Auf Initiative des Ortsverbandes Bündnis 90/Die Grünen Reichshof fand eine weitere Veranstaltung zum Thema Bildung statt. Im Dezember hatte der Kreisverband der Grünen sich mit den Änderungen des KiBiz (Kinderbildungsgesetz) beschäftigt und mit VertreterInnen aus dem Kindergartenbereich in Bergneustadt diskutiert. Bei der Veranstaltung in Reichshof ging es um die Frage, welche Lerninhalte müssen an welchen Lernorten vermittelt werden und wie müssen Lerninhalte und Übergänge an den verschiedenen Schnittstellen gestaltet werden, damit niemand zurückgelassen wird. Nachdem die grüne Ratsfrau Heike Prößler die Anwesenden begrüßte und der Bürgermeisters der Gemeinde Reichshof Rüdiger Gennies, in seiner Rede auf wandelnde Familienstrukturen und die Herausforderung der Inklusion in den Bildungsstätten hinwies, eröffnete Herr Rainer Gottschlich den Themenabend.
Professor Dr. Hans Werner Heymann, Erziehungswissenschaftler der Uni Siegen machte deutlich, dass es für Kindergartenkinder und SchülerInnen wichtig ist, die Chance auf das Erreichen einer gesellschaftlichen Mindestanforderung zu erhalten. Die zentrale Aufgabe der allgemeinbildenden Schulen besteht seiner Meinung nach darin, Schule für Alle zu sein und den Umgang mit der großen Heterogenität richtig zu nutzen. Schule sollte die kulturelle Identität unterstützen und die unterschiedlichen Lebensweisen der SchülerIn beachten, gleiches gilt für den Kindergartenbereich.
Kinder brauchen die Möglichkeit, die eigenen Besonderheiten und Kompetenzen zu zeigen und entfalten zu können, die Begabungen dürfen nicht gebremst werden, sondern müssen gefördert werden und benötigen Freiräume zur Entfaltung. „Der Beruf des Lehrers sollte nicht nur Job, sondern Berufung sein, denn von der Lehrkraft hängt im großen Maße die Entwicklung und der Erfolg der jungen Menschen ab!“ sagt Herr Heymann deutlich und sprach sich für ein Auswahlverfahren bei Pädagogen aus, was in der Praxis wohl nicht machbar ist.
Frau Kleese, Bereichsleiterin Kinder- und Jugend der Johanniter berichtet über die Zusammenarbeit von Eltern, ErzieherInnen und Kindern in den Kindertagesstätten. Ziel als Träger ist eine ganzheitliche Erziehung und Bildung für die Kinder. In zahlreichen Projekten werden die Stärken der Kinder ermittelt und gefördert. Ziel der Einrichtungen und der BetreuerInnen ist ein reibungsloser Übergang von Kindergarten zur Schule.
Herr Gries, Schulleiter der Grundschule Wildbergerhütte ist mit der Zusammenarbeit von Kindergarten und Schule in seinem Bereich sehr zufrieden, es gibt sogar gemeinsame Fortbildungen. Auch die Eltern hätten eingesehen, dass der Informationsaustausch aller Beteiligten sehr hilfreich für die Entwicklung der Kinder ist und stimmen der Weitergabe der Dokumentationen zu. Herr Gries kritisiert die unterschiedlichen Sprachförderkonzepte in den einzelnen Einrichtungen und wünscht sich einheitliche Standards.
Herr Ströhmann, Schulleiter der Gesamtschule Reichshof ist mit der Zusammenarbeit der Grundschulen sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit mit Eltern und SchülerInnen ist sehr zufriedenstellend, denn alle sind in den Schulalltag integriert, z.B. Mitarbeit in der Mensa.
Das führt zu einem hohen Konsens bei der Wertevermittlung an der Schule.
Die Fähigkeiten der Kinder werden bei der Aufnahme in den einzelnen Themenklasse (Musik, Sport, etc.) berücksichtigt und unterstützt. Die Vernetzung von Schule und Berufswelt ist an seiner Schule durch verschiedene Patenschaften gut organisiert.
Frau Köster, Leiterin des Bildungsbüros Oberberg sieht in allen Bildungsbereichen Handlungsbedarf und ist mit ihrem Büro eine Schaltzentrale für alle schulischen und außerschulischen Akteure, mit dem Ziel, alle Bildungseinrichtungen in den 13 Kommunen zu stärken.
Frau Paul, MdL Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied des Schulausschuss des Landes NRW machte deutlich, dass die Elternbesorgnis im Hinblick auf Schulsysteme berücksichtigt werden muss.
„Nach der Strukturreform im Landtag gibt es nun die Debatte zur inhaltlichen Ausrichtung von Schulen. Landespolitik hat die Aufgabe, Räume zu schaffen, damit „Lernen“ im Lebensraum Schule gelingen kann“ sagte sie. Lehrpläne sind das Eine, sie mit Inhalte zu füllen und die Inhalte gut zu vermitteln ist das Andere. Ebenfalls machte sie deutlich, dass die Finanzierung und Kostenübernahme auf Bundes-, Landes- Kreis und Kommunalebene dringend geklärt werden müsse, besonders im Hinblick auf Inklusion.
Herr Heymann machte deutlich, dass Inklusion nur mehr Heterogenität in den Klassen bedeutet und darauf muss das Personal in Fortbildungen geschult werden.
Die Fragerunde/Diskussion mit dem Publikum machte deutlich, dass das einzelne Kind mit seiner Lebenswelt in den einzelnen Bildungseinrichtungen im Vordergrund stehen sollte, und das Lernen nur praxisbezogen im Alltag stattfinden kann, z.B.; rechnen mit Restgeld im Supermarkt an der Kasse. Jedes Kind und jeder Mensch kann etwas leisten kann, egal ob im geistigen, künstlerischen oder sonstigem Bereich. Und so ganz ohne auswendig lernen geht es doch nicht, wenn für das Leben gelernt wird, denn Fremdsprachen brauchen Vokabeln…vorausgesetzt, ich brauche eine Fremdsprache im Leben. Wichtig war allen Beteiligten auch die Kooperation und Zusammenarbeit aller Beteiligten (KiTa, Schule, Eltern, Jugendhilfe) auf Augenhöhe, bei Anerkennung der jeweiligen Professionen. Die angemessene/ gleiche Bezahlung der Lehrkräfte und der im pädagogischen Bereich tätigen Männer und Frauen. Der Ausbau und die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den beiden eigenständigen Systemen Schule und Jugendhilfe und ebenfalls Unterstützung der Forderung nach Gleichbehandlung/ Gleichstellung von Ersatzschulen und staatlichen Schulen.
Fazit und Schlusswort der Veranstaltung:
„Nicht jammern, raus aus der Defizitorientierung und rein in die Beziehungsarbeit. Gucken, was unseren Kindern gut tut!“ Lehrer als Coach mit der Aufgabe „ Wie lerne ich SchülerInnen lieben?“