Bergneustadt – Nach den Feierlichkeiten am Samstag (05.11.2022) zum Stadtteilumbau des Hackenbergs (Oberberg-Nachrichten.de berichtete), kursiert nun die Nachricht, dass die Sparkassen-Filiale auf dem Hackenberg geschlossen wird. Stadtratsmitglieder Wolfgang Lenz (FDP) und Jens-Holger Pütz (UWG) kritisieren nun Bürgermeister Matthias Thul sowie Ratskollegen Ralf Siepermann (CDU) und Detlef Kämmerer (SPD), die bereits seit zwei Wochen von dem Vorhaben Kenntnis gehabt haben sollen, da sie durch den Stadtrat in den Aufsichtsrat der Sparkasse gewählt wurden. Diese Kritik ist bereits in mehreren Medien und auch sozialen Netzwerken zu lesen. Dementsprechend versuchen wir nun, die entgegengesetzte Perspektive darzustellen, damit Sie sich ein eigenes Bild der Situation machen können. Um mehr über die Hintergründe des Sachverhalts zu erfahren, hat die Oberberg-Nachrichten.de-Redaktion daher direkt mit Bürgermeister Matthias Thul gesprochen, sowie eigenes Hintergrundwissen eingebunden.
Keine vollständige Schließung der Filiale
Dass Banken die Service-Bereiche ihrer Filialen schließen, ist keine Neuheit. Immer mehr Funktionen, die im Service-Bereich einer Bank erfüllt werden können, verlagern sich ins Internet und werden von hier aus weitaus bequemer erledigt. Für den Fall, dass beispielsweise doch einmal jemand eine Überweisung ganz klassisch direkt in einer Filiale erledigen oder ein Darlehen für eine Immobilien aufnehmen möchte, gibt es die Service-Bereiche, in denen Mitarbeitende die Anliegen entgegennehmen. Je seltener das passiert, desto weniger lohnt es sich für die jeweilige Bank, den Service-Bereich an dieser Stelle zu erhalten; Das betrifft allerdings nicht die Geldautomaten, die häufiger genutzt werden. So auch in der Filiale auf dem Hackenberg: Möchten Sie ein Haus kaufen und dafür ein Darlehen aufnehmen, werden Sie in Zukunft wohl das Stadtzentrum aufsuchen müssen. Für alltägliche Besorgungen Geld abzuheben, soll allerdings weiterhin auf dem Hackenberg möglich sein, solange es genutzt wird.
Vereinzelt können dennoch Probleme auftreten: Gerade Personen, die wenig oder gar kein Online-Banking nutzen, ziehen an dieser Stelle den Kürzeren. In vielen Fällen handelt es sich hier um Senioren, für die die zusätzliche Strecke bis ins Stadtzentrum auch eine größere Belastung darstellen kann. Eine gewisse Verärgerung über die Schließung des Service-Bereichs ist dementsprechend nachvollziehbar, was auch zu der Frage führt: Wer trägt hier in welchem Maße die Verantwortung? Handelt es sich um rücksichtslose Politik oder um eine betriebswirtschaftliche Entscheidung?
Eine politische oder eine betriebswirtschaftliche Entscheidung?
“Die Grundannahme einzelner in der Politik, dass der Rat hier ein Mitspracherecht hat, ist falsch”, so Bürgermeister Matthias Thul. Zwar werden durch den Rat einzelne Mitglieder in verschiedene Gremien gewählt, sie sitzen dort jedoch nicht allein. Ebenso sitzen beispielsweise auch Ratsmitglieder aus Gummersbach, Wiehl und Nümbrecht in dem betroffenen Gremium. Gemeinschaftlich sollen Entscheidungen getroffen werden, die betriebswirtschaftlich Sinn ergeben, wobei jedes Mitglied jeder Stadtpolitik auch die Interessen der eigenen Stadt vor dem entsprechenden Gremium vertritt. Wie Ralf Siepermann, Detlef Kämmerer oder Matthias Thul im Gremium abstimmten, wird im Übrigen in keiner der Kritiken behandelt und ist auch uns nicht bekannt.
Aus Perspektive eines Betriebes ist es allerdings eher von Nachteil, wenn sämtliche Entscheidungen direkt an die Öffentlichkeit weitergegeben werden. Auf diese Weise könnten beispielsweise Nachteile gegenüber dem Wettbewerb entstehen. Mitarbeitende, deren Leben durch diese Entscheidungen wesentlich beeinflusst werden kann, müssten dann regelmäßig zunächst die Zeitung aufschlagen, um etwas über den eigenen Arbeitsplatz zu erfahren. Daher sind in solchen Gremien Verschwiegenheitsklauseln Gang und Gäbe, um Betriebsgeheimnisse zunächst zu schützen. Diese gelten selbstverständlich auch für Mandatsträger.
Gerechtfertigte Kritik oder viel Lärm um nichts?
Nun können wir uns über die Entscheidung zu einer Schließung des Service-Bereichs in der Filiale am Hackenberg ärgern, wo doch Ratsmitglieder Einfluss nehmen können. Ebenso gut könnten wir uns allerdings darüber aufregen, dass die Stadt Bergneustadt in der derzeitigen Krise hohe Energiekosten zahlen muss, obwohl Ratsmitglieder im Aufsichtsrat der AggerEnergie vertreten sind. Und wer von uns weiß schon, was in diesem Gremium besprochen wird? Vielleicht sollten diejenigen, die die aktuelle intransparente Situation bemängeln, jedoch stattdessen daran arbeiten, dass allgemein mehr Transparenz geschaffen wird; In einer politischen Position, in der man vielleicht etwas bewirken könnte, sind sie ja bereits.
Als kleine Nebenbemerkung könnte man jedoch auch noch einfließen lassen, dass eine Information in einer Fraktionsvorsitzenden Runde, wie zum Teil gefordert, keinesfalls für mehr Transparenz sorgen würde. In Sachen “Hinterzimmerpolitik” würde das allenfalls das “Hinterzimmer” vergrößern, Bürger und Einwohner wüssten in diesem Fall genauso viel (oder wenig) wie zuvor.
Hinweis: Die nicht eindeutig als Zitate gekennzeichneten Meinungen in diesem Artikel bilden die Meinung der Autorin ab, entsprechen jedoch nicht zwangsläufig der Meinung der gesamten Oberberg-Nachrichten.de-Redaktion.
Autorin: Amei Schüttler