Die Chancen für eine betriebliche Ausbildung haben sich für die Bewerberinnen und Bewerber im Rheinisch-Bergischen Kreis und in Leverkusen in diesem Jahr nicht verbessert. Aktuell stehen einer gesunkenen Zahl von Ausbildungsstellenangeboten erheblich mehr junge Leute gegenüber, die eine betriebliche Ausbildung anstreben.
Die Daten zum Ausbildungsmarkt sind fließend, in den nächsten Monaten ist noch mit viel Bewegung bei Bewerbern und Betrieben zu rechnen. Zumindest eins ist klar: Je optimistischer und besser die wirtschaftliche Situation beurteilt wird, desto höher der Fachkräftebedarf der Betriebe. Darüber hinaus zwingt auch die demografische Entwicklung sich frühzeitig um die Nachfolger/innen für ausscheidende Fachkräfte zu kümmern und auszubilden. Jedoch blieben die finanzpolitischen Vorgänge in Europa und die wechselnden Konjunkturprognosen nicht ohne Folgen für den Ausbildungsmarkt. Seit Oktober 2011 wurden dem gemeinsamen Arbeitgeberservice von Agentur für Arbeit und Jobcenter im Rheinisch-Bergischen Kreis 747 Berufsausbildungsstellen gemeldet, 22 oder 2,9 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Von ihnen waren im März noch 441 ohne Einstellungsentscheidung, 69 oder 13,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig hatten sich 1.160 junge Leute als Bewerber für eine betriebliche Ausbildung gemeldet, 464 oder 66,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Von ihnen waren 718 noch unversorgt, 251 oder 53,7 Prozent mehr. „Durch eine Veränderung unserer Arbeit an den Schulen konnten wir auch in erheblichem Umfang mehr Schulabgänger als Bewerber für eine betriebliche Ausbildung gewinnen“, hob Stefan Krause, Leiter der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, hervor.
Durch besondere Maßnahmen (verschiedene zusätzliche Aktionen zur Bewerbergewinnung an mehreren Berufskollegs, offener Zugang in der Berufsberatung zu bestimmten Terminen, Aktion „Bewerbungs-Check“, branchenbezogenes Speed-Dating, usw.) fanden zusätzlich junge Leute zur Berufsberatung. Eine rein lokale Bewertung der Relation Bewerber zu Stellen verbietet sich, das Ausbildungsmarktgeschehen ist überregional; ca. 49 Prozent der Auszubildenden haben IF{ NUMPAGES |44= { PAGE |3E3ihren Ausbildungsplatz außerhalb des Kreisgebietes, aber auch 41 Prozent der rheinisch-bergischen Ausbildungsplätze werden durch auswärtige Bewerber besetzt. Auch in Leverkusen ging das Ausbildungsstellenangebot zurück, denn mit 465 gemeldeten Stellen wurde das Angebot vom Vorjahr um 30 oder 6,1 Prozent unterschritten.
Bei 299 Ausbildungsstellen war bis März noch keine Einstellungsentscheidung getroffen worden, 12 oder 3,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig hatten sich 808 junge Leute als Bewerber für eine betriebliche Ausbildung gemeldet, 150 oder 22,8 Prozent mehr als im Vorjahr. 523 von ihnen waren zum Monatsabschluss noch unversorgt, 107 oder 25,7 Prozent mehr. Aber auch für Leverkusen ist der Ausbildungsmarkt überregional, denn 47,8 Prozent der Auszubildenden haben ihren Ausbildungsplatz außerhalb der Stadtgrenzen. Andererseits werden 54,5 Prozent der Ausbildungsplätze von jungen Männern und Frauen, die außerhalb des Stadtgebiets wohnen, besetzt. „Bisher konnten aber mehr Bewerber und Ausbildungsstellen zusammenkommen, denn mehr Bewerber haben eine Ausbildungszusage erhalten.
Die Agentur für Arbeit und die Kammern werden sich auch in diesem Jahr gemeinsam um die Versorgung von Bewerbern und Betrieben kümmern“, verspricht Stefan Krause. Bei der Suche nach einer Berufsausbildungsstelle sollten die Bewerber nicht vorschnell auf schulische Alternativen ausweichen, denn die Erfahrung lehrt, dass sich dabei der Notenschnitt und damit die späteren Startchancen nicht nur verbessern, sondern vielfach auch verschlechtern können. Viele Betriebe haben erkannt: Zeugnisnoten sind ein wichtiger Orientierungspunkt, sie liefern aber nicht notwendig alle relevanten Bewerberinformationen. Stefan Krause rät den Personalverantwortlichen: „Bei sinkenden Schulabgängerzahlen und guter Konjunktur geht die Zeit der vorrangigen Besten-Auslese über Zeugnisnoten zu Ende. Zunehmend gilt es hinter den Noten die Gesamtpersönlichkeit zu erspüren und auch vermeintlich schwächeren Bewerbern eine Chance zu geben. Dabei sollten die eingeführten Instrumente genutzt werden, um Theoriedefizite in der Ausbildung auszugleichen.
Mit den ausbildungsbegleitenden Hilfen geht das auch kostenfrei für die Betriebe.“ Die Agentur für Arbeit hat sowohl für Betriebe als auch für Schüler, Eltern und Lehrer informative Internetangebote wie „planet-beruf“ oder die „Jobbörse“. Berufsorientierung und Ausbildungssuche werden hier sinnvoll unterstützt. Zum 30. März wurden bei der IHK Köln mit bislang 2.158 Verträgen weniger Ausbildungsverhältnisse neu eingetragen als zum Vorjahreszeitpunkt. „Die Ursachen dafür liegen in den zurückgehenden Bewerberzahlen, aber auch in den vorsichtigeren konjunkturellen Erwartungen der Betriebe für die nächsten Monate, so dass auch die Unternehmen bei der Besetzung offener Ausbildungsplätze etwas zurückhaltender sind als im Vorjahr“, erläuterte Alexander Uhr, Leiter der Ausbildung der IHK Köln, heute bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von IHK Köln, Handwerk und Agentur für Arbeit in Bergisch Gladbach. Wie groß das Ausbildungsplatzangebot in der Region ist, zeigt sich in der neuen bundesweiten Lehrstellenbörse der Industrie- und Handelskammern (www.ihk-lehrstellenboerse.de).
Hier können Bewerber für Köln und Umgebung unter weit über 1.000 freien Ausbildungsplätzen in nahezu allen Berufen auswählen. „Die Chancen für Jugendliche stehen damit besser denn je, ihren Wunsch-Ausbildungsplatz zu finden“, so Alexander Uhr weiter. Auch die Ausbildungsstellenvermittlung der IHK Köln hat derzeit 380 offene Ausbildungsplätze registriert. Angeboten werden hier vor allem Lehrstellen im Bereich der klassischen Büroberufe, im Einzelhandel, der IT und in der Gastronomie. Bis Ende März wurden im Bezirk der IHK Köln mit 2.158 Verträgen 143 neue Ausbildungsverhältnisse weniger eingetragen als zum Vorjahresstichtag. In der Stadt Köln wurden 1.220 Verträge registriert (minus 42), im Oberbergischen Kreis 347 Ausbildungsverträge (minus 51), in Leverkusen 194 (minus 44 Verträge) und dem Rheinisch-Bergischen Kreis 125 (minus 24 Verträge). Im Rhein-Erft Kreis wurden mit 272 Ausbildungsverhältnissen 18 mehr abgeschlossen als zum Vorjahresstichtag.
Die IHK Köln registriert Ausbildungsverträge in 196 IHK-Berufen bei Industrie, Handel und Dienstleistungsunternehmen – von „Automobilkaufmann/-frau“ bis „Zerspanungsmechaniker/-in“. Die momentanen Ausbildungszahlen des Jahres 2012 sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht gestiegen. Wenn sich die bisherige Entwicklung so fortsetzt, dann ist mit Ausbildungszahlen zu rechnen, die über dem Niveau des Vorjahres liegen. Besonders auffällig sind die Ausbildungsvertragszahlen in den kaufmännischen Berufen und bei den Elektronikern. Diese sind im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen. Insbesondere im Beruf Automobilkauffrau/-mann liegen die Zahlen der eingereichten Verträge bereits jetzt leicht über dem Stand des gesamten letzten Ausbildungsjahres.
Rückläufige Zahlen vermelden hingegen die Berufe Metallbauer/-in und Friseur/-in. Bei den gegenwärtigen Zahlen ist aber zu berücksichtigen, dass die Vertragsabschlüsse zeitlichen Schwankungen unterliegen und der eine oder andere Betrieb noch mit dem Vertragsschluss abwartet, führt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Marcus Otto von der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land aus. Er rechnet dabei wie jedes Jahr mit einer deutlichen Steigerung der Vertragszahlen im 2. Quartal 2012. Die aktuelle Konjunkturumfrage der Kreishandwerkerschaft zeigt, dass die überwiegende Anzahl der Betriebe eine stabile, oder positive Entwicklung der Konjunktur erwarten.
Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Anzahl der Ausbildungsverträge in diesem Jahr auf einem höheren Niveau stabilisieren kann und beinahe alle ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Schulabgänger einen Ausbildungsplatz im Handwerk finden können. Ganz besonders wichtig wird es sein, dass vor allem die kleinen Betriebe der Region in genau dem gleichen Umfang ausbilden, wie auch im Jahr 2011. Gerade bei diesen Betrieben werde oft nach aktueller Lage und Stimmung entschieden. Und gerade diese Betriebe sind die Ausbildungsmotoren des gesamten Ausbildungssystems.
„Die Aussichten stehen gut, dass wir das Niveau von 2011 übertreffen werden, dies wäre eine sehr erfreuliche Entwicklung“, führt Marcus Otto aus. Denn viele Betriebe haben aber die Zeichen der Zeit erkannt und bilden angesichts des demografischen Wandels, vor dem unsere Gesellschaft steht, aus, um sich die Fachkräfte für die Zukunft zu sichern. Interessierte Bewerber haben auch die Möglichkeit im Internet nach freien Lehrstellen zu suchen. Auf dem Portal „www.lehrstellen.org“ werden freie Lehrstellen im Handwerk aus ganz Nordrhein-Westfalen präsentiert. Wer eine Ausbildung direkt in seiner Region sucht, kann auf der Internetseite „www.berufsinfo.org“ nach unbesetzten Ausbildungsplätzen suchen.
Wie in jedem Jahr wird die Kreishandwerkerschaft ab August die Nachvermittlung für Ihre Mitgliedsbetriebe durchführen. Dazu werden alle Betriebe im August angeschrieben und befragt, ob Sie die Lehrstellen besetzen konnten. Die dann gemeldeten Stellen stehen dann den bis dahin unversorgten Bewerbern zu Verfügung. Ein Problem bleibt aber weiterhin die mangelnde Ausbildungsreife vieler Jugendlicher. So konnten im zurückliegenden Jahr viele offene Ausbildungsstellen nicht besetzt werden, weil dafür keine geeigneten Bewerber vorhanden waren. Das Handwerk wird daher auch in diesem Jahr seine Lehrstellenakquise fortsetzen. Im Zentrum der Bemühungen steht dabei eine verstärkte Zusammenarbeit mit den allgemeinbildenden Schulen. Es gilt junge Menschen anzusprechen, die bisher im Handwerk unterrepräsentiert sind. Dazu zählen insbesondere auch Abiturienten. Aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs wird verstärkt um diese jungen Schulabgänger/-innen geworben.
Insbesondere die Möglichkeiten des Dualen- und des Trialen-Studiums sind nur wenigen Schulabgängern bekannt. Dabei bieten sich diese an, um eine praktische Ausbildung mit einem Studium zu kombinieren und so ideale Voraussetzungen zu haben um direkt eine Führungsfunktion in einem Betrieb zu übernehmen. Bei dem ca. 4,5 Jahre dauernden Trialen-Studium ist neben dem Studienabschluss und dem Gesellenbrief auch direkt die Meisterqualifikation mit enthalten. Daher sollten sich die Jugendlichen über die Vielfalt der Ausbildungsmöglichkeiten und die Zukunftschancen während, bzw. nach der Ausbildung informieren. Und da sind die Aussichten in fast allen Handwerksberufen gut. Die Wahrscheinlichkeit nach der Ausbildung direkt im Ausbildungsbetrieb übernommen zu werden, oder eine Anstellung in einem anderen Betrieb in der Region zu finden ist sehr groß. Das Handwerk hat für alle Schulabgänger etwas zu bieten.