Handball-Bundesliga
VfL Gummersbach – Bergischer HC 31:28 (17:15)
Gummersbach – Derbys haben eben doch ihre eigenen Gesetze. 59 Tore, zwei rote Karten, 30 Strafminuten. Dramatik und Emotionen pur. Es war alles drin in dieser Partie. Der VfL behielt aber verdient die Oberhand und kämpfte sich eindrucksvoll aus seiner Minikrise. Am Ende des Tages stand ein hochverdienter 31:28-Erfolg gegen einen äußerst unangenehmen Gegner zu Buche.
Die mit Spannung erwartete Halbzeit zwei: Zunächst einmal überstanden die Gummersbacher die 3:6-Unterzahl einigermaßen schadlos und mussten nur das 17:16 kassieren. Die Zeitstrafen-Arie ging aber weiter. Phasenweise gaben die Unparteiischen für fast jede Berührung zwei Minuten, Andreas Schröder sah darüber hinaus Rot. Es blieb also spannend, denn die Mehrzahl der Verweise bestraften den VfL. Mehr als ein Dutzendmal krümmten sich die gegnerischen Spieler um Viktor Szilagyi am Boden, aber ein bisschen Theatralik gehört halt auch zu diesen Lokalkämpfen. Es dauert 20 Minuten, bis beide Mannschaften wieder sechs gegen sechs spielen durften.
Nach dem 18:16 durch Santos, zog der BHC dank Torhüter Mario Huhnstock auf 18:20 davon. Huhnstock kam in der Halbzeit ins Tor und hielt sage und schreibe sieben Bälle in gut fünf Minuten. Nun war der VfL also wieder im Hintertreffen, aber mit der Halle im Rücken kämpften die Oberberger nun, als ginge es um ihr Leben. Nach dem 21:23 per Tempogegenstoß, warf Santos per Siebenmeter den Anschlusstreffer, und auch die folgende rote Karte gegen Andreas Schröder beirrte den VfL nicht. Es wirkte eher so, als stachelten die schwachen Schiedsrichter die Gastgeber noch weiter an. Kühn glich aus und nach dem neuerlichen Ausgleich durch Santos zum 25:25 stand die Halle Kopf. Kühn und von Gruchalla (Tempogegenstoß) erhöhten auf 27:25, und nach dem Anschluss durch Szilagyi, schossen Persson und erneut von Gruchalla den ersten Drei-Tore-Vorsprung heraus. Das war die Entscheidung, und die letzten Treffer gingen schon im Jubel der VfL-Fans unter. Und es war auch ein Erfolg der Torhüter. Carsten Lichtlein hielt sein Team in Halbzeit eins mit zwei wichtigen Paraden im Spiel, und nach der Pause war Matthias Puhle zur richtigen Zeit zur Stelle.
Kurz vor der Pause erhitzten sich die Gemüter im VfL-Lager allerdings heftig. Nacheinander wurden Kühn, Schindler und Ernst für teilweise harmlose Abwehrgriffe vom Feld gestellt, und der VfL musste mit drei Feldspielern auskommen. Dennoch benötigte der BHC zwei Versuche, um auf zwei Tore zu verkürzen. Die dreifache Unterzahl musste der VfL allerdings mit in Halbzeit zwei nehmen. Bis zum 17:14 hatten sich die Gummersbacher kontinuierlich gesteigert und mit laufender Spielzeit das Heft in die Hand genommen.
Zu Spielbeginn merkte man dem VfL-Angriff die Verunsicherung nach den zuletzt schwachen Vorstellungen an. Der BHC war spielerisch zunächst stärker und ideenreicher, da nicht zuletzt Viktor Szilagyi geschickt die Fäden zog. Der VfL verzettelte sich zu oft in Einzelaktionen und hatte streckenweise Probleme mit der offensiven Deckung. Folgerichtig führte der BHC ab dem 2:1 durch Santos regelmäßig mit ein bis zwei Toren. Nach 19 Minuten stand es 8:10, ehe BHC-Spieler Moritz Preuss nach einem groben Foul an Andreas Schröder die rote Karte sah. Das war der endgültige Weckruf für den VfL. Die folgende Überzahl gewann der VfL mit 3:0 (!) durch die Tore von Jonsson, Schroeter und Kühn: 11:10-Führung.
Nun lief es rund, Kühn drehte auf, die Tempogegenstöße saßen, bis es die Schiedsrichter kurz vor der Pause noch einmal spannend machten.
VfL Gummersbach: Carsten Lichtlein (1. bis 39., 7 Paraden), Matthias Puhle (ab 39., 5 Paraden); Tobias Schroeter (4), Simon Ernst (1), Christoph Schindler (3), Julius Kühn (5), Mark Bult, Joakim Larsson (2), Magnus Persson (1), Gunnar Stein Jonsson (2), Florian von Gruchalla (6), Alexander Becker , Andreas Schröder, Raul Santos (7/3).
Bergischer HC: Björgvin Gustavsson (1. Halbzeit, 3 Paraden), Mario Huhnstock (2. Halbzeit, 9 Paraden); Moritz Preuss, Christian Hoße (2), Maximilian Hermann, Arnor Gunnarsson (5/3), Kristian Nippes (5), Alexander Oelze, Jan Artmann, Maximilian Weiß (3), Milos Dragas (2), Fabian Gutbrod (3), Viktor Szilagyi (7), Nils Artmann, Benjamin Meschke (1).
Siebenmeter: 5:4 – 3:3 (Santos wirft einmal neben das Tor).
Zeitstrafen: 20:10 (Ernst, Schindler, Santos (je 2), Schröder (Rot), Kühn, Larsson, Jonsson – Preuss (Rot), Hoße, Gunnarsson, Nippes, Weiß). Rote Karte gegen den Gästespieler Moritz Preuss (20. grobes Foulspiel). Rote Karte gegen den Gummersbacher Andreas Schröder (46. grobes Foulspiel).
Schiedsrichter: Andreas Pritschow/Marcus Pritschow.
Zuschauer: 4.141 (ausverkauft).
Spielfilm: 2:2 (3.), 3:5 (9.), 5:7 (11.). 8:8 (17.), 8:10 (19.), 11:10 (22.), 14:13 (27.). 17:15 – 18:18 (35.), 18:20 (37.), 21:21 (40.), 21:23 (43.), 23:24 (48.), 25:25 (49.), 27:25 (52.), 29:26 (58.), 31:28.
Stimmen zum Spiel
Sebastian Hinze (Trainer Bergischer HC): „Glückwunsch an den VfL. Wir sind natürlich enttäuscht. Wir haben uns viel vorgenommen und wollten hier etwas mitnehmen. Das ist uns nicht gelungen, da wir in den entscheidenden Phasen einfach mehr Fehler gemacht haben, und diese hat der VfL eiskalt ausgenutzt. Insgesamt muss ich aber mit Leistung und Einstellung meiner Jungs zufrieden sein. Leider haben wir es in den Spielmomenten, wo wir in Front lagen, nicht geschafft, mehr Ruhe in unser Spiel zu bringen. Es war aber auf jeden Fall ein tolles Derby und eine großartige Stimmung.“
Emir Kurtagic (Trainer VfL Gummersbach): „Es war ein Spiel auf Augenhöhe. Ich bin sehr froh, dass wir mal wieder mehr als 30 Tore geworfen haben. Nach den beiden etwas enttäuschenden Leistungen in Bietigheim und gegen Flensburg, hat die Mannschaft eine Antwort auf dem Feld gegeben. Wir haben uns im Angriff deutlich gesteigert, spielerisch überzeugt und unsere Chancen genutzt. Ein Riesenkompliment an meine Jungs. Sie waren heute bissig und hatten den unbedingten Willen, dieses Spiel zu gewinnen. Jetzt werden wir ein bisschen feiern und uns dann auf die beiden schweren Auswärtsspiele vorbereiten.“
Jörg Förste (Manager Bergischer HC): „Wir haben zwei knappe und spannende Spiele gegen den VfL abgeliefert. Das ist ein guter Teil unserer Entwicklung. Dennoch sind wir enttäuscht, da wir uns mehr vorgenommen hatten. In den entscheidenden Phasen haben wir zu viele Fehler gemacht, so dass Gummersbach auch verdient gewonnen hat. Insgesamt war ein toller Handballtag für die Region.“
Frank Flatten (Manager VfL Gummersbach): „Es war ein heißer Derby mit einer großartigen Stimmung mit viel Kampf. Kompliment an unsere Mannschaft für diese tolle kämpferische und spielerische Leistung. Wir haben in jeder Phase des Spiels gekämpft und meiner Ansicht nach verdient gewonnen. Und man darf ja auch nicht vergessen, dass wir insgesamt zehn Minuten mehr Unterzahl hatten als der Gast. Vielen Dank noch mal an die Fans und an unsere Mannschaft. Das war heute ein tolles Handballfest.“