Seit 24 Jahren werden Menschen im Wachkoma oder in wachkoma-ähnlichen Zuständen im Haus Ilona, dem Domizil inzwischen bundesweit bekannte gemeinnützige Vereins „Patienten im Wachkoma (PiW) , fit für ein Leben in der vertrauten häuslichen Umgebung gemacht. Gar nicht selten kommen sie nach erfolgloser Rehabilitation als „hoffnungsloser Fall, mehr tot als lebendig“ in Neuenothe an.
Die examinierten Pflegefachkräfte Svetlana Krymko, Jana Born und Verena Clever nicht entmutigen arbeiten seit Jahren bei PiW und haben miterlebt, welche Fortschritte allen negativen Diagnosen zum Trotz möglich sind. „Wir tun hier alles, um unseren Patienten und ihren Angehörigen Liebe und Halt zu geben und sie zum Leben zu motivieren“, so Jana Born.
Ein familiäres Arbeitsklima als Konzept des PiW
Svetlana Krymko hat nach ihrem Wechsel aus der Altenpflege einige Zeit gebraucht, um bei PiW anzukommen. „Das hier ist eine eigene Welt“, sagt sie. Sie hat gelernt, in den scheinbar regungs- und reaktionslosen Patienten Menschen zu sehen, die in einem anderen Bewusstseinszustand leben; Menschen, die mehr wahrnehmen und fühlen, als die Schulmedizin weithin behauptet. Heute sagt Svetlana: „Ich habe zwei Familien. Meine eigene private und meine Arbeitsfamilie bei PiW“.
Dabei spielt sie auf den sehr familiären Stil an, der im Haus Ilona herrscht. Der gehört zum innovativen Konzept von PiW. Deutlich wird er etwa daran, dass sich hier alle beim Vornamen nennen. Das „Du“ gilt für alle. Egal ob für Geschäftsführer, Therapeuten, und Pflegekräfte oder für Mitarbeitende in Verwaltung und Hauswirtschaft. Dieser Umgangston steht für Vertrauen, Zusammenarbeit und für Respekt. Und: Es wird erstaunlich viel gelacht bei PiW – trotz des schweren Schicksals, das Patienten und ihre Angehörige getroffen hat. Lachen ist eben gesund und gehört zum Alltag– auch bei PiW.
Auch Verena Clever schätzt das heitere familiäre Arbeitsklima sehr: „Wir sind wie eine große Familie. „Hier darf ich auch selbst Mensch sein und bin nicht nur Pflegekraft, die zu funktionieren hat“.
Einfühlungsvermögen ist das A und O
Ein persönlicher, vertrauensvoller Ton bestimmt auch die Begegnung mit den Angehörigen, die auf Wunsch bei PiW mitleben und alles für die häusliche Pflege lernen können. Für Jana Born und ihre Kolleginnen ist es wichtig, auch ihnen das Gefühl zu vermitteln, willkommen zu sein, so wie sie jetzt gerade sind. „Oft kommen sie erschöpft, ängstlich und emotional angegriffen bei uns an. Da ist der menschliche Blick und Ermutigung wichtig´“, sind sie überzeugt.
Überhaupt sind Einfühlungsvermögen, eine riesige Portion Geduld und der Blick für die winzigsten Fortschritte, die sich bei jedem Patienten anders zeigen, wichtiger als mitgebrachte Vorkenntnisse zum Umgang mit der Magensonde oder die Kanüle nach dem Luftröhrenschnitt, mit denen die meisten Patienten zum PiW kommen. Das alles könne man als Pflegekraft in der Einarbeitungszeit lernen, wissen die drei aus eigener Erfahrung.
„Unsere Fachkräfte können kreativ und selbstständig mit den Patienten nach den Grundsätzen der therapeutischen Pflege arbeiten “, benennt Geschäftsführer Hrachya Shaljyan ein weiteres Merkmal der „Arbeit mit Kopf und Herz“ bei PiW. Verena Clever ist froh über diese Spielräume, die natürlich eine fachliche Basis brauchen – und manchmal auch Mut und Entschlusskraft. Mehr als einmal hat sie erlebt, dass Zuwendung, Streicheln und sanftes Sprechen deutliche Anzeichen von Stress ebenso gut wie eine Tablette senken kann. Dabei kommt ihr und ihren Kolleginnen der günstige Personalschlüssel von zwei Patienten auf eine Pflegekraft zugute: „Hier haben wir Zeit, uns individuell einem Patienten zuzuwenden und Hand in Hand zu arbeiten“, so die einhellige Meinung.
Die Arbeit hat Schatten- und Sonnenseiten
Aber: auch bei PiW sterben Patienten. Auch bei PiW bleiben „Wunder“, wie kürzlich das bei Dorothea Feldkamp, die erwachte und gute Aussichten auf weitere Besserung hat, die Ausnahme. Auch bei PiW wird für Patienten und Angehörige nicht einfach „alles wie es einmal war“. Nötig ist eine gute Mischung aus gesundem Realismus und Enthusiasmus. „Man muss immer mehr Träume haben als die Realität zerstören kann“, ist Verena Clever überzeugt. Und freut sich, wenn möglichst bald neue Kräfte an Bord kommen, die den Traum mitträumen. Denn der Markt für examinierte Pflegekräfte ist so gut wie leer gefegt. Das bekommt auch der inzwischen bundesweit bekannte gemeinnützige Verein „Patienten im Wachkoma“ (PiW) zu spüren. Um Kontinuität und Qualität der einzigartigen Arbeit auch künftig sicherzustellen, sucht Geschäftsführer Hrachya Shaljyan dringend examinierte Kräfte zur Verstärkung des Teams.
Quelle: Patienten im Wachkoma e.V.