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Aktionstag: Hilfe! Mehr Zeit für Pflege

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Die Türen der Techniker Krankenkassen waren geschlossen. Keine Chance für die geplante Übergabe des "Kampagnenschweins".
Die Türen der Techniker Krankenkassen waren geschlossen. Keine Chance für die geplante Übergabe des „Kampagnenschweins“.

Mit einer spektakulären Aktion  haben am Montag zehn Pflegedienste von Diakonie, Caritas und DRK aus dem Oberbergischen Kreis ihrer  Forderung nach mehr Zeit und Geld für die häusliche Pflege Nachdruck verliehen. Ein   Autokorso  von etwa 60 Einsatzfahrzeugen ambulanter Pflegedienste, ein  Protestzug von rund 200 Pflegekräften durch die Gummersbacher Innenstadt und eine  Podiumsveranstaltung in der Fußgängerzone sorgte in der Kreisstadt für  große öffentliche Aufmerksamkeit.  Bei der Techniker Krankenkasse, wo der Protestzug  einen Stopp einlegte, um ein symbolisches Sparschwein zu überreichen, stieß man allerdings auf verschlossene Türen.

Qualität der ambulanten Pflege gefährdet

Der Aktionstag  der  Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege im Oberbergischen Kreis ist Teil der landesweiten Kampagne der  Freien Wohlfahrtspflege, die die Unterfinanzierung und Arbeitsverdichtung in der ambulanten Pflege unter dem Motto: Hilfe! Mehr Zeit für Pflege zum Thema machen. Bis zum 28. April sind 40 Aktionen geplant.

Den lautstarken Protestzug mit rund 200 Pflegekräften führten Peter Rothausen ( Caritas) und Rolf Braun( DRK) an.
Den lautstarken Protestzug mit rund 200 Pflegekräften führten Peter Rothausen ( Caritas) und Rolf Braun( DRK) an.

Rolf Braun, Vorsitzender der  Freien Wohlfahrtspflege im Oberbergischen Kreis, wies darauf hin, dass  die Krankenkassen die Vergütungssätze in der ambulanten Pflege in den letzten zehn Jahren um nur  7 Prozent  erhöht hätten. Dem stehe eine Kostensteigerung durch höhere Löhne und steigende Sachkosten um 20 Prozent gegenüber. Diese ruinöse Entwicklung könnten die Pflegedienste  nur durch Arbeitsverdichtung auffangen.  Die Qualität der ambulanten Pflege sei bedroht.  „Wenn Milliarden zur Rettung von Banken aufgebracht werden, warum ist dann  nicht das Geld für eine menschenwürdige Pflege da?“, so Rolf Braun.

 Pflegealltag im Minutentakt

Auf dem Podium gaben Pflegedienstleiterin Anke Ziegeweidt und Pflegekraft Petra Hahn Einblick in ihren Arbeitsalltag, den sie  durch wachsenden Zeitdruck und zunehmende  Bürokratisierung geprägt sehen.  Bei 23 Patienten im vierstündigen  Spätdienst und  gerade mal 4 Minuten Zeit für das Wechseln eines Kompressionsstrumpfes bleibt keine Zeit für ein nettes Gespräch“, bedauerte  Petra Hahn. „Wir arbeiten mit Menschen nicht mit Maschinen. Wir brauchen mehr Zeit für die Pflege“,  so ihre Forderung.  Pflegedienstleiterin Anke Ziegeweidt wies darauf hin, dass  steigender  Verwaltungsaufwand und  wachsender Zeitdruck die Fehlerwahrscheinlichkeit in der Pflege erhöhe. „Wir müssen anfangen uns zu wehren“, zeigte sie sich kampfbereit.

Auch private Pflegedienste betroffen

Dem konnte auch Uwe Söhnchen zustimmen, der es sich  als Leiter eines privaten Pflegedienstes nicht hatte nehmen lassen, beim Aktionstag der AG Freien Wohlfahrtspflege im Oberbergischen Kreis solidarisch dabei zu sein.

Denn die  60 privaten Dienste in Oberberg mit ihren knapp 1000 Mitarbeitenden stehen vor denselben Problemen wie Caritas, Diakonie oder Deutsches Rotes Kreuz. „Wir brauchen  als Pflegedienste wie Handwerker einen gerechten Lohn“, so Uwe Söhnchen. Und der muss seiner Einschätzung nach bei rund 50 Euro und nicht bei 28 Euro liegen, die die Krankenkassen zurzeit zu zahlen bereit sind.  Für weitere Aktionen wünschte Söhnchen sich, dass die Arbeitsgemeinschaft auch die privaten Pflegedienste einbeziehen.

Verhärtete Fronten 

Als einziger Vertreter einer Krankenkasse nahm Ralf Schmallenbach, AOK-Regionaldirektor in Oberberg, auf dem Podium Stellung. „Bitte begrüßen Sie ihn nicht mit Buhrufen“, mahnte Moderatorin Susanne Lang-Hard das Publikum. Schließlich sei er der einzige Krankenkassen-Vertreter der die Einladung aufs Podium angenommen habe.

Auf dem Podium standen u.a. Rede und Antwort (v.l.n.r.) Petra Hahn und Anke Ziegeweidt für die Pflegekräfte, Sebastian Wirth (Diakonie vor Ort), Rolf Schmallenbach (AOK) und Peter Rothausen (Caritas). Moderation: Susanne Lang-Hardt.
Auf dem Podium standen u.a. Rede und Antwort (v.l.n.r.) Petra Hahn und Anke Ziegeweidt für die Pflegekräfte, Sebastian Wirth (Diakonie vor Ort), Rolf Schmallenbach (AOK) und Peter Rothausen (Caritas). Moderation: Susanne Lang-Hardt.

Ralf Schmallenbach zeigte Verständnis für die gegenwärtige Situation der Pflegedienste und bedauerte, dass  die Vergütungsverhandlungen nicht vor Ort, sondern  auf überregionaler Ebene  geführt  werden. „ Das führt zur Verhärtung der Fronten“, so Schmallenbach.

Auch die beiden  mit erheblicher Verspätung auf dem Podium eintreffenden Politiker  Dr. Roland Adelmann ( SPD –MdL für Oberberg Süd) und Peter Preuß ( sozialpolitischer Sprecher  der CDU Fraktion im NRW Landtag) konnten  bei allem geäußerten Verständnis wenig Hoffnung auf eine schnelle Änderung zum  Besseren machen.

Sebastian Wirth, Geschäftsführer der Diakonie vor Ort gGmH,  setzt auf eine Fortsetzung der Gespräche – auch mit den Volksvertretern. Einen Streik der Pflegekräfte als Mittel  zur Durchsetzung ihrer  Forderungen schließt Wirth  zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings aus: „Wir arbeiten doch für Menschen!“, so Wirth am Rande der Veranstaltung.

Die Mehrheit der Pflegekräfte ist weiblich.
Die Mehrheit der Pflegekräfte ist weiblich.

Text und Fotos: kv

 

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