VfL Gummersbach – Frisch Auf! Göppingen (Samstag, 19 Uhr, SCHWALBE arena Gummersbach)
Gummersbach – Natürlich hat VfL-Trainer Emir Kurtagic den bitteren Pokalabend, der durch die TV-Übertragung einer öffentlichen Demütigung sehr nahekam, auch am Folgetag noch in den Knochen. Und ebenso natürlich ist es, dass nach einer solchen „Leistung“ Konsequenzen gefordert werden. Aber wie sollen diese konkret aussehen? Und hinzu käme die Sinnfrage solcher Maßnahmen. „Natürlich kann man jetzt auf die Mannschaft draufhauen, aber sie liegt ja schon am Boden. Die allgemeine Verunsicherung hat jeder gesehen“, so Kurtagic, der seinen Jungs aller Voraussicht nach das Video-Studium der 19:36-Pleite gegen Flensburg ersparen wird: „Die Mannschaft braucht Selbstvertrauen, ein Erfolgserlebnis. Dass sie ganz schlecht gespielt haben, wissen die Spieler selber.“
Und in der Tat konnte man in der Partie erleben, wie viel im Handball auch im Kopf entschieden wird und was Selbstvertrauen ausmacht. Flensburg schwebt auf einer Erfolgserfolge, ihnen gelang nahezu alles, und beim VfL werden elementare Dinge zur Schwerstarbeit. Bis auf die Torhüter und den jungen Sebastian Schöneseiffen konnte man keinem VfL-Spieler in der Einzelkritik eine ausreichende Note verpassen, dennoch war der Wille vorhanden. „Es ist halt eine Phase, in der die einfachsten Dinge misslingen und dann auch noch Kleinigkeiten und gegen dich laufen. Dennoch müssen wir unsere Köpfe erheben und nach vorne gucken, denn in zwei Tagen ist das nächste schwere Spiel“, so Kurtagic, der die Gründe für die Krise kennt und weiter fest an seine Mannschaft glaubt.
Warum auch nicht, denn das Potenzial ist ja zweifellos vorhanden. Langsam wird es aber Zeit, dass die Mannschaft wieder die sportliche Kurve bekommt und wieder unter Beweis stellt, warum sie in der vergangenen Saison zu den positiven Überraschungen der Liga zählte. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass das Team in der Saison 2014/2015 oftmals über seinen Möglichkeiten spielte und nahezu ohne Verletzungspech über die Saison kam. Der Blick auf die Tabelle mit vier Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge bei einem Spiel Rückstand dürfte ebenfalls kein Grund zur Besorgnis sein, wenn der VfL bald wieder ein Erfolgserlebnis feiern kann.
Die personelle Situation wird sich indes weiter verschärfen. Christoph Schindlers Einsatz (Verdacht auf Muskelzerrung) ist mehr als fraglich, Evgeni Pevnov (Muskelverletzung) wird aller Voraussicht nach ebenfalls ausfallen. Bei Alexander Becker sieht es etwas besser aus, und auch Raul Santos plant sein Comeback für den kommenden Samstag. Ein großes Kompliment zollte Kurtagic unterdessen dem Gummersbacher Publikum: „Sie haben uns immer unterstützt, auch bei dieser katastrophalen Vorstellung. Ich hoffe sehr, dass dies am Samstag auch wieder der Fall sein wird.“
Mit dem VfL Gummersbach und Frisch Auf! Göppingen treffen am kommenden Samstag zwei Altmeister aufeinander, die sich bereits in den 1960/70er Jahre spannende Endspiele im Kampf um die deutsche Meisterschaft geliefert haben. Und Spannung ist sicherlich auch am Samstag garantiert, denn während die Schützlinge von Trainer Emir Kurtagic ihre Durststrecke in der Bundesliga (5 Spiele ohne Sieg) endlich beenden wollen, um ein Abrutschen in die Abstiegszone zu verhindern, kämpfen die Gäste aus dem Schwabenland als Tabellensechster (14:6) wieder um einen Platz im internationalen Geschäft. In dieser Saison vertritt Göppingen bereits die DKB-Bundesliga zusammen mit den Füchsen Berlin und dem SC Magdeburg im EHF-Cup.
Und die Truppe des schwedischen Trainers Magnus Andersson tritt mit breiter Brust in der SCHWALBE arena an, denn in der letzten Bundesligapartie schickten die Schwaben den amtierenden EHF-Pokalsieger und Vereinsweltmeister Füchse Berlin mit 25:23 (14:9) nach Hause. Und auch im DHB-Pokal nahmen die Göppinger die Auswärtshürde beim Bundesliga-Konkurrenten HBW Balingen-Weilstetten erfolgreich mit 29:25 (15:13).
Ein Blick auf den Kader des kommenden VfL-Gegners macht deutlich, warum die Göppinger zu Saisonbeginn vom Handball-Experten Stefan Kretzschmar nicht zu Unrecht zu den Europapokal-Aspiranten gezählt wurden. So stellen die Göppinger mit dem slowenischen National-Keeper Primoz Prost und Bastian Rutschmann (bisher 69 bzw. 64 Paraden) ein sehr ausgeglichenes Torhütergespann. Aber auch bei den Feldspielern hat Magnus Andersson oft die Qual der Wahl, wenn man sich allein das Angebot an überdurchschnittlichen Rückraumspielern betrachtet. So kämpfen beispielsweise mit Weltmeister Michael Kraus, der am Dienstag in Balingen eine Superleistung ablieferte, und Tim Kneule zwei Nationalspieler um die Nummer eins auf der Spielmacherposition.
Auch im linken Rückraum stehen mit dem Serben Zarko Sesum, Lars Kaufmann, der zu Saisonbeginn von der SG Flensburg-Handewitt an seine frühere Wirkungsstätte zurückkehrte, und dem wurfstarken Daniel Fontaine gleich drei Akteure parat, die um ihre Einsatzzeiten kämpfen. Auf der rechten Rückraumposition bleibt abzuwarten, ob der französische Weltmeister Kevynn Nyokas nach seiner Verletzung wieder mit von der Partie ist, ansonsten liegt die Hauptverantwortung auf Felix Lobedank. Am Kreis ist Nationalspieler Manuel Späth die absolute Nummer eins, während Marcel Schiller, der mit 55/30 Treffern die vereinsinterne Torschützenliste anführt, und der Schwede Anton Halen eine überaus torgefährliche Flügelzange bilden.