Düsseldorf – Wieso scheitern viele Unternehmen an der Digitalisierung? Was macht eine erfolgreiche Digitalisierung aus? Welche Chancen und Risiken birgt die digitale Transformation für das Personalmarketing der Zukunft? Prof. Dr. Ralf E. Strauß ist ein ausgewiesener Marketing-Spezialist (u.a. tätig für SAP und Volkswagen) und begleitete über die letzten Jahre fast 40 Projekte zur Digitalisierung.
Frage: Wie kann die digitale Transformation beim Personalmarketing nützlich sein?
Prof. Dr. Strauß: Nützlich ist schwierig, es stellt das Personalmarketing erst einmal vor ganz neue Herausforderungen. Unternehmen müssen potenzielle Mitarbeiter, die sie für sich gewinnen wollen, vielfältiger ansprechen als noch vor ein paar Jahren. Früher wurde einfach eine Anzeige geschaltet, heutzutage ist das Spektrum facettenreicher als jemals zuvor, sowohl aus Sicht des rekrutierenden Unternehmens, als auch aus Sicht der Bewerber: Der potenzielle Mitarbeiter ist viel besser informiert und hat wesentlich mehr Optionen. Er wird sozusagen zu einem „multioptionalen Kunden”, was die Ansprache natürlich wesentlich komplexer macht. Unternehmen müssen sich genau überlegen, wo sie ihre Kandidaten finden und über welche Kanäle und vor allem mit welchen Inhalten sie diese ansprechen. Inside-Out/Push wird abgelöst von Outside-In/Pull – also der Frage: was spricht den potenziellen Mitarbeiter an, wie erreiche ich ihn am besten?
Frage: Sie haben für den Volkswagen-Konzern 2011 und 2012 die digitale Transformation von Vertrieb und Marketing verantwortet – was waren die größten Herausforderungen?
Prof. Dr. Strauß: Ob VW oder andere Unternehmen – meist ist schnell klar: Die klassischen Incentives wie die betriebliche Altersvorsorge oder ein Firmenwagen, funktionieren immer weniger. Die meisten Bewerber finden das zwar ganz nett, aber diese Punkte sind meist nicht relevant, da sie sowieso meistens nicht vorhaben, länger als zwei bis drei Jahre in einem Unternehmen tätig zu sein. Sie möchten vor allem für die Zeit, in der sie im Unternehmen tätig sind, abgesichert sein. Außerdem ist ihnen die Work-Life-Balance sehr wichtig. Mir hat einmal ein toller, 22jähriger Kandidat aus Berlin abgesagt, weil er nicht umziehen wollte und pendeln auch nicht in Frage kam, mit dem Argument, dass er dann den Kontakt und den Austausch zu seiner Community-of-Practice verlieren würde. Ich selbst hätte mit 22 Jahren diesen Job niemals abgelehnt. Heute haben die Bewerber eine viel feingeschliffenere Sensorik, welche Faktoren zu ihnen persönlich passen und welche nicht. Manchen Unternehmen fällt es sogar schwer, geeignete Kandidaten von Berlin nach Potsdam zu bewegen. Personalmarketing-Manager müssen sich heute Antworten auf Fragen überlegen, die sie sich vorher niemals gestellt hätten.
Viele Unternehmen wie auch Volkswagen haben Innovation Hubs … weiterlesen »