Gummersbach – Nur noch eineinhalb Wochen bis zur Bundestagswahl. Auf der Agenda stehen vielen Punkte, die während des Wahlkampfes heiß diskutiert werden. Den Kommunen geht es aber vor allem um die finanzielle Ausstattung. Und da stehen sie im Oberbergischen nicht alleine da. Einmal sind sich alle – von den Bürgermeistern der Kommunen über Landrat und Kämmerer – einig: Es muss etwas geändert werden.
Grund für die schlechte Finanzausstattung sei zum einen die Vielzahl der von den Kommunen und Kreisen zu erledigenden Aufgaben sowie die hierfür nicht auskömmliche Beteiligung von Bund und Land an den Kosten. Zum anderen trage die sogenannte „Einwohnerveredelung“, die im Gemeindefinanzierungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vorzufinden sei und jährlich fortgeschrieben werde, dazu bei, dass der ländliche Raum finanziell benachteiligt werde. „Nach dieser Veredelung werden bei der Bemessung der Höhe der Schlüsselzuweisungen Einwohner der Großstädte wesentlich höher gewichtet als die Landbevölkerung“, erläutert Kreiskämmerer Klaus Grootens, der sich seit 2011 um die finanziellen Belange des Kreises kümmert. Noch immer finde sich im Gemeindefinanzierungsgesetz nämlich der Gedanke, dass der Bedarf eines Einwohners im ländlichen Raum geringer ist als der eines „Städters“. „Bildlich gesprochen: Die Großstädter brauchen Straßen, für die Landbevölkerung ist das nicht so wichtig, da sie es ja nicht anders kennen und ohnehin nur auf dem Felde arbeiten“. Dieser Ansatz sei heute nicht mehr tragfähig, so Grootens.
Und genau dieser Punkt müsse im Gemeindefinanzierungsgesetzt geändert werden, fordert der Kreiskämmerer. Und damit steht er nicht alleine auf weiter Flur: Landrat Hagen Jobi und Werner Becker-Blonigen (Bürgermeister der Stadt Wiehl und Sprecher aller oberbergischen Bürgermeister) haben in einem offenen Brief an die beiden Landtagsabgeordneten Dr. Roland Adelmann und Peter Biesenbach appelliert, dieses Thema im Landtag zu besprechen. Durch eine entsprechende Anpassung verbessere sich die Finanzsituation von Kreis und Kommunen um mind. 8,1 Millionen Euro.
Der Kreis verfüge über keine eigenen Steuereinnahmen und sei somit in erheblicher Weise auf die Kreisumlage und damit auf eine Beteiligung an den kommunalen Steuereinnahmen angewiesen. Rund 41 Prozent der vom Kreis eingenommenen Kreisumlage werde zudem 1:1 an den Landschaftsverband Rheinland überwiesen. Grootens: „Mit diesem Geld werden vor allem Menschen mit Behinderungen im Rahmen der Eingliederungshilfe unterstützt.
Dass die Kommunen Kritik am Kreis üben, kann der Kreiskämmerer angesichts der unterschiedlichen Aufgabenstellungen sowie der zu geringen Finanzausstattung von Kreis und Kommunen grundsätzlich verstehen. Viele Kommunen hätten tatsächlich die Anzahl der Mitarbeiter auf ein Minimum gesenkt. Fährt man allerdings am Gummersbacher Kreishaus vorbei, sieht man ein Gebäude mit 15 Etagen, in dem beinahe alle Büros besetzt sind. Grootens: „Wir haben rund 1.200 Beschäftigte. Schaut man sich aber im Gegenzug einmal die gesamten Aufgaben des Kreises an, ist diese Zahl durchaus gerechtfertigt.“
Aber welche Aufgaben hat der Kreis überhaupt? Grootens: „Den Schwerpunkt bilden die sozialen Leistungen und Aufwendungen. So ist der Kreis Träger der Sozialhilfe und unterstützt in dieser Funktion all diejenigen, die nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Daneben ist der Kreis Träger der Jugendhilfe und hält für die überwiegende Zahl der kreisangehörigen Kommunen ein Jugendamt vor. Der Kreis ist ferner Ausländerbehörde, Katastrophenschutzbehörde, er unterhält ein Umweltamt, Lebensmittel-Überwachungsamt, Bauamt sowie ein Katasteramt.“ Darüber hinaus kümmere sich der Kreis in verschiedenen Ausprägungen um die Gesundheit der Bevölkerung. „Dazu gehört auch der Rettungsdienst. Der Kreis unterhält im gesamten Kreisgebiet zehn Wachen mit entsprechenden Fahrzeugen, Notärzten und rund 160 Rettungsassistenten.“
Gleichzeitig wird ein Kreisgesundheitsamt unterhalten. Hier arbeiten u.ä. Zahnärzte, Allgemeinmediziner, und Kinderärzte. Diese stehen auch für Vorsorge- und Einschulungsuntersuchungen, sowie bei Fragen der Bevölkerung zur Verfügung.
Die 1.200 Beschäftigen umfassen über 50 verschiedene Berufsbilder. Angefangen bei A wie Architekt bis hin zum Z wie Zahnarzt sind beispielsweise Betriebswirte, Brandschutzingenieure, Diplomverwaltungswirte, Juristen, Kaufleute für Bürokommunikation und Vermessungsingenieure für den Kreis tätig. Die verschiedenen Aufgaben, die die Kreisverwaltung erledigen muss, erfordern laut Grootens hohe fachliche Kompetenzen.
Um die Lage für Kreis und Kommunen besser zu gestalten, müssen Bund und Landhandeln. Vor allem das Land müsse ein gerechteres Verteilungssystem erarbeiten und auch im Gesetz verankern.