildung – Chancen für alle zu bilden, auch wirklich unten anzufangen und auch quer durch die ganze Bank allen zu helfen. Es kann nicht sein, dass Sportangebote so viel Geld kosten, dass sich Kinder das nicht erlauben können, beziehungsweise deren Eltern und nachher in der Schulzeit da Nachteile durch entstehen. Oder aber frühkindliche Bildung nur über die Ergotherapie und so weiter und so fort, das sind alles so Thematiken, das ist für mich ein Grundsatz, da müssen neu drüber nachdenken.
Wir sind ein gutes Land, wir sind ein reiches Land. Wir können uns auch erlauben die Familien hier weiter zu unterstützen. Das ist ja auch so ein Fall, wenn ich das hier besser unterstütze, bekomme ich auch viel mehr Einnahmen, weil die Person deutlich mehr arbeiten können, unserem Land geht es dadurch noch besser. Also, ich muss ja auch dafür sorgen, dass unsere zukünftige Generation mehr machen kann, als wir es heute tun und denen muss ich helfen.
Ja, ich meine was für uns und für alle ein Thema ist, das ist die Rente. Die Rente muss angepackt werden, die muss überdacht werden. Was für uns aber nicht denkbar ist: Dass das Rentenalter nach oben geht. Die CDU hat ja eine Zeit lang darüber debattiert, ob man das nach oben korrigiert. Aus wahlkampftaktischen Gründen haben sie das nach hinten verschoben, ich hoffe, es wird nie wieder nach vorne gezogen. Es ist ja oft so, dass das in einer Schublade landet und dann nach dem Wahlkampf dann doch wieder oben landet. Ein klarer Appell auch an die CDU: Bitte nicht. Ob mit oder ohne uns im Bundestag, das darf es nicht geben. Wir haben es schon mehrfach angepasst, das ist keine denkbare Alternative für uns.
Für uns ist eher alternativ denkbar, dass wir mal alle mit in das Rentensystem reingehen. Nicht in das heutige, denn das läuft ungleich, das läuft ungerecht, sondern wir müssen das neu denken und alle mal mit reinnehmen und mal gucken: Welche Strukturen können wir aufbauen, um wirklich langfristig unsere Rente auch neu aufzubauen.
Es kann nicht sein, dass jemand weniger Rente verdient als er insgesamt eingezahlt hat. Wenn ich jetzt proportional rechne: Anhand von heutigen statistischen Zahlen ist es ja, so und so viel zahle ich ein, so und so viel kann ich daraus zehren in meiner Rente. Sagen wir es mal so: Aus meiner Familie sind jetzt nicht so viele dabei, die 40 oder 50 Jahre Rente bezogen haben, das heißt ich habe einen Querschnitt und dieser Querschnitt darf nicht deutlich geringer sein, meiner persönlichen Auffassung nach, als mein jetziges Nettogehalt. Das ist eine feste Überzeugung von mir.
Wir können uns über private Altersvorsorge gerne unterhalten, aber sie muss sich irgendwo auch leistbar darstellen, also ich muss sie auch finanzieren können. Das sind alles so Debatten. Also es kann sein, dass wir gerne ein paar Baustellen zusammensetzen. Die müssen aber finanzierbar sein und zukunftsträchtig.
Jetzt habe ich drei Themen genannt, die eigentlich auch wichtig sind. Ich könnte noch zehn nennen, es ist ein großes Wahlprogramm, auch wenn wir eine kleine Partei sind.”