HSG Wetzlar – VfL Gummersbach (Freitag, 19:45 Uhr)
Wetzlar/Gummersbach – Im vorletzten Auswärtsspiel dieser Saison treten die Schützlinge von Trainer Emir Kurtagic beim direkten Tabellennachbarn HSG Wetzlar an. Während die Mittelhessen mit 32:34 Punkten den 9. Tabellenplatz einnehmen, rangiert der VfL, der das Hinspiel knapp mit 23:21 zu seinen Gunsten entschied, mit 30:36 Punkten auf Platz 10. Und beide Mannschaften gingen am vergangenen Wochenende als Verlierer vom Parkett. Während der VfL bekanntlich nach einer 15:13-Pausenführung gegen den Deutschen Meister THW Kiel mit 26:32 den Kürzeren zog, vergaben die Schützlinge des Ex-Oberbergers Kai Wandschneider im Auswärtsspiel beim TSV Hannover-Burgdorf gar noch einen höheren Pausenvorsprung. Nach 30 Minuten führte Wetzlar in Hannover mit 17:11, baute nach Wiederbeginn diese Führung sogar auf acht Tore (19:11) aus, am Ende bejubelten aber die Gastgeber, die erstmals nach vielen Wochen wieder in Bestbesetzung antraten, einen 28:26-Sieg.
Dieser Einbruch nach der Pause sollte die Kurtagic-Schützlinge aber nicht zu falschen Schlüssen veranlassen, denn in der heimischen Rittal-Arena ist mit einem ähnlichen Nachlassen der Konzentration der HSG nicht zu rechnen. Vielmehr gelten die Wetzlarer als ausgesprochen heimstark, was zuletzt sogar die Rhein-Neckar-Löwen deutlich zu spüren bekamen. Jedenfalls dürfte der vorjährige Vizemeister am 17. April mit der bitteren 27:31-Schlappe seine diesjährigen Titelhoffnungen wohl endgültig verloren haben. Und auch ein Blick auf die letzten Gastspiele in Wetzlar sagt eindeutig, dass der VfL in der Rittal-Arena nur als Außenseiter gilt. Dies auch, da das Verletzungspech, mit dem die HSG in der Hinrunde arg zu kämpfen hatte, inzwischen abgeklungen ist und Trainer Kai Wandschneider inzwischen personell aus dem Vollen schöpfen kann. Im Gegensatz zu Emir Kurtagic, der weiterhin auf Kapitän und Spielmacher Christoph Schindler, für den die Saison vorzeitig beendet ist, verzichten muss.
„Es ist im Tabellenbild ein Spiel auf Augenhöhe, und das ist schon sehr verwunderlich, wenn man sich den Kader von Wetzlar betrachtet“, weiß Kurtagic um die Stärke des Gegners. Drei Spielen stehen noch auf dem Programm, der große Druck ist auf beiden Seiten raus, aber die Motivation gleichsam ungebrochen. Neben den Platzierungskämpfen, zählt für den Gummersbacher Trainer noch mehr die Entwicklung der Mannschaft: „Natürlich ist es nicht unwichtig, ob man den 9., 10. oder 11. Platz belegt. Für mich steht aber jetzt die Weiterentwicklung im Vordergrund.“ In den letzten Spielen hatte er bereits die Möglichkeit, jüngeren Spielern noch mehr Spielanteile zu geben. Dies könnte auch in Wetzlar der Fall sein, ohne aber das Resultat aus den Augen zu verlieren: „Natürlich möchten wir auch dort etwas mitnehmen. Wir werden sehen, welche Chancen uns Wetzlar bietet“, so Kurtagic weiter. Magnus Persson, der gegen Kiel nach seiner Verletzung noch nicht so weit war, wird am Freitag ebenfalls wieder im Kader stehen.
Ein Blick auf den Kader der Mittelhessen macht deutlich, dass das vor der Saison von Kai Wandschneider ausgegebene Saisonziel – ein einstelliger Tabellenplatz – realistisch war. Mit Nationaltorhüter Andreas Wolf und dem spanischen Routinier Jose Javier Hombrados, der kurz nach dem Saisonstart zurück nach Wetzlar geholt wurde, verfügt die HSG über eins der besten Torhütergespanne der Bundesliga. Star der Truppe ist aber zweifellos der ehemalige kroatische Welthandballer Ivano Balic, der zum Saisonende seine lange und überaus erfolgreiche Karriere beendet und sich verständlicherweise mit guten Kritiken verabschiedet werden möchte. Balic, ein genialer Spielmacher, ist natürlich der ideale Ideengeber für die beiden Rückraum-Shooter Steffen Fäth und Kent Robin Tönnesen. Am Kreis droht dem VfL-Tor die größte Gefahr von Sebastian Weber, der sich seit Wochen in einer hervorragenden Form befindet. Und als wahrer Glücksgriff der HSG-Verantwortlichen erwies sich die kurzfristige Verpflichtung des jungen Linksaußen Dejan Manaskov, der vom finanziell ins Strudeln geratenen Champions-League-Teilnehmer RK Metalurg Skopje nach Hessen wechselte. Und dort hat sich der Sohn des früheren Bundesligastars Peppi Manaskov zum erfolgreichsten Torjäger der HSG und zum Publikumsliebling in Wetzlar entwickelt. Und auf der rechten Außenbahn stürmt der französische Weltmeister Guillaume Joli. Die erste Sieben des kommenden VfL-Gegners entspricht also höchsten Bundesliga-Anforderungen, aber mit Kristian Bliznac, Florian Laudt, Evars Klesniks, Christian Rompf, Jens Tiedtke und Tobias Hahn ist auch der „zweite Anzug“ nicht zu verachten – was die Schwere der Aufgabe von Carsten Lichtlein & Co. deutlich machen dürfte.