Güllegemisch wird in der Kläranlage Hückeswagen behandelt
Wipperfürth/Hückeswagen – Seit einer Woche beschäftigen sich die Fachleute der EWR GmbH und des Wupperverbandes intensiv mit den für die Umwelt katastrophalen Folgen der Gülleeinleitung in den Neyebach und die Neyetalsperre.
Der Bachlauf oberhalb der Talsperre ist ökologisch tot, die Güllewelle von 1.500 – 1.700 m³ hat darin jegliches Leben vernichtet, ebenso in den im Zulauf der Talsperre liegenden Teichen. So ist im Neyebach oberhalb der Talsperre am Tag der Einleitung in der Spitze ein Wert für Ammonium-Stickstoff in Höhe von 1.800 mg/l ermittelt worden. Für Fische beginnt es bei einem Wert von 0,5 mg/l kritisch zu werden. Dies hatte zur Folge, dass es zu einem Fisch- und Amphibiensterben gekommen ist und jegliches Leben in dem betroffenen Bachabschnitt vernichtet worden ist.
„Gülleblase“ auf dem Talsperrengrund
Neben der Frage der Ursachenklärung ist es für den Wupperverband und die EWR GmbH aktuell besonders wichtig, wie mit den Folgen der Einleitung umzugehen ist und wie die Gefahren einzudämmen sind, welche von der in die Talsperre eingeleiteten Güllemenge ausgehen. Auf Basis der unmittelbar angesetzten Untersuchungen des Talsperrenwassers gehen die Experten davon aus, dass sich die Gülle primär in den untersten Schichten der Talsperre vor der Mauer in Form einer Blase eingelagert hat. Demgegenüber sind die oberen Schichten des Wasserkörpers aktuell unbelastet.
Die Neyetalsperre ist zurzeit abgeriegelt. Eine Überleitung in andere Talsperren – in die Bever-Talsperre und die Eschbachtalsperre – sowie eine Abgabe über den Grundablass an den Neyebach unterhalb der Talsperre erfolgt momentan nicht. EWR GmbH und Wupperverband betonen, dass das Wasser der Neyetalsperre seit Jahren nicht zur Trinkwasseraufbereitung genutzt wird und es daher keinerlei Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung gibt. Das Trinkwasser für Remscheid kommt aus der Großen Dhünn-Talsperre und ist sauber.
Wasser aus unbelasteter Schicht an den Neyebach abgeben
Die Neyetalsperre war bereits vor dem Ereignis nahezu vollständig gefüllt. Daher wird im ersten Schritt unbelastetes Wasser aus der oberen Wasserschicht über eine provisorische Leitung abgegeben werden, damit die Talsperre nicht unkontrolliert über die Hochwasserentlastung an der Staumauer überläuft. Im Normalbetrieb wird das Wasser der Neyetalsperre über einen Stollen in die Bever-Talsperre geleitet. Diese Überleitung wird zurzeit nicht betrieben. Nach reiflicher Prüfung der Machbarkeit haben sich die Experten entschieden, diese Entlastung über eine Leitung in den Neyebach unterhalb der Talsperre zu erreichen. Regelmäßige Kontrollen des Wassers im Neyebach unterhalb der Talsperre werden durchgeführt.
Gülle-Wasser-Gemisch wird in Kläranlage behandelt
Über den Umgang mit der Gülleblase auf dem Talsperrengrund haben sich die Talsperrenfachleute zwischenzeitlich mit der zuständigen Aufsichtsbehörde, der Bezirksregierung Köln, beraten. Von verschiedenen Varianten entschieden sich die Talsperrenfachleute und die Aufsichtsbehörde nun für die Behandlung in einer Kläranlage.
Seit heute Vormittag wird über eine in sehr kurzer Zeit von der EWR GmbH errichtete provisorische Leitung die güllebelastete Blase aus der Neyetalsperre gezielt in die Kläranlage Hückeswagen zur Reinigung eingeleitet.
Möglich wurde die Umsetzung dieser Idee, da die ehemalige Rohwassertransportleitung zwischen der Neye- und der Eschbachtalsperre an der Kläranlage Hückeswagen vorbeiläuft und ein entsprechend in einem Schachtbauwerk vorhandener Stutzen als Ausgangspunkt verwendet werden konnte.
Der Wupperverband wird nun die Übernahme des Güllewassers dosiert vornehmen. Die Größe der Gülleblase wird derzeit auf ca. 50.000 m³ geschätzt. In den nächsten Tagen und Wochen wird die Entwicklung der Wasserqualität im Talsperrenkörper der Neyetalsperre genau überwacht. Es wird zurzeit davon ausgegangen, dass über diese Maßnahme der größte Teil der Güllebelastung gezielt entfernt werden kann.
Dieser Prozess wird voraussichtlich einige Wochen in Anspruch nehmen. Die Zudosierung des Gülle-Wasser-Gemischs kann nur dann erfolgen, wenn freie Kapazitäten in der Kläranlage verfügbar sind. Die Reinigungsleistung der Kläranlage wird dadurch nicht beeinträchtigt.
Durch die Mitbehandlung des Gülle-Wasser-Gemischs kann es im Umfeld der Kläranlage zu einer Geruchsbelästigung kommen.
Aus Sicht des Wupperverbandes und der EWR GmbH ist die Reinigung in der Kläranlage die beste Möglichkeit, um den schon entstandenen Schaden zu begrenzen und eine Verschmutzung des Neyebachs unterhalb der Talsperre und der Wupper, in die die Neye mündet, zu vermeiden.
EWR GmbH und Wupperverband fordern umfassende Aufklärung und Maßnahmen für die Zukunft
Insgesamt läuft nun die Aufarbeitung aller mit der Gülleeinleitung im Zusammenhang stehender Sachverhalte. Der Wupperverband, die EWR GmbH und die Stadt Remscheid haben umgehend Maßnahmen ergriffen, die Problematik so intensiv wie möglich zu bearbeiten und Gefahren einzudämmen. So hat die EWR GmbH , am 20.03. den NRW-Umweltminister Johannes Remmel mit der Bitte angeschrieben, seitens des Landes auf eine Bündelung und Intensivierung der behördlichen Maßnahmen hinzuwirken. Es ist zu hoffen, dass die Ursache dieser Umweltkatastrophe detailliert aufgeklärt wird und Entscheidungen gefällt werden, welche ein solches Desaster in Zukunft verhindern sollten. Insbesondere der Gülletourismus und der Güllehandel in NRW haben sich in den letzten Jahren zu einem sehr ernst zu nehmenden Problem entwickelt und sind als eine Ursache für diesen Fall anzusehen.
Trotz der umgesetzten Sofortmaßnahmen gehen EWR GmbH und Wupperverband davon aus, dass sich die Gülleeinleitung spürbar auf die Entwicklung des Wasserkörpers der Neyetalsperre auswirken wird. Die enormen Nährstoffbelastungen sowohl mit Stickstoff, als auch mit Phosphor, werden Einfluss auf die Algenentwicklung haben. Ob weitere Inhaltsstoffe der Gülle sich als problematisch erweisen können, werden die tiefergehenden Untersuchungen der nächsten Tage und Wochen mit sich bringen.