THW Kiel – VfL Gummersbach (Sonntag, 15 Uhr)
Kiel/Gummersbach – Für den VfL ist das Gastspiel im hohen Norden gefühlt eine Mischung aus Schaulaufen und ernsthaften Ambitionen. „Für meine Spieler ist es auf jeden Fall etwas Großes. Eine tolle Halle und ein Fernsehspiel gegen die vielleicht beste Mannschaft der Welt“, erklärt VfL-Trainer Emir Kurtagic. Gleichwohl fährt man nicht als reiner Punktelieferant nach Kiel, zumal sein Team im letzten Jahr nach klarer Führung nur um Haaresbreite (30:31) eine große Überraschung verpasste: „Das war aber letzte Saison. Kiel ist gefestigt und souveräner denn je. Dennoch wollen sich meine Jungs natürlich zeigen, präsentieren und beweisen.“
Auf jeden Fall gelte es, in der Deckung zu stehen und Kiel nicht zu früh auf Betriebstemperatur kommen zu lassen. „Wenn sie einmal richtig in Fahrt kommen, sind sie kaum noch zu stoppen. Ansonsten sind es aber auch Menschen, und jedes Spiel läuft anders“, so Kurtagic, der darüber hinaus auch voll auf seinen Nationalkeeper Carsten Lichtlein vertraut: „Er hat in Kiel immer gute Spiele gemacht, auch schon zu Lemgoer Zeiten.“ Hinzu komme, dass sein Team nach dem Husarenritt gegen eben jenen TBV Lemgo am Wochenende wieder recht entspannt in die kommende Partie gehen kann.
Den deutschen Rekordmeister und Titelverteidiger THW Kiel personell vorzustellen, hieße Eule nach Athen tragen. Das Ensemble von Trainer Alfred Gislason ist mit Weltklassespielern nur so gespickt, so dass selbst die Ausfälle von zwei Ausnahmespielern wie der Tscheche Filip Jicha und der Isländer Aron Palmarsson ohne großen Substanzverlust weggesteckt werden können. Dass die Kieler nach einigen Startschwierigkeiten in die Saison 2014/15 mittlerweile wieder zu ihrer alten Stärke zurückgefunden haben, mussten jüngst in der Bundesliga Altmeister Frisch Auf! Göppingen, der beim 25:29 vor allem in der ersten Halbzeit (9:18) buchstäblich vorgeführt wurde, und in der Champions League Paris St. Germain neidlos anerkennen. Die Startruppe aus Paris wurde schon im Hinspiel mit 27:25 besiegt und auch im Rückspiel behielt der THW mit 33:29 die Oberhand und übernahm mit 10:2 Punkten die Tabellenführung in der Gruppe A. In der Bundesliga scheinen sich die Kieler wieder einen Zweikampf um die Meisterschaft mit den Rhein-Neckar-Löwen zu liefern, die punktgleich (26:4) an der Spitze stehen – und nur durch das Torverhältnis getrennt sind.
Dass die Kieler einige Anlaufschwierigkeiten benötigen, war sicherlich der Tatsache geschuldet, dass es einige Zeit benötigte, um speziell die drei spektakulären Neuzugänge Joan Canellas, Domagoj Duvnjnak (beide HSV Hamburg) und Steffen Weinhold (SG Flensburg-Handewitt) in das Mannschaftsgefüge zu integrieren. Dass dieser Prozess mittlerweile aber abgeschlossen ist, wird dadurch deutlich, dass Canellas mit neun Toren beim Rückspiel gegen Paris neben Linkshänder Marko Vujin (8) erfolgreichster THW-Werfer war. Und in Göppingen trug sich Duvnjak ebenfalls neunmal in die Torschützenliste ein. Hinzu kommt, dass Trainer Gislason auf der Mittelposition jetzt noch eine weitere Option hat, da der lange verletzte Rasmus Lauge Schmidt mittlerweile wieder an Bord ist. Damit ist das THW-Team wieder auf allen Positionen mit zwei Weltklassespielern besetzt, angefangen von dem schwedischen Torhüterduo Johan Sjöstrand/Andreas Palicka bis zum Rechtsaußengespann Niclas Ekberg/Christian Sprenger.