Bergneustadt / Oberberg – “Wenn etwas kostenfrei ist, bist du das Produkt”, heißt es oft im Zusammenhang mit Dienstleistungen und Vernetzungsoptionen im Internet. Das gilt besonders für die Sozialen Netzwerke: Facebook, Twitter oder Instagram kosten den privaten Nutzer nichts. Gesammelt werden allerdings die Daten, um speziell auf Sie zugeschnittene Werbung einblenden zu können. Im Marketing wird das auch „Microtargeting“ genannt. Eine aktuell rasant wachsende Alternative bildet allerdings das Mastodon-Netzwerk, das in Jena gegründet wurde und inzwischen über 8 Millionen Nutzer verfügt. Unter ihnen sind beispielsweise auch verschiedene Bundesministerien, Forscher, Autoren oder Medien wie etwa Heise oder der Postillon. Weitere Medien haben bereits über Mastodon berichtet: Lesen Sie hier beispielsweise die Artikel der Tagesschau, der TAZ, von Heise oder auch des Volksverpetzers. Der ARKM Online Verlag, der hinter den Oberberg-Nachrichten.de steckt, hat sich derweil eigene Instanzen geschaffen, die auch anderen Medien oder Privatpersonen kostenfrei offenstehen: Oberberg.nrw . Doch was genau ist Mastodon eigentlich und was unterscheidet es von anderen Sozialen Netzwerken?
Was ist Mastodon und was unterscheidet es von anderen Sozialen Netzwerken?
Mastodon selbst basiert auf einer sogenannten “Open Source Software”. Sie steht daher jeder und jedem Interessierten zur Verfügung und kann auf eigenen Servern und Websites genutzt werden. Das ist im Konzept des Netzwerks auch notwendig: Statt auf einer einzigen Website eines großen Konzerns wie bei den üblichen bekannten Sozialen Medien gibt es hier viele verschiedene Websites, die über die Software miteinander verbunden sind. Die unterschiedlichen Websites nennen sich “Instanzen”. Melden Sie sich auf der ARKM-Instanz Oberberg.nrw an, liegen Ihre Daten auf den Servern von ARKM. Je nach Ihren Freigaben können Ihre Inhalte auf anderen Instanzen angezeigt werden – oder eben auch nicht. Ebenso können Sie Profilen von anderen Instanzen folgen, sofern diese das zulassen. Sie sind dabei auch nicht bis in alle Ewigkeit an Ihre Instanz gebunden. Wenn Sie Ihre bisherige Instanz verlassen und in eine andere umziehen möchten, können Sie Ihre Daten auch dorthin transferieren.
Durch diesen dezentralen Aufbau werden einige Negativmerkmale üblicher Netzwerke verhindert. „Microtargeting“ funktioniert nicht mehr, da niemand über alle Daten im Netzwerk verfügt. Die Instanzbetreiber sind verantwortlich für die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben wie etwa das Sperren von Hatespeech. Sie werden von Ihrer gewählten Instanz zu Unrecht geblockt? Ziehen Sie einfach auf eine andere Instanz um. Von einer Instanz spammen Personen Sie mit unerwünschten Inhalten zu, ohne dass der Betreiber etwas dagegen unternimmt? Blockieren Sie die gesamte Instanz oder folgen Sie den entsprechenden Personen einfach nicht.
Die Algorithmen, die auf Ihr Profil und Ihre Interessen zugeschnittene Werbung einblenden, fehlen allerdings auch an anderer Stelle. So werden Ihnen beispielsweise nicht automatisch Freunde angezeigt, mit denen Sie sich vernetzen könnten. Es wird nicht gemessen, wie lange Sie sich die Beiträge von Profil A und B ansehen, um Ihnen beim nächsten Besuch mehr von dem einen oder anderen Profil einzublenden. Stattdessen ist der Aufbau chronologisch, was dann doch etwas Umgewöhnung erfordert. Ebenso erfordert die Ersteinrichtung etwas mehr Zeit; Sie müssen bereits wissen, was Sie wollen. Wer sich für Meldungen von Bundesministerien interessiert, bekommt nach dem Folgen des Bundesministeriums des Innern und für Heimat nicht automatisch das Bundesministerium der Finanzen vorgeschlagen. Ich persönlich folge dem Postillon, mir werden deshalb allerdings keine weiteren Satire Profile empfohlen. Das hat allerdings auch Vorteile: Hier haben Sie die Möglichkeit, über den eigenen Tellerrand hinauszusehen. Ihre “Bubble” schaffen Sie sich selbst.
Was haben wir von der eigenen Instanz?
Was haben wir nun eigentlich von der eigenen Instanz? Nun, nicht besonders viel – außer die Möglichkeit zu zeigen, dass wir es können. Hinter unseren Mastodon Instanzen steckt weder jetzt noch in Zukunft die Absicht, Werbung zu schalten oder Daten zweckentfremdet zu nutzen. Unsere Mastodon Instanzen kosten uns nicht viel mehr als etwas Zeit, etwas Platz auf einem Server und die Domain. Das technische Know-How, um eine Instanz einzurichten, haben wir im Unternehmen. Damit das Netzwerk weiterhin funktioniert, sind wir zudem auf deren Updates angewiesen – wir können also nicht einfach Veränderungen in der Software vornehmen, um Werbung einzublenden oder Tracking zu betreiben. Was uns allerdings wichtig ist, ist die Kommunikation: Jede und jeder soll die Möglichkeit haben, sich frei zu informieren – auch frei von Algorithmen, die stets nur die eigene Meinung bestätigen – und die eigene Meinung zu äußern. Unser demokratisches System funktioniert aufgrund dieser Möglichkeiten und lebt vom Austausch, den Medien mit ihrer Berichterstattung ermöglichen sollten. Das Netzwerk könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein.
Insgesamt zeigt Mastodon, dass ein soziales Netzwerk auch datenschutzkonform laufen kann; Eine Chance, sich auch ohne die Hilfe von Großkonzernen zu vernetzen, die eigenen Daten dabei zu schützen und dennoch auf nichts verzichten zu müssen. Ob es tatsächlich genutzt wird, hängt nun von jedem einzelnen ab. Um Ihnen einen Umzug etwas einfacher zu machen, möchten wir Ihnen zudem bis einschließlich dem 23.12.2022 die Möglichkeit geben, uns Ihre Fragen zukommen zu lassen (Im Anschluss haben wir Betriebsferien). Schreiben Sie einfach formlos eine E-Mail an redaktion@oberberg-nachrichten.de – wir werden unser Bestes geben, Ihnen weiterzuhelfen. Wir müssen Sie allerdings um Verständnis bitten, dass wir Ihnen nur während unserer Geschäftszeiten antworten können. Ein Profil einrichten können Sie ganz einfach hier.
Autorin: Amei Schüttler