Bergneustadt – In der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses am Montag (15.02.2021) initiierte Wolfgang Lenz (stv. Fraktionsvorsitzender der FDP) eine Diskussion um die Thematik des möglichen Moschee-Neubaus in der Brückenstraße 1A, die auch Gegenstand der öffentlichen Sitzung des Stadtrates am Mittwoch, 24.02.2021, um 18 Uhr im Krawinkelsaal sein wird. Der Stadtrat von Bergneustadt muss einer Änderung im Bebauungsplan zustimmen, damit das Vorhaben umgesetzt werden könnte.
Anlass für die Diskussion bietet ein Zeitungsartikel, der von dem Zusammenschluss der drei Parteien CDU, UWG und Bündnis90/DIE GRÜNEN berichtet, die einer Änderung nicht zustimmen möchten. Als Grund dafür wird die Möglichkeit genannt an dieser Stelle Gewerbe anzusiedeln, sodass weitere Gewerbesteuern generiert werden können. Die Gegenseite argumentiert, dass durch den Wegzug der Moschee auch in der Wiesenstraße Gewerbegebiet frei würde und die Moschee in der Brückenstraße keine wesentlich größere Fläche einnehme, die Gewerbesteuer-Einnahmen also nicht beeinflusst würden. Die ausführlichere Argumentation:
Kritik am Vorgehen der drei Parteien
Die Kritikpunkte von Herrn Lenz: Die drei “Blockade-Parteien” blockieren die Lösung eines 40-jährigen Problems. Die allgemein bekannte Problemsituation in der Wiesenstraße (u.A. hier nachzulesen) wird in der Stellungnahme der Parteien außer Acht gelassen, die Interessen der Moscheegemeinde und der anliegenden Unternehmen in der Wiesenstraße ignoriert. Kurzum: Die Argumentation beruht aus Perspektive von Herrn Lenz nicht auf Fakten, sondern auf persönlichen und gesellschaftlichen Animositäten.
Die derzeitigen Pläne, die dem Stadtrat inzwischen vorliegen, umfassen eine Moschee auf 1.000 bis 2.000 m² für 650 Personen, würden also nur einen Teil der Fläche in Anspruch nehmen. Nach Angaben des Moscheeverbandes und von Herrn Lenz soll der übrige Teil des ca. 14.000 m² großen Geländes für Gewerbe genutzt werden. Die Moschee würde dementsprechend nicht mehr Platz in Anspruch nehmen als in der Wiesenstraße, in der stattdessen bereits ansässige Unternehmen expandieren könnten. Auf die Gewerbesteuer-Einnahmen der Stadt hätte der Bau dementsprechend kaum einen Einfluss.
Die derzeitigen Besitzer des Grundstückes, die Hagebau Quintus Gruppe, hat außerdem den Wunsch geäußert an den Moscheeverein zu verkaufen, was uns Christoph Dahmen-Herburger, Geschäftsführender Gesellschafter bei hagebaumärkte quintus GmbH & Co. KG, bereits in vorherigen Gesprächen mitteilte. Wolfgang Lenz befürchtet nun, dass der Hagebau-Markt nicht wie erwartet auf das brachliegende Gelände in der Othestraße ziehen könnte, sondern sich aufgrund mangelnden Entgegenkommens außerhalb von Bergneustadt orientieren könnte.
Da die “Blockade-Parteien” ihre Absicht erklärt haben, einen Moschee-Bau in der Wiesenstraße zu fördern, sei das Argument, einen Bau aufgrund des Trägers Ditib nicht unterstützen zu wollen, hinfällig. Außerdem sind sämtliche Planungen innerhalb der Wiesenstraße aufgrund rechtlicher Bestimmungen bisher nicht möglich gewesen, weshalb Herr Lenz den Parteien ein geplantes Versagen vorwarf.
Unterstützung der Kritik: “Wir sind alle Bergneustädter”
Unterstützung erhielt Wolfgang Lenz von Mehmet Pektas (Fraktionsvorsitzender der FWGB), der selbst auch Mitglied der muslimischen Gemeinde in Bergneustadt ist. Herr Pektas betonte, dass ihn die Situation sehr betroffen macht. Man könne sich nicht auf die Politik verlassen, die dem Moscheeverein bis zu dieser Stelle grünes Licht signalisiert habe. Er bezeichnete das Vorgehen als Sabotage einer Lösung durch üble Hinterzimmerpolitik. “Wir entfremden Teile der Gesellschaft”, sagte er besonders mit Blick auf die jugendlichen Mitglieder der muslimischen Gemeinde “Dabei sind wir alle Bergneustädter.”
Weitere Unterstützung kam von Stefan Kuxdorf, einem der Geschäftsführer der Hermann Schürfeld GmbH & Co. KG in der Wiesenstraße. Als direkte Nachbarn der Moscheegemeinde forderte er, dass das Gewerbegebiet, auf dem die Moschee derzeit ein Sonderrecht in Anspruch nehmen muss, auch wieder als Gewerbegebiet genutzt werden kann. Durch die nicht auf viele Besucher ausgelegte Straßenführung und den hohen Bedarf an Parkplätzen kommt es bekanntermaßen regelmäßig zu Verkehrsproblemen im Bereich der Wiesenstraße, die den Unternehmen schon seit vielen Jahren die Arbeit erschweren.
Argumentation von CDU, UWG und Bündnis90/DIE GRÜNEN
“Wer fragt, was möglich ist, muss mit beiden Antworten rechnen: Ja und Nein”, so Reinhard Schulte (Fraktionsvorsitzender der CDU). Das Gelände an der Brückenstraße warte nicht nur auf die Moschee, es sei auch Gewerbe möglich. Er verwies auf die Senkung der sehr hohen Grundsteuer B, die sich alle Parteien im Stadtrat zum Ziel gesetzt haben. Außerdem verwies er auf das Vorhaben der drei Parteien, einen Bau in der Wiesenstraße zu unterstützen. Dies sei eine Absichtserklärung, die “Dampf in die Sache einbringen” würde. Außerdem lobte er die konstruktive Atmosphäre in den Verhandlungen der drei “Blockade-Parteien”. Das Problem müsse von verschiedenen Seiten angepackt werden, es gebe wenige Gewerbegebiete in dieser Größe und Lage in Bergneustadt.
Jens Holger Pütz (Fraktionsvorsitzender der UWG) betonte ebenfalls, dass die Fläche aufgrund der Topografie eine der wenigen großen Gewerbeflächen in Bergneustadt sei und für eine Senkung der Grundsteuer B Gewerbesteuer-Einnahmen von hoher Priorität seien. Dass das Problem eine neue Moschee zu errichten seit 40 Jahren besteht, schrieb er dem häufigen Wechsel der Moscheeverein-Vorstände zu, die auch immer wieder die Absprachen mit ihren Vorgängern nicht einhalten würden. Die bisherigen Pläne nannte er überzogen, beschrieb vier Minarette und eine Größe, die die vereinbarten 650 Personen weit übersteige – “Wir möchten hier kein Zentrum zwischen Siegen und Köln”. Er befürchtete, dass in diesem Fall jedes Wochenende Großveranstaltungen stattfinden würden. In der Wiesenstraße sei eine Einigung möglich.
Auch Roland Wernicke (stv. Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/DIE GRÜNEN) äußerte, dass das Gelände in der Brückenstraße zu wertvoll sei, um es für religiös geartete Gebäude zu nutzen. Die möglichen Gewerbesteuer-Einnahmen empfand er außerdem deshalb als wichtig, weil ein Umzug des Hagebau-Marktes auf das Gelände in der Othestraße noch immer nicht sicher sei, die Gewerbesteuer-Einnahmen von dieser Seite also ebenfalls nicht sichergestellt werden könnten.
Andere Stimmen und weiterer Verlauf der Diskussion
Auch Heiner Grütz (SPD) meldete sich in der hitzigen Debatte zu Wort und schlug vor, dass ein weiteres Gelände gesucht werden könne, auf dem die Moschee einwandfrei gebaut werden könne. “So klein ist Bergneustadt nicht”, betonte er schlichtend. Allerdings sah auch er die Relevanz von Gewerbesteuer-Einnahmen für die mögliche Senkung der Grundsteuer B.
Detlef Kämmerer (stv. Fraktionsvorsitzender der SPD und Vorsitzender des Ausschusses) äußerte ebenfalls, dass eine dritte Fläche favorisiert werden sollte. Die Problemlage in der Wiesenstraße sei nicht lösbar, das Gelände in der Brückenstraße werde für Gewerbesteuer-Einnahmen benötigt.
Die übrige Diskussion verlief sehr hitzig, mit Hauptbeteiligung von FDP, UWG und FWGB. Detlef Kämmerer rief ab und an zur Ordnung, während gegenseitige Vorwürfe des Lügens vorgebracht oder dazwischen gerufen wurden. Schließlich beendete Detlef Kämmerer als Vorsitzender die Debatte und ging zu dem nächste Tagesordnungspunkt über.
Auch in der anstehenden öffentlichen Sitzung des Stadtrates am Mittwoch, 24.02.2021, um 18 Uhr im Krawinkelsaal wird es voraussichtlich spannend werden: Wolfgang Lenz und Stefan Kuxdorf kündigten an, ihr Anliegen noch einmal zu vertreten – Im Fall von Herrn Kuxdorf gemeinsam mit weiteren Gewerbetreibenden aus der Wiesenstraße. In der Sitzung soll über die Umwidmung des Geländes entschieden werden. Die “Blockade-Parteien” stellen zur Zeit die Mehrheit.
Autorin: Amei Schüttler