VfL Gummersbach – TBV Lemgo 29:28 (17:15)
Gummersbach – Was für ein Finale! Nur noch fünf Minuten auf der Hallenuhr und Lemgo führt mit 28:24. Die Partie schien gelaufen, aber so wollte sich der VfL heute nicht von seinen 3.758 Fans verabschieden. Die Kurtagic-Schützlinge mobilisierten die allerletzten Reserven und brachten den Gast schier zur Verzweiflung. Es war ein Sieg des Willens und der Entschlossenheit. Florian von Gruchallas Tempogegenstoß zum 25:28 war die Initialzündung. Der VfL stellte in der Deckung auf die offensive 3-2-1-Variante um, und das war der Schlüssel zum Erfolg. Die Gäste kamen damit gar nicht klar, hatten plötzlich keine Anspielstationen mehr und sie verließ auch der Mut im Abschluss. Raul Santos: Tor! Nur noch zwei.
Andreas Schröder wird gefoult und bekommt keinen Freiwurf. Die Halle tobt, aber auch diese Fehlentscheidung konnte den VfL heute nicht mehr stoppen. Abwehr und Torhüter Matthias Puhle ließen nichts mehr zu. Gunnar Stein Jonsson tankt sich durch. 27:28. Sekunden später erzielte Alexander Becker mit Latte, Pfosten und Unterkante den Ausgleich, und nun gab es gar kein Halten mehr. Der zweite Tempogegenstoß von Florian von Gruchalla brachte die Entscheidung, und auch der letzte TBV-Angriff verpuffte. Noch Minuten nach dem Schlusspfiff feierten die Zuschauer ihre heutigen Handballhelden.
Bis dahin war es das erwartete Spiel auf Augenhöhe zweier junger Mannschaften. Nicht immer fehlerfrei, aber voller Tempo und Einsatz. In der Anfangsphase entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Dem VfL gelang viel aus dem Rückraum, Lemgo war vor allem über seine beiden Außen Tim Hornke und Patrick Zieker gefährlich. Nach dem 14:9 durch Raul Santos (19.) verpasste es der VfL allerdings, die Führung auszubauen respektive den Vorsprung zu halten durch einige überhastete Angriffsaktionen.
Nach dem Wechsel kam Lemgo dann hellwach auf die Platte, fest entschlossen, hier und heute noch etwas zu erreichen. Schnelle Abschlüsse gegen die nicht immer sattelfeste VfL-Deckung führten den TBV heran und vorbei. Nach dem 22:22-Ausgleich durch Benjamin Herth per Tempogegenstoß (44.) wirkte Gummersbach beeindruckt. Im Angriff lief nun nicht mehr so viel zusammen und auch TBV-Keeper Nils Dresrüsse war zur Stelle. Im Angriff wirkte der VfL nun fahrig und ideenlos. Schindler, Jonsson und Becker ließen klare Chancen liegen und ermöglichten Lemgo das 24:28, ehe das unglaubliche VfL-Finale folgte.
VfL Gummersbach: Carsten Lichtlein (1. bis 50., 11 Paraden), Matthias Puhle (ab 50., 4 Paraden); Tobias Schroeter (n. e.), Simon Ernst, Christoph Schindler (1), Julius Kühn (4), Magnus Persson (1), Joakim Larsson (1), Gunnar Stein Jonsson (1), Florian von Gruchalla (5), Mark Bult (5/3), Alexander Becker (1), Andreas Schröder (3), Raul Santos (7).
TBV Lemgo: Thomas Bauer (10. bis 38., 6 Paraden), Nils Dresrüsse (1. bis 10., ab 38., 8 Paraden); Jens Bechtloff, Tim Hornke (5), Tim Suton (1), Timm Schneider (3), Rolf Hermann (5), Hendrik Pekeler, Finn Lemke (4), Benjamin Herth (2), Arnoldus Haenen (3/1), Max Höning, Patrick Zieker (5), Marcel Niemeyer.
Siebenmeter: 4:3 – 2:1: (Santos scheitert an Bauer – Hornke scheitert an Lichtlein)
Zeitstrafen: 8:8 (Kühn – zweimal, Larsson, Ernst – Niemeyer, Schneider, Hermann – zweimal)
Zuschauer: 3.758
Schiedsrichter: Lars Geipel/Marcus Helbig.
Spielfilm: 4:5 (8.), 11:7 (16.), 14:9 (19.), 14:12 (23.), 17:15 – 19:19 (36.), 22:20 (41.), 22:24 (48.), 24:28 (54.), 29:28.
Stimmen zum Spiel:
Niels Pfannenschmidt (Trainer TBV Lemgo): „Das ist natürlich bitter. Glückwunsch an den VfL. Wir haben wieder gut gespielt, aber am Ende bleibt nur so etwas wie Mitleid. Ist es die Angst vorm Gewinnen? Ich weiß es nicht. Wir haben erneut eine richtig gute Leistung abgerufen, aber erneut stehen wir mit leeren Händen da. Langsam wird es Zeit, auch einmal die nötigen Ergebnisse einzufahren.“
Emir Kurtagic (Trainer VfL Gummersbach): „Ich kann Niels sehr gut verstehen. Wir haben heute gegen eine sehr starke Mannschaft gespielt und hatten streckenweise unsere Probleme. In der ersten Hälfte haben wir es verpasst, nach einer Fünf-Tore-Führung nachzulegen. In dieser Phase waren wir etwas überhastet, und auch nach dem Wechsel waren wir uns etwas zu sicher. Plötzlich führte Lemgo, und dann haben wir in der Schlussphase noch einmal alles mobilisiert.“
Jörg Zereike (Manager TBV Lemgo): „Das war natürlich bitter. Einmal mehr ein Doppelherz-Spiel. Dennoch ist es kein Grund, in Panik zu verfallen. Wir haben die Qualität für die Bundesliga, aber wir müssen uns auch einmal für die guten Leistungen belohnen. Wenn ich sehe, wie die Mannschaft trainiert, spielt und vom Trainer eingestellt wird, bin ich mir sicher, dass wir die Kurve bekommen werden.“
Frank Flatten (Manager VfL Gummersbach): „Wir haben heute zwei sehr starke junge Mannschaften gesehen und einen Sieg mit etwas Glück für uns. Der Erfolg spricht für den unglaublichen Willen unserer Mannschaft. Ich denke, dass beide Vereine auf einem sehr guten Weg sind mit dem Verjüngungsprozess und auch Lemgo noch seine Punkte holen wird.“