Samstag, 19 Uhr – SCHWALBE arena
Gummersbach – Die Vorfreude auf die neue Saison in der Handball-Bundesliga war bei Trainer Emir Kurtagic und seinen Mannen riesig und natürlich sei die Frage gestattet, ob das Pokalaus diese Euphorie etwas getrübt hat? „Dem ist nicht so. Wir wissen genau, welch große Chance wir vergeben haben und wir wissen auch, dass wir uns das selber zuzuschreiben haben“, erklärt der Trainer, der sich sehr intensiv mit dem vergangenen Wochenende beschäftigt hat, das Thema Pokal damit aber auch jetzt zu den Akten legen möchte: „Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und alles zerreden. Unser Fokus muss ganz klar auf dem ersten Bundesligaspiel liegen und da freuen wir uns alle sehr drauf.“
Und daran tut man sicherlich auch gut, wenn mit Balingen kommt ein nicht ungefährlicher Gegner. „Sie haben eine sehr erfahrene Mannschaft mit starken Neuzugängen. Wir sind gewarnt, aber wir haben auch unsere Ziele“, so der VfL-Trainer, der davon überzeugt ist, dass seine Mannschaft ihrer Favoritenrolle gerecht wird, wenn sie ihre Leistung abruft. Ob diese Leistung dann auch in Bestbesetzung abgerufen werden kann steht derweil noch in den Sternen. Bei Linksaußen Kevin Schmidt, der sich einen Muskelfaserriss zuzog, dürfte es bis Samstag ein Rennen gegen die Zeit werden. Gleiches gilt für Evgeni Pevnov, der seit dem ersten Pokalspiel gegen Fürstenfeldbruck mit muskulären Problemen zu kämpfen hat. „Ich kann bei beiden Stand jetzt keine Prognose abgeben“, so Kurtagic, der dafür aber fest mit einem Einsatz von Kapitän Christoph Schindler rechnet.
Seit dem Aufstieg in der Saison 2005/06 hat sich der schwäbische Fusionsklub HBW Balingen-Weilstetten zweifellos in der „stärksten Liga der Welt“ etabliert, obwohl die selbsternannten „Gallier von der Alb“ 2014 sportlich abgestiegen waren und für die Saison 2014/15 die Lizenz nur wegen der Lizenzwirren um den HSV Hamburg erhielten. Aber danach spielte die HBW Balingen-Weilstetten eine echte Sensationssaison, die sie mit 31:41 Punkten als Tabellenelfter abschlossen. Im Anschluss folgte für die Schwalben eine turbulente Saison 2015/16 – unter anderem mit dem Trainerwechsel von Markus Gaugisch auf Frank Bergemann. Lange Zeit steckte die HBW im Abstiegskampf, bevor am Ende mit 15:49 Punkten Platz 14 heraussprang.
Und mit einem markant veränderten Team gehen die Schwaben in die neue Saison, in der das Ziel wieder Klassenerhalt heißt. Auch auf der Trainerbank hat es einen erneuten Wechsel gegeben, denn der nur bis zum Saisonende laufende Vertrag mit Frank Bergemann wurde nicht verlängert. Nun hat Runar Sigtrygsson (44) das Sagen auf der Bank, der zuvor beim Zweitligisten EHV Aue überaus erfolgreiche Arbeit abgeliefert hat. Der Kader, mit dem Sigtrygsson die Mission Klassenerhalt in Angriff nimmt, ist mit dem letztjährigen kaum noch zu vergleichen. Gleich acht Akteure verließen die „Gallier von der Alb“, darunter mit Fabian Böhm, Oliver Nyokas (übrigens ein Zwillingsbruder von VfL-Neuzugang Kevynn Nyokas), Alexandros Vasilakis und Christoph Theuerkauf auch einige Leistungsträger.
Aber die HBW-Verantwortlichen um Geschäftsführer Wolfgang Strobel blieben auf dem Spielermarkt nicht untätig und vermelden gleich acht Neuzugänge, darunter mit Tim Nothdurft und Jan Remmlinger zwei Nachwuchstalente aus der eigenen Jugend. Der spektakulärste Transfer ist zweifellos Pascal Hens. Der 36-jährige Weltmeister von 2007, der nach dem finanziellen Aus des HSV Hamburg ein kurzes Gastspiel beim dänischen Klus HC Midtjylland gegeben hatte, sucht nun bei den Schwaben nach einer neuen Herausforderung in der HBL und will mit seinen Toren aus dem Rückraum seinen Beitrag zum Klassenerhalt der „Gallier“ leisten. Und mit Matthias Flohr ist ein weiterer Akteur aus der „Konkursmasse“ der Hamburger nach Balingen gewechselt.
Dreh- und Angelpunkt im Spiel der „Gallier von der Alb“ ist aber nach wie vor Nationalspieler Martin Strobel, der im Angriff die Fäden in der Hand hat, aber auch für seine verdeckten Würfe aus dem Rückraum bei allen Abwehrreihen und Torhütern gefürchtet ist. Wie wertvoll gerade das Duo Strobel/Hens für die Schwaben ist, zeigte sich erst am vergangenen Wochenende in der ersten DHB-Pokalrunde. Gegen den EHV Aue befanden sich die Sigtrygsson-Schützlinge schon fast auf der Verliererstraße, bevor der zwölffache Torschütze Martin Strobel und Pascal Hens, der sieben Tore für seinen neuen Klub erzielte, die Garanten für den Umschwung und den 29:27-Erfolg und das Erreichen der nächsten Pokalrunde sorgten. Auch der schwedische Torhüter Peter Johannesson, der für die etatmäßige Nummer 1 zwischen den Pfosten, Tomas Mrkva, eingewechselt worden war, hatte großen Anteil daran, dass den Balingern das gleiche Schicksal wie unserem VfL gegen die TSG Friesenheim erspart blieb.
Die HBW geht mit folgender „ersten Sieben“ in die Saison: Tomas Mrkva (Tor), Dennis Wilke (Rechtsaußen), Yves Kunkel (Linksaußen), Martin Strobel (Rückraum Mitte), Pascal Hens (Rückraum links), Lars Friedrich (Rückraum rechts) und Kreisläufer Tobias Wagner, der aber verletzungsbedingt länger ausfällt, für den Christoph Foth zum Einsatz kommen dürfte. Gespannt dürfen die Gummersbacher Handballfans zudem auf den gebürtigen Gummersbacher Julian Krieg sein, der vor seiner zweiten Saison in Balingen steht und gerade gegen seinen Ex-Klub hoch motiviert sein dürfte.